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Karlheinz Pichler · 23. Jän 2020 · Ausstellung

Die Leichtigkeit und die Schwere der Farbe - Malerei pur in der Bludenzer Galerie allerArt

In der Auftaktausstellung des neuen Jahres in der Galerie allerArt in Bludenz geht es im Wesentlichen um „Radikale Malerei“, deren Inhalt die Malerei selber, und deren Sinn ihr direktes Erleben ist. Kuratiert wird die Ausstellung vom einstigen Oswald-Oberhuber-Schüler Manfred Egender. Mit ihm als neuem Programmverantwortlichen kehrt die Galerie allerArt nach einem dreijährigen Intermezzo mit der Kunsthistorikerin Andrea Fink wieder zu ihrem ursprünglichen Modell des Künstlerkuratorenprinzips zurück.

Egender bringt bereits mit der ersten von ihm organisierten Ausstellung Künstler von internationalem Format nach Bludenz. Unter dem Titel „Gewicht Farbe“ zeigen David Reed (USA), Michael Toenges (D), Christoph Luger (A), Mark Milloff (USA), Fabian Marcaccio (ARG), Thom Merrick (USA) sowie Cédric Teisseire (F), was in der Malerei aktuell möglich ist. Minimalistisch dezenter Farbeinsatz konkurrenziert hier mit pastosem, massivem Farbmaterial und Physikalisches steht in Opposition zu Subtilität und Immaterialität.      
Zu denjenigen Künstlern, deren Werke von subtiler und schwebend leichter Farbigkeit geprägt sind, zählt der 1957 in Bregenz geborene und heute in Wien lebende und arbeitende Christoph Luger. Seine großformatige (390 x 230 cm) Arbeit „Ohne Titel“, die in der Ausstellung zu sehen ist, ist in der für ihn typischen Technik „Leimfarbe auf Papier/Collage“ gehalten. Das durchlässige Rot des Exponates ist nicht zuletzt ein Zitat auf die eisenoxidroten Untergründe der antiken, römischen Fresken, die er im Anschluss eines Istanbulstipendiums in Ephesos studiert hatte. Lugers Kunststücke hinterlassen trotz ihrer vielfach monumentalen Größe einen derartigen Eindruck von Leichtigkeit, farblicher Einfühlsamkeit und sinnlichem Gespür, dass man sie wohl zurecht als bildgewordene Poesie im Raum bezeichnen möchte.
Mit Luger führt Kurator Egender übrigens am 24.1. von 19.00 bis 20.00 ein Künstlergespräch.       
Der in New York lebende Argentinier Fabian Marcaccio (geboren 1963 in Rosario), der an der Documenta 11 teilnahm, untersucht unter anderem, ob das traditionelle Medium der Malerei im Zeitalter der Digitalisierung überleben kann. In seinen sogenannten „Paintants“ aus 3D-gedrucktem Plastik, Alkyd-Malerei und Silikon, von denen ein 80 x 80 cm grosses Beispiel in der Galerie allerArt gezeigt wird, verschmelzen Gemälde, Skulptur und Objektkunst.       
Die vom US-amerikanischen Künstler Thom Merrick zur Schau gestellten Werke referenzieren die aufblasbaren Dinosaurier (inflatabel images), mit denen er im Frühling 1998 das Bregenzer Künstlerhaus bespielte. Merrick, der an der Documenta IX (1992) in Kassel partizipierte, bemalte die Sohlen dieser Saurier und produzierte mit Hilfe der Abklatschtechnik farbige Fussabdrücke. Merrick ist derjenige Mitwirkende an der Ausstellung „Gewicht Farbe“, der die ironische Komponente ins Spiel bringt.  
Die kleinformatigen Beiträge von Mark Milloff (geboren 1953 in Miami/Florida) wiederum sind farbspezifische „Schwergewichte“. Seine Ölgemälde sind extrem geschichtet. Der Farbauftrag ist derart dick und schwer, dass mitunter Farbteile zu Boden fallen können.        
David Reed, geboren 1946 im kalifornischen San Diego, ist bekannt dafür, dass er die weit zurückreichende Tradition des Tafelbildes mit den Möglichkeiten der Neuen Medien und den Codes der „Street Culture“ zu neuen Bildausdrücken zusammenführt. Zu den unverwechselbaren formalen Stilmitteln Reeds zählt etwa der sich wie ein Loop ständig wiederholende Pinselschwung, den er wie eine Markette einsetzt und immer wieder neu inszeniert.       
Der 1968 in Grasse (Frankreich) geborene und in Nizza lebende und arbeitende Maler Cédric Teisseire benützt Farbe als ein physikalisches Material, das er gießt, fließen lässt und der Schwerkraft und Zeit aussetzt. Transformative Prozesse, die sich auf das Material Farbe, Textur und Oberfläche fokussieren, sind zentrale Aspekte seines Schaffens. Ein typisches Merkmal seiner Arbeiten können tropfenartige Farbklumpen sein, die durch das Abfließen der Farbe am unteren Bildrand entstehen.        
Vom deutschen Künstler Michael Toenges (geb. 1952 in Pfaffenhofen/Ilm, lebt in Köln) zeigt die Galerie allerArt drei Öl-auf-Leinwand-Arbeiten, die von massivem Farbauftrag geprägt sind. Toenges beschäftigt sich nämlich mit den stofflichen Eigenschaften der Farbe. Er türmt die Ölpaste dickquallig auf der Leinwand auf und schichtet sie wie ein Konditor die Buttercrememasse, bis nach einer sehr langen Trocknungsphase der erhärtete Farbteig plastisch-reliefhaft aus dem Bildgrund heraustritt. Toenges inszeniert Farbe als Bildereignis. Die Farbe steht nur für sich selbst.     

„Gewicht Farbe“
Christoph Luger (A), Fabian Marcaccio (ARG), Thom Merrick (USA),
Mark Milloff (USA), David Reed (USA), Cédric Teisseire (F),
Michael Toenges (D)
bis 29.2.
24.1.,19.00: Künstlergespräch mit Christoph Luger   
Öffnungszeiten: Mi-So u. Fe 15-18 Uhr
Galerie allerArt, Bludenz
ww.allerart-bludenz.at