Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Karlheinz Pichler · 09. Mai 2019 · Ausstellung

Ein Hammer kommt selten allein - Benny Gleeson zelebriert im Schmiedemuseum Röthis eine von Hämmern beflügelte Sinnbefreiung

In der Musikszene gilt Benny Gleeson als eine Art lebende Legende. Bekannt wurde er in den 1970er Jahren als Drummer der legendären Bilgeri-Hardrockband „The Wanted“. In der Folge begründete er zusammen mit Rolf Aberer und anderen das Dornbirner Jazzseminar. In den letzten Jahren ist die Musik aber immer mehr in den Hintergrund gerückt. Sie sage ihm nicht mehr viel, so Gleeson. Dafür hat es ihm die bildende Kunst angetan. Vergangenes Jahr etwa partizipierte er zusammen mit Stoph Sauter und anderen an der Gruppenschau „10 + 1“ im Küefer-Martis-Huus im liechtensteinischen Ruggell. Aktuell ist er mit einer imposanten Hammer-Installation im sehenswerten Schmiedemuseum in Röthis zu sehen.

Schon die Eröffnung der Ausstellung, die den Titel „In malleo veritas. Es kreist der Hammer - eine Sinnbefreiung“ trägt, war sprichwörtlich „ein Hammer“. Nicht nur, dass Gleeson Reminiszenzen an seine Zeit als Musiker aufleben ließ, forderte er auch noch seinen Kontrahenten aus den 1970er Jahren, Martin Hämmerle, seinerzeit Schlagzeuger bei der Konkurrenzband „The Gamblers“, zu einer Hammer-Percussions-Battle heraus. Die Wahl der Waffen, sprich Hämmer, überließ er dem „Gegner“. Dann wurde in einem dialogischen Hin-und-Her auf einer Stahlplatte der Schmiede darauf los gehämmert. Trotz ohrenbetäubendem Lärm gingen die in ansehnlicher Zahl erschienen Vernissagengäste begeistert mit. Gegen Ende der „Schlacht“ schaltete Hausherr Reinhard Kieber noch den großen Schlaghammer der Schmiede zu. Spätestens hier wäre Ohropax ein Muss gewesen. Kieber hatte dann auch noch die Aufgabe, den Gewinner der „Percussion-Battle“ zu küren. Und in einem salomonischen Urteil, dem auch die Gästeschar zustimmen konnte, erklärte er beide gleichermaßen zu Siegern.     
Im Anschluss an das Wetthämmern gab Gleeson einen informativen Abriss zur Anthropologie des Hammers. Für ihn stellt der Hammer „das Werkzeug aller Werkzeuge“ dar. Die Urform des Hammers ist der in die Hand genommene Stein. An die zwei Millionen Jahre alt, zählt er zu den ältesten Werkzeugen überhaupt und kann als Paradesymbol für die Technologiegeschichte angesehen werden. Manche Affenarten benutzen Steine als Schlaginstrumente, um Nüsse zu knacken. Die Urmenschen werden sich ähnlich verhalten haben. Die Schlagsteine wurden selbst bearbeitet und fanden als Faustkeile über viele tausend Jahre Verwendung. Die ersten Hämmer nach der heutigen Definition entstanden im Neolithikum (Jungsteinzeit) mit der Entwicklung der Steinbeile. In der Bronzezeit wurde der Steinkopf durch einen Metallkopf ersetzt. Und seit der Verhüttung von Metallen wurden Hämmer zum Schmieden verwendet, womit auch der direkte Bezug zur alten Schmiede in Röthis gegeben ist.    

Geburtsstunde des Cyborgs    

Der Hammer verkörpert für Gleeson auch das Henne-Ei-Phänomen der Hominisation: Haben Urmenschen den Hammer erfunden, oder hat der Hammer die Hominiden erst zu Menschen gemacht? Jedenfalls sieht er mit der „Erfindung“ des Hammers auch die Geburtsstunde des Cyborgs gegeben. Die Entfesselung der Technik nahm dort langsam ihren Anfang und hat heute eine Progression erreicht, mit der der Mensch nicht mehr Schritt halten kann. Gleeson: „Wir können heute mehr herstellen, als wir uns vorstellen und verantworten können.“ Der Künstler verweist in diesem Zusammenhang auch auf den deutschen Schriftsteller und Philosophen Günther Anders (1902-1992), der betonte, dass der moderne Mensch der Perfektion der Produkte nicht mehr gewachsen sei.    

In Kombination mit sinnbefreiten Redewendungen    

Der Künstler zeigt die Hämmer als „Ready Mades“ kombiniert mit uminterpretierten, sinnbefreiten Redewendungen rund um die Begriffswolke Hammer-Stiel-Nagel samt ihren teils nicht jugendfreien Nebenbedeutungen. Beispiele solcher Gleeson'scher Umformungen: „Nur die Beklopften sind auch ohne Hammer selig!“, „Lass den Hammer nicht hängen!“, „Einem geschenkten Hammer schaut man nicht auf den Stiel!“ oder „Neue Hämmer kehren gut!“. Es gibt wohl kaum einen Alltagsgegenstand, von dem es mehr sprachliche Alltagsbezüge und Sprüche gibt. Die betreffenden „Slogans“ werden den Hammerköpfen eingraviert und mit Acrylfarben auf die Stiele aufgestempelt. Wobei die Art der Hängung und die gewählten Farbtöne mit der Ausholbewegung korrespondiert. Befindet sich der Kopf oben, ist die Schrift weiß. Hängt der Hammer mit dem Kopf nach unten und dem Stiel nach oben, ist die Schrift schwarz. Dazwischen gibt es alle möglichen Nuancierungen.     
Mitunter hängt der Spruch auch mit der Form und dem Alter des Gerätes zusammen. Oder ein Slogan ist da und der Künstler sucht einen passenden Hammer dazu. Auch eine Installation aus Krug und Hammer ist zu sehen. Diese soll in der Allegorie des archaischen Geschlechterverhältnisses als Kain und Abela einen brandaktuellen schmerzhaften Kontrapunkt darstellen. Hier steht der Hammer für die „toxische“ Männlichkeit, während der Keramik-Krug mit seinen runden Formen die Weiblichkeit in vollendeter Archaik verkörpert. Insgesamt sind in der Schau „In Malleo Veritas“, auf Deutsch „Im Hammer liegt die Wahrheit“, 26 Hämmer installativ zu sehen. Die Beispiele reichen vom Vorschlaghammer über den Schmiedehammer bis hin zum Latthammer und Fäustel, sowie vom antiken Schlosserhammer bis zum nagelneuen Tischlerhammer.    

Zur Finissage am 7. Juni (18.00) ist übrigens eine Technoparty mit Adrian Uncle Gypsy Gleeson angesagt.

Benny Gleeson: In malleo veritas.
Es kreist der Hammer - eine Sinnbefreiung
Bis 7. Juni
Fr, Sa 18-21
Schmiedemuseum Röthis, Badstrasse 8