aktionstheater ensemble: „Wir haben versagt“ (Foto: Stefan Hauer)
Karlheinz Pichler · 18. Dez 2011 · Ausstellung

Sangallensia III: Die St. Galler Galerie Christian Roellin gibt einen auserlesenen Überblick zum Schaffen von Josef Felix Müller

Unter dem Titel „Sangallensia“ reichert die St. Galler Galerie Christian Roellin seit 2009 ihr Programm alljährlich mit einer Ausstellung an, die ausschließlich KünstlerInnen präsentiert, die einen engen Bezug zur Olma-Stadt haben. Waren in Sangallensia I und II im Rahmen von Gruppenausstellungen Kunstwerke von Andreas Berde, Alex Hanimann, Manon, Vera Ida Müller, Francisco Sierra, Roman Signer und Bernard Tagwerker zu sehen, so widmet sich Sangallensia III noch bis 22. Jänner 2012 in einer Solo-Präsentation dem Schaffen des Künstlers und Inhabers des auf bibliophile Kunstbücher fokussierten Vexer-Verlages Josef Felix Müller. 22 Werke respektive Werkzyklen des in St. Gallen lebenden und arbeitenden Müller werden ausgestellt.

Mit unverblümten Darstellungen des Triebhaften, etwa seinen Nachtbildern, in denen er überlange Figuren kopulierend darstellte, gelang es dem St. Galler Künstler in den 1980er-Jahren, die Öffentlichkeit zu schockieren und einen Skandal zu provozieren, der ihn bis vor den Europäischen Gerichtshof brachte. Nach seinen „wilden Jahren“, in deren Gefolge er in den 1990er-Jahren auch die Kunst Halle St. Gallen mitbegründete, liebt er es heute gemächlicher, obwohl er, Jahrgang 1955, noch immer nicht zum alten Eisen gehört. Da seine Art, aus Linden- und anderen Hölzern mit der Motorsäge grobe, expressionistische Figuren herauszufräsen, viele Nachahmer gefunden hat, hat er sich von der Bildhauerei größtenteils verabschiedet und der Malerei zugewandt.

Auf den Spuren der Impressionisten

Die Art, wie er diese „neue“ Gattung pflegt, erinnert in ihren Grundzügen an die Impressionisten. Müller bewegt sich „plein air“ in der Natur. Allerdings nicht mit Staffette und Palette, sondern mit der Digitalkamera. Er fotografiert Motive wie Berge, Bäche, Quellen oder Wälder, speist sie ins Computerarchiv ein, um dann gezielt ausgewählte Sujets in langen Sitzungen in Öl auf die Leinwand zu bringen. Einer Welt überdrüssig, die sich sukzessive selbst an den Abgrund richtet, erkundet er seine persönlichen Paradiese und ermalt sich sozusagen eine von persönlichen Empfindungen getragene Gegenwelt. Eine Gegenwelt, die auf den ersten Blick der natürlichen Vorlage fast fotorealistisch die Hand reicht. Wirken die Arbeiten auf Leinwand auf den ersten Blick wie exakt reproduzierte digitale Vergrößerungen, so tun sich beim näheren Hinzutreten sinnliche, vor Plastizität geradezu strotzende und mit Öl erschaffene „Naturwelten“ auf.

Auswahl erlesener Exponate

Obwohl St. Gallen sein Heimatort ist und er von dort aus seine künstlerischen Umtriebe gestartet hat, ist seine jetztige Ausstellung „Sangallensia III“ in der Galerie Christian Roellin nach derjenigen im Kunstmuseum (1992) und jener in der neuen Kunst Halle (2006) erst die dritte Ausstellung in der Stadt, die dereinst vom Heiligen Gallus gegründet wurde, wie die Legende besagt. Und weil dies so ist, werden in der Galerie nicht nur die neuesten Werke präsentiert. Der Künstler hat zusammen mit dem Galeristen eine speziell auf die Räume zugeschnittene Auswahl erlesener Exponate zusammengestellt, die sich zu einer kleinen Retrospektive über die letzten zwei Jahrzehnte Müllerschen Schaffens verschränken. Die älteste Arbeit, ein in Öl auf Papier gemalter „Kopf“ datiert ins Jahr 1991. Ein „Blaues Mädchen“, 1997 aus Weidenholz geschnitten, und „Zwei Liegende“ aus bemalter Pappel (1998), die das Untergeschoss der tollen Räumlichkeiten monumental besetzen, zeugen von der expressionistischen Macht des Künstlers in der Figur. Neue Ölbilder, wie das in gleißendes, goldenes Licht getauchte Lenzerhorn („Lichträume“), beschließen einen zeitlichen Horizont, in dessen Rahmen Bild und Skulptur einen überaus sinnlichen Dialog beschreiben.

Sangallensia III: Josef Felix Müller Werkübersicht
Galerie Christian Roellin, St. Gallen
Bis 22. Jänner 2012
Do-Fr 14-18, Sa 12-16
www.christianroellin.com