Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Karlheinz Pichler · 20. Nov 2013 · Ausstellung

Die skulpturale Befragung des Raumes - Markus Strieder in der Kunsthalle Wil

Unter dem Titel „Skulpturen und Zeichnungen“ sind in der Kunsthalle Wil derzeit Werke des in Frankreich lebenden und arbeitenden Tiroler Bildhauers Markus F. Strieder zu sehen. Der 52-jährige Künstler hat für die Ostschweizer Stadt aus Werken, die über eine längere Zeitspanne entstanden sind, eine exemplarische Auswahl zusammengestellt und zu einer homogenen Rauminszenierung arrangiert.

Auch wenn Strieder mehrere Serien von Zeichnungen mit nach Wil gebracht hat, werden die Räume der Kunsthalle doch von den skulpturalen Arbeiten dominiert. Schon allein durch ihre Materialität, nämlich massiver, geschmiedeter Stahl, verschaffen sich diese das nötige „Gewicht“. Die beeindruckendste Arbeit erwartet den Besucher gleich zu Beginn des Ausstellungsrundganges. Denn im hofartigen Außenraum, der der Kunsthalle vorgelagert ist, besetzt eine vierteilige, 2600 Kilogramm schwere Eisenplastik, die wie ein archaischer Solitär wirkt, die Lokalität. Die einzelnen Blöcke dieser mit „Landschaft, dahinter“ benannten Skulptur greifen wie tektonische Gesteinsschichten ineinander oder ruhen wie einander eng umschlingende Leiber von Liebespaaren übereinander. Eine kompakte Figur, die mit dem Raum in harmonischer Übereinstimmung „zusammenlebt“.

Aus der Verformung heraus


Der 1961 in Innsbruck geborene Künstler erstellt seine Plastiken nicht wie allgemein üblich durch Wegnehmen und Hinzufügen, sondern durch Verformung. Als Ausgangsprodukt dient ihm Stahl, und in seinem werkstrategischen Vorgehen beschränkt er sich auf zwei Techniken, nämlich das Schmieden und Walzen. Inhaltlich geht es um die Auslotung von Gegensätzen wie Verdichtung und Ausdehnung, um Schwerpunkt und achsiale Schwerpunktverschiebungen oder einfach um die künstlerisch-materialspezifische Ausbreitung in unterschiedlichen Räumen. Stahl ist ein sensibles Material, sagt Strieder und vergleicht es mit einem biegsamen Baum. Die Entsprechung mit der Natur drückt sich nicht nur in der archaisch anmutenden Formensprache seiner Objekte aus, sondern auch ganz direkt in der Behandlung der Oberflächen. Rau und unpoliert erinnert der an den Plastiken wie etwa „Landschaft, dahinter“ stehengelassene Abbrand an die Haptik von Baumrinde.

Stahlkreisel und Stahlbänder


Betritt man die Kunsthalle, so sieht sich der Betrachter mit geometrischen Objekten, die wie zufällig am Boden ausgelegt sind, konfrontiert. Strieder nennt diese Arrondierung von kleineren Figuren, die wie Kreisel aussehen, „Champ de Toupiers“. Diesen Toupies haftet etwas Leichtes, Verspieltes an, obwohl auch sie aus massivem Stahl geschmiedet sind. Leicht (auch wenn sie schwer sind) und filigran wirken ebenfalls die gebogenen „Lignes“. Diese Stahlbänder sind so ineinander verschlungen, dass sie sich wie Stahlnester Präsenz im Raum verschaffen. Für ihre Herstellung lässt der Tiroler eine massive Vierkantstange mehrfach durch Walzen laufen, bis sie die gewünschte Stärke und Länge erreicht hat. Anschließend wird der immer noch glühende Stahlstrang in eine eigens gefertigte Tonne gestoßen, wo er sich in dem begrenzten Behältnis schlingenartig verformt.

Arbeiten auf Papier


In den zweidimensionalen Tuschezeichnungen von Strieder wiederholt sich der Prozess der Formfindung mit Pinsel und Rakel. Gerade in den früheren Arbeiten dominieren einfache Strukturen wie Gittermuster, Linien, Striche und Flächen. Über das Zusammenspiel von formaler Reduktion und schwarzer Pigmentkonzentration entwickeln sich aus der Fläche heraus Volumina und Räumlichkeit, die mit den Formationen im Raum in Dialog treten.


Markus Strieder: Skulpturen und Zeichnungen
Kunsthalle Will
Bis 22.12.2013
Do–So 14–17
www.kunsthallewil.ch