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Karlheinz Pichler · 29. Nov 2020 · Ausstellung

Die Sogwirkung der Kreisbewegung – Hansjörg Quaderer im Domus Schaan

Im Domus (Dorfmuseum) in Schaan (FL) sind derzeit 60 Werke des Liechtensteiner Literaten und bildenden Künstlers Hansjörg Quaderer ausgestellt. Gemeinsamer Nenner der neuen kleinformatigen Aquarelle, Tuschen und Gouachen, die in einen Dialog zu älteren Acryl-Arbeiten gesetzt werden, ist der Kreis und die Ellipse als formales Gestaltungselement.

Der Titel der Ausstellung, „Vertigo“, soll an Schwindelerregendes erinnern, wie es beispielsweise ausgelöst wird, wenn man einer immer schneller drehenden Zentrifugalkraft ausgesetzt ist, oder an das fokussierende Auge eines Wirbelsturmes, in dessen Zentrum sich häufig ein wolkenfreies Rundfenster zur Welt auftut. Möglicherweise wird der Künstler selbst auch in einen schwindelartigen Zustand versetzt, wenn er sich den obsessiven Malaktionen hingibt. Jedenfalls sind bei den Gouachen und Aquarellen den monochromen, dunklen Hintergründen kreis- oder ellipsenförmige „Öffnungen“ eingeschrieben, die den Blick auf abstrakte Bildschöpfungen frei geben. Diese „unregelmäßigen“ Kreise umschließen dynamische, von Bewegung getragene malerische Gesten, die gemäß dem Künstler aus einer sehr „ungefähren Vorstellung“ heraus intuitiv und voller Konzentration auf das Papier gesetzt sind. Der Intention des Künstlers nach sollen diese „Augen“, die auch aus einer inneren Versenkung heraus entstehen und einen sehr meditativen Charakter aufweisen, einem Blick durch einen Tunnel gleichen. Wobei er es aber dem Betrachter überlässt, das durch diese „Augen“ Gesehene zu interpretieren.
Hansjörg Quaderer bezeichnet sich als „Wenig-Maler“. Aber wenn er sich auf die Malerei einlässt, dann ausschließlich und hundertprozentig. Dann macht er nichts anderes mehr daneben. So wie vor einem Jahr, als er im Kunsttraum Engländerbau in Vaduz vor Ort ein Gemälde mit den astronomischen Ausmaßen von 84 mal 2,40 Laufmeter schuf. Diese Arbeit „in progress“ hatte ihn über Wochen gefordert. Er musste danach quasi eine längere Auszeit nehmen. So sind die neuen Arbeiten, die jetzt im Domus zu sehen sind, de facto alle im letzten halben Jahr entstanden. Auch die Tusche-Sepia-Bilder, die er in Vitrinen präsentiert. Und auch bei diesen dominieren unregelmässige Kreisformen. Andererseits erinnern diese Exponate auch ein bisschen an die kalligraphischen „Bilder“ Chinas und Japans, bei denen die Zeichen vielfach gar nicht gelesen werden können, was sie aber andererseits umso ausdrucksstärker macht.     

Projekt Pi (π )       

Den neuen Arbeiten stellt Quaderer fünf Acryl-Bilder aus dem Jahre 1995 gegenüber. Er sei sich zunächst alles andere als sicher gewesen, ob die Kombination aus Alt und Neu funktioniere. Aber nachdem der gemeinsame Nenner eben im Kreisförmigen liege, könne er dadurch aufzeigen, dass die Beschäftigung mit dem Kreis respektive mit dem „Projekt Pi“ (π ) ein Thema mit Langzeitbestand sei. Zudem habe er diese alten Werke erst einmal in Deutschland gezeigt.      
Zwar ist Hansjörg Quaderer überregional vor allem durch seine Aktionsfelder im Bereich der Literatur bekannt. Dennoch war und bleibt die Malerei für den Liechtensteiner ein nicht wegzudenkender Strom seines künstlerischen Werkes. Ein Strom vielleicht, der dann und wann abgetaucht und weniger sichtbar war, aber nie aufgehört hat, im Stillen zu strömen. Quaderer hat die Malerei sozusagen auch von der Pike auf gelernt, nämlich an den Kunstakademien von Urbino und Bologna (1983-1987). Im Schaaner Domus stellt er bereits zum dritten Male aus. Und es wird nicht das letzte Mal sein, denn bereits im August des nächsten Jahres wird er erneut in diesen Räumlichkeiten zu Gast sein – anlässlich der 3. Triennale Liechtenstein.


Hansjörg Quaderer: Vertigo
bis 20.12.
Fr 14-20, Sa u. So 14-18 Uhr
Domus, Schaan (FL)