Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Mirjam Steinbock · 01. Nov 2018 · Ausstellung

Gemeinsames in Diversität finden - Der neue Verein „kollektiv“ präsentiert sich in Bregenz

Neun junge Menschen mit Berufung und Leidenschaft zu Grafik, Musik, Installation, Fotografie, Illustration und Kommunikation gründeten unlängst in Bregenz den Verein „kollektiv“. Dessen Ziel ist die Förderung und Vernetzung unabhängiger Kunst- und Kulturschaffender inklusive eines Raums zur Verwirklichung des Ganzen. Mit der „kollektiv kollektion“, einer Schau bisheriger sowie neuer Arbeiten des Kernteams, präsentiert sich dieses seit Ende Oktober so professionell wie charmant der Öffentlichkeit.

Einladend wirkt bereits die komplett verglaste Front des Raumes in der Maurachgasse 1. Sie gibt den Blick frei auf das Innere, auf die ausgestellten Werke und die Menschen, die sich dort gerade aufhalten. Lena Seeberger ist die Initiatorin und auch Obfrau des Vereins, dessen Vorstand außerdem Christian Fischer, Alexandra Hefel, Katharina Hutle, Florian Koller, Sarah Mistura, Astrid Neumayr, Felizitas Steurer und Kirstin Tödtling bilden. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass die Buchstaben-Anzahl des Vereinsnamens exakt der Anzahl der beteiligten ProtagonistInnen entspricht. Und dass die Schriftzeichen des Vereinslogos einen Buchstabenkreis um eine leere Mitte beschreiben, wird ebenfalls gewollt sein - ist doch Medien-, Grafik- und Kommunikationsdesign der Hintergrund des Teams.

Große Überraschung
Legen so viele Menschen mit erklärter Absicht ihre künstlerischen Kompetenzen zusammen, können willkommene Freiräume für Experimentelles und Diskurs entstehen. So jedenfalls der Plan des Vereins, der ab sofort auch Mitglieder zu Teilnahme und Unterstützung begrüßt. Was genau in Zukunft entstehen wird, weiß das „kollektiv“ noch nicht, alles ist noch im Werden. Die erste Ausstellung, die bis 24. November dauert, soll die Beteiligten in ihrem individuellen Zugang zu Fotografie, bildender Kunst, Musik, Film, Installation und Performance vorstellen. Niemand habe im Vorfeld gewusst, was die jeweils Anderen tun werden und so sei die Überraschung groß gewesen, dass es deutliche Übereinstimmung in Farbe und thematischer Auseinandersetzung gegeben habe, erläutert Sarah Mistura bei einem Durchgang durch den Raum.

Verbindung von Widersprüchen 
Tatsächlich sind es schwarz-weiße Themen, die auf den Bildern, Schriftzügen und Malereien an den Wänden dominieren. Gespickt mit etwas Rot, wie bei Christian Fischer, der sich mit einer Gleichung psychologisch-philosophischer Thesen von Freud, Hegel und Marx auseinandersetzt oder beim Sänger Florian Koller, der seinen drei hörbaren Werken und einem dazugehörenden zeichnerischen Statement seine rote Visitenkarte beilegt. Beide Künstler widmen sich ausgiebig dem Wandel und der Verschmelzung von Widersprüchen und Gegensätzen.

Bewegung und Berührung
Das Thema Dualität zieht sich auch durch das Gemeinschaftswerk von Astrid Neumayr und Alexandra Hefel. Sie setzten schwarze Zeichen auf sechs Blätter aus weißem Bütten, stellten jeweils zwei einander gegenüber und brachten sie auf eine schwarze Wand an, die in einer Art Erker steht, der aus endlos aneinander gereihten Schriftzügen mit „Die Freiheit der Gedanken“ das Werk in der Mitte umspielt.
Lena Seeberger versieht eine komplette Wandlänge mit fast lebensgroßen nackten Figuren, die auffallend mager sind, verbunden miteinander in Bewegung und Berührung. In einer Installation von Felizitas Steurer erlebt man die Reflexion auf sich selbst. Die Künstlerin gestaltete eine Kabine aus schwarzem Stoff, in deren Innenraum man vor einen Spiegel tritt. Die Glühbirne an der Decke der Kabine bezeichnet Steurer als Amygdala, also jenem Teil des Gehirns, der eine wichtige Rolle bei der Bewertung von emotionalen Situationen spielt.

Kritischer Blick auf Gesellschaft und Arbeitswelt
Kirstin Tödtling zeigt einige Werke ihrer Collagen „Dystopias“, für die sie Modelle aus Gips, Kupfer und Holz anfertigte, abfotogafierte und nachträglich so bearbeitete, dass vor den Augen der Betrachtenden futuristische Lebenswelten und neue Erlebnis-Modelle für Menschen entstehen. Tödtlings kritischer Blick auf klimatische und gesellschaftliche Entwicklungen und den Wandel in der Arbeitswelt wird dabei offensichtlich. 
Farbreicher ist die Installation von Sarah Mistura, die bisher unveröffentlichtes Videomaterial aus ihrer Arbeit mit der zeitgenössischen Tänzerin Silvia Salzmann verwendete und Sequenzen aus nicht exakt definierbaren, fluiden Bewegungen mit einem konzentrierten Fokus auf das Gesicht der Tänzerin kombiniert.

Guter Start
Das Einbinden des Publikums in sein Vorhaben ist dem "kollektiv" an diesem Abend gut gelungen. Es breitete sich sofort eine heimelige, kollegiale Atmosphäre aus, Fragen an die KünstlerInnen waren jederzeit möglich, Spontanführungen durch den Raum wurden herzlich und nahbar durchgeführt, die Kunst der KollegInnen wertschätzend präsentiert. Katharina Hutle, verantwortlich für die PR des Vereins, lud alle BesucherInnen zu einem Polaroid-Selfie ein, das unmittelbar zum Teil der Ausstellung wurde. 

Offizielles Auftaktfest: 17.11., 16 Uhr
Ausstellungseröffnung: Bianca Tschaikner - "Kleine Welten", 7.12., 19 Uhr
kollektiv, Maurachg.1, Bregenz
www.kollektiv-raum.org