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Karlheinz Pichler · 26. Nov 2019 · Ausstellung

Die Kraft der Bilder als Waffe gegen Globalisierung und Neokapitalismus - Digitale Bildmontagen von Christine S. Prantauer in der Galerie allerArt

Die 1956 in Zams in Tirol geborene und heute in Innsbruck lebende und arbeitende Künstlerin Christine S. Prantauer hält mit dem, was sie denkt und fühlt nicht hinter dem Berg. Das, was mit dem Paneten Erde derzeit geschieht, will sie nicht kommentarlos zur Kenntnis nehmen. In ihren genauso komplexen und vielschichtigen wie klaren und direkten Bildwelten spiegeln sich Medienkritik genauso wie die Auseinandersetzung mit Zeitthemen wie etwa der Globalisierung, der Verherrlichung des Kapitalismus oder dem Mobilitätswahn und den dagegen ankämpfenden Widerstandsbewegungen.

Häufig geht Prantauer mit ihren gesellschaftskritischen künstlerischen Beiträgen in den öffentlichen Raum. Zeigt ihre visuellen Ausrufungszeichen an Mauern, Wänden, gut frequentierten Plätzen. Im Rahmen der von Andrea Fink in der Galerie allerArt in Bludenz kuratierten Einzelausstellung besteht nun die Möglichkeit, Arbeiten aus verschiedenen Werkserien auf engstem Raum zu begegnen.     

Nothing beside      

In der Alpenstadt wartet die Tiroler Künstlerin unter anderem mit architektonischen Beispielen internationaler Finanzzentren, also abgehobenen Glaskolossen auf, die mit Ausschnitten der Weltkarte kombiniert werden. „Die 'Financial Districts' mit ihren gläsernen Fassaden, ihren Türmen und ihrer technophilen Ästhetik spiegeln sich in Ländern und Kontinenten, überlagern, besetzen und durchdringen sie. Die Repräsentationsbauten des Finanzkapitals verweisen in ihrer weltweiten Gleichförmigkeit auf dessen globalen Machtanspruch. Dem gegenüber stehen Bilder von Naturzerstörung ebenso wie Bilder von Demonstrationen und Protesten gegen die negativen Auswirkungen eines globalisierten, profitorientierten Wirtschaftssystems“, erläutert die Künstlerin zu diesen Werke, die zur Serie „Nothing beside“ zählen.
Weitere gezeigte Bilder entstammen der Werkreihe „Transition“. Diese handeln von Naturzerstörung und Protesten gegen soziale Ungerechtigkeiten in verschiedenen Ländern wie ewta in Chile oder den Gelbwesten in Frankreich. Und die Slogans der Extinction Rebellion sollen sich gegen die negativen Auswirkungen eines globalisierten, profitorientierten Wirtschaftssystems richten.  
Anhand von drei großformatigen Arbeiten richtet die Künstlerin den Blick auch aus dem Weltraum auf den „Blauen Planeten“. Das „Blau“ der Erde erscheint dabei eingetrübt durch Umweltzerstörung und die Bahnen, die der Weltraummüll um die Erde zieht.      

Dissonanzen und Bruchlinien aufzeigen    

Um ihre Anliegen zu transportieren, greift Prantauer auf die digitaler Bildmontage zurück. Solcherart werden Bildmotive in einen neuen Kontext gesetzt, um sozial- und gesellschaftspolitische Fragen anzureißen. In der digitalen medialen Verschränkung gegensätzlicher Weltsichten und Realitäten spürt die Künstlerin den großen Dissonanzen und Bruchlinien einer aus den Fugen geratenen Welt nach und übersetzt sie in Bildkonstellationen, die den Betrachter zum Nachdenken zwingen.   
Die österreichische Kuratorin, Stadtforscherin und Kulturtheoretikerin Elke Krasny beschreibt in einem Text das methodologische Vorgehen der Tiroler Künstlerin: „Prantauer setzt die Montage als Arbeitsverfahren einer kritischen politischen Kunst ein. Sie artikuliert mit den Suchstücken und den Fundstücken in ihren Montagen gesellschaftliche Themen, die akut sind. Migration, Mobilität, Globalisierung, Sozialabbau, Widerstand und Arbeitskämpfe sind die Fragen, die in ihren Arbeiten (nochmals) öffentlich werden. Das in Klammern gesetzte nochmals bezieht sich auf Prantauers Methode, mit medialen Bildern als Künstlerin öffentlich zu agieren. Sie arbeitet auf vielen Ebenen, mit der öffentlichen Analyse des Medialen, aber auch seiner neuen Kontextualisierung
 und Lesbarkeit. Sie montiert Fundstücke, sie demontiert und remontiert Kontexte und Bedeutungen, sie montiert die Fundstücke als Plakatarbeiten in den öffentlichen Raum. Sie versetzt und verschiebt. Die gewählten Themen und die gewählten Verfahren zeigen die in ihrem Innersten vorherrschende Unruhe der gesellschaftlichen Bewegungen. Prantauer interveniert in die Zirkulation von Bildern, Themen und Verhältnissen.“
Indem Prantauer mit ihren digitalen Werkzeugen krasse Gegensätze ineinander fließen lässt, polarisiert sie auch stark.     
Christine S. Prantauer studierte im Zuge ihrer künstlerischen Ausbildung zunächst Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach Erlangung des Diploms schrieb sie sich an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien in der von Peter Weibel geführten Medienklasse ein.
Bei dieser Prantauer-Werkschau in der Galerie allerArt handelt es sich übrigens um die letzte von Andrea Fink kuratierte Ausstellung. Fink, die die letzten drei Jahre für das Ausstellungsprogramm der Galerie verantwortlich zeichnete, will sich künftig einer anderen Aufgabe zuwenden. Designierter Nachfolger von Andrea Fink als künstlerischer Leiter der Galerie allerArt ist der Kunstschaffende Manfred Egender.     

Christine S. Prantauer
bis 28.12.2019
Mi-So u. Fe 15-18
Galerie allerArt, Raiffeisenplatz 1, 6700 Bludenz
www.allerart-bludenz.at

https://www.facebook.com/galerieallerart