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Karlheinz Pichler · 16. Dez 2011 · Ausstellung

Indianerinnen zwischen die Beine geschaut – Siegfried Anzinger im Bregenzer Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis

Für den 1953 im oberösterreichischen Weyer geborenen und seit 30 Jahren in Köln lebenden und arbeitenden Maler Siegfried Anzinger neigt sich ein extrem produktives Jahr dem Ende zu. Im Rahmen seiner Personalen, die sich über alle vier bespielbaren Stockwerke des Künstlerhauses in Bregenz (Palais Thurn und Taxis) erstreckt, sind ausschließlich Exponate zu sehen, die heuer entstanden sind. Und es sind dies immerhin mehr als deren 100. Davon sind etwas mehr als die Hälfte Zeichnungen, die vor allem im Kellergeschoss zu sehen sind.

Anzinger hat – motivbestimmt – dafür eigens zwei „Indianerräume“ und einen Raum mit Ägyptischem im Kellergeschoss eingerichtet. Bei den anderen Werken, die sich auf die restlichen Stockwerke verteilen, handelt es sich um Leimfarbenbilder, viele davon im Großformat gemalt. Anzinger, der in den 1980er-Jahren den Begriff der „Jungen Wilden“ mitgeprägt hat, ist ein Schnellmaler. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er mit Leimfarben arbeitet. Diese Technik lässt kaum Korrekturen zu, da die Farbe rasch trocknet. Man muss das Bild quasi fix im Kopf haben und dann das Motiv in einem Guss auf die Leinwand oder andere Bildträger bringen.

Der Leimfarben-Maler

Früher hat Anzinger mit Acryl gemalt. Infolge einer Terpentin-Allergie hat er aber auf Leimfarbe umgesattelt. Auch der deutsche Zigeunermaler Otto Müller hat seinerzeit mit Leimfarbe gewerkt. Anzinger sagt über diese Technik: „Sie ist eigentlich eine Deko-Farbe, mit der man früher die Wohnräume angestrichen hat. Ich sah dann, dass auch die etruskische und die ägyptische Malerei in ihrem Material der Leimfarbe ähneln... Die Farbe ist körperlos. Man trägt sie dunkler auf, als sie dann austrocknet.“ (Kunstforum 207, 2011) Diese Körperlosigkeit verleiht der Farbe eine große Leichtigkeit und Transparenz. Die Bilder haben einen pastellenen Charakter und erscheinen stark lichtdurchflutet.

Die Welt im Erregungszustand

Der pastellenen Leichtigkeit kommt auch Anzingers Duktus entgegen. Seine Figuren, die Themen wie dem Wilden Westen, dem Paradies, der Religion oder dem Alten Äygpten entnommen sind, kommen mit einer fast Comic-artigen, spontanen Groteske daher. Sie wirken schräg, komisch, ironisch. Und immer wieder rückt das Triebhafte ins Bild. So bevorzugen es etwa auch die Indianer, die Frauen zu besteigen oder ihnen zwischen die Beine zu blicken, anstatt den Tomahawk schwingend in den Kampf zu galoppieren. Auch Indianer reproduzieren sich. Anzinger setzt das erotische Element, das so daseinsbestimmend ist, mit einer unglaublich schalkhaften, schwingenden Selbstverständlichkeit ins Bild. Bei Anzinger scheint sich die ganze Welt in einem Erregungszustand zu befinden.

Große Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Kulturen

Wobei es der Künstler nicht so genau nimmt mit den Kulturen. Die urkomisch wirkenden, Moped fahrenden IndianerInnen könnten durchaus auch österreichische oder europäische Figuren sein, denen er einfach Federn ins Haar gesteckt hat. Will er östliche Figurentypen visualisieren, setzt ihnen Anzinger halt einen Turban auf. In ihrem Grundverhalten sind sich die Menschen der verschiedenen Kulturen jedenfalls sehr ähnlich. Dass Anzinger immer noch zu den heißesten Eisen unter den österreichischen Malern zählt, wird in dieser wie aus einem Guss erscheinenden Ausstellung offenkundig.

 

Siegfried Anzinger: Werke 2011
Bis 30.12.2011
Künstlerhaus Palais Thurn & Taxis Bregenz
www.kuenstlerhaus-bregenz.at