Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Karlheinz Pichler · 09. Jul 2013 · Ausstellung

Ingo Springenschmid erhält (endlich) den Internationalen Kunstpreis des Landes Vorarlberg

Am Montag, 8. Juli, überreichte Landeshauptmann Markus Wallner den diesjährigen Internationalen Kunstpreis des Landes Vorarlberg an den Künstler Ingo Springenschmid, in dessen Werk die Grenzen von bildender Kunst und Literatur verschwimmen. Der Preis ist mit 7.500 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre vergeben. Springenschmid richtete anlässlich der Vergabe auch eine Ausstellung im Foyer des Landhauses mit einem Querschnitt seiner Werke ein.

Mit Springenschmid wird für einmal ein Kunstkosmos ausgezeichnet, der im wahrsten Sinne des Wortes gigantisch ist und sowohl von der bildenden Kunst wie auch der Literatur gespeist wird. Vorarlbergs Kulturlandesrat Harald Sonderegger meinte gegenüber der KULTUR denn auch, dass sich das Land selten so leicht getan hat, einen Jury-Entscheid mitzutragen, wie im Falle Ingo Springenschmids.

Springenschmid, der 1942 in Salzburg zur Welt kam, studierte von 1959 bis 1964 an der Kunstschule in Linz und an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Auf der „Flucht“ vor der Vergangenheit seines stark in die Naziverbrechen involvierten Vaters, die ihm immer wieder zur Bürde wurde, fand Springenschmid ab 1970 „Asyl“ in Vorarlberg. Und hier leistete der nun Ausgezeichnete schier Großes: als bildender Künstler, als Poet, als Kurator, als Initiator und Mitbegründer der Bludenzer Galerie allerArt und aber auch als Kunst-Pädagoge. Er machte zu Beginn der 1970er Jahre die im konservativen Hierzulande lange Zeit verpönte Gegenwartskunst salonfähig, führte seine SchülerInnen zu Beuys-Ausstellungen in die damalige Vorreitergalerie Seebacher in Nüziders, begeisterte viele seiner Zöglinge für die Kunst und bereitete somit den Boden vor, dass Vorarberger Kunstschaffende heute in so großer Dichte auf dem internationalen Parcours mit dabei sind.

Symbiose von Kunst und Literatur


Im Werk Springenschmids überlappen sich autobiografische mit kunsthistorischen oder philosophischen Bezugspunkten, und immer wieder sind die schwer zu durchschauenden Gedankenstränge mit Ironie unterlegt. Wobei bildende Kunst und Literatur bei ihm zu einer geschlossenen Einheit verschmelzen. Buchstaben sind für ihn Gegenstände wie Tisch oder Stuhl. Auch in den bilderischen Arbeiten gibt es stets textuelle Bezüge, „denn der Text öffnet eine große Assoziationsbreite und gibt mir Freiräume, gegenständlich zu malen,“ so Springenschmid. Beim Betrachten seiner Bilder ist deshalb stets die Literatur mitzudenken, bei der Lektüre seiner literarischen Texte sind immer auch bildnerische Aspekte einzubeziehen, wie etwa Proportionen, Symmetrien und Perspektiven. Ingo Springenschmid entwickelte über die Jahrzehnte seinen eigenen Weg und damit ein Werk von eminenter Bedeutung.

Ystad-Maputo-Konstellationen


Leben und Werk von Ingo Springenschmid sind von großen Gegensätzen geprägt. Gegensätze, die sich immer wieder berühren und von einander entfernen. Hubert Matt hat die unterschiedlichen Pole des Ausgezeichneten in einer eindringlichen Laudatio mit den Konstellationen von Henning Mankell verglichen, der in Ystad sowie im afrikanischen Maputo zwei völlig unterschiedliche Leben lebt, die aber aufaddiert eine Konditionierung evoziert, die die „Gesamtmenge“ Mankells ausmacht. Matt näherte sich dem Leben und Wirken Springeschmids anhand dreier solcher Ystad-Maputo-Konstellationen an: „Von Text und/oder Bild. Von Zurückhaltung und/oder Engagement. Von Schicksal (Verstrickung) und/ oder Freiheit - wir könnten auch sagen von Vater und/oder Sohn.“

Anhand dieser Konstellationen entfaltete Matt einen biografischen Verlauf respektive Ausschnitte davon, die den Denker, Kreativen, Vermittler und Menschen Springenschmid in seiner ganzen Vielschichtigkeit und aber auch Widersprüchlichkeit erscheinen ließen.

Eines von vielen Sprachbildern Hubert Matts zu Springenschmid: „Für viele sind seine Texte wohl ein hermetisch abgedunkeltes Dorf am Rande der Kommunikation, aber letztlich wohnt dort das Wort das spricht, das anspricht. Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen, wir kennen diesen berühmten Satz von Ludwig Wittgenstein. Das Schweigen ist aber als Aktivität bei ihm gedacht. Insofern kann ein Text ein aktives Schweigen sein, ein verlorenes Bild, ein Sehen. - Das Bild des  türkischen Choreografen Erdem Gündüz, wie er stundenlang still und ruhig auf dem Taksim-Platz in Istanbul gestanden hat, um gegen Erdogan zu demonstrieren. Es ist mir wie ein Portrait von Ingo Springenschmid erschienen.“

Internationaler Kunstpreis des Landes Vorarlberg

Die Vergabe des Preises erfolgt seit 1985 jeweils im Abstand von zwei Jahren. Infrage kommen dafür KünstlerInnen, die in der Bodenseeregion geboren wurden, dort leben oder längere Zeit dort gearbeitet haben. Unter den bislang Ausgezeichneten befinden sich Namen wie etwa Gottfried Bechtold, Christoph Rütimann, Ruth Schnell, Lutz & Guggisberg oder Rainer Ganahl. Seit Bestehen dieser Auszeichnung, also seit nunmehr 28 Jahren, beträgt die Preissumme 7500 Euro. Es wäre seitens des Landes wohl längst einmal fällig, bei der Höhe der Dotation über die Bücher zu gehen und sie anzupassen. Oder was würden die Politiker davon halten, wenn auf ihrem Lohnzettel immer noch derselbe Betrag wie vor 28 Jahren stünde?