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Karlheinz Pichler · 14. Jän 2012 · Ausstellung

Am Anfang stand das Sammeln: Aus analogen und digitalen Headlines fabrizierte sprachliche Ordnungssysteme von Veronika Schubert im ORF-Funkhaus Dornbirn

Auf einem der Schriftbilder von Veronika Schubert, die derzeit im ORF-Funkhaus Dornbirn ausgestellt werden, sind Sätze zu lesen wie „Ich sammle, also bin ich“ oder „Am Anfang stand das Sammeln“. Sie verweisen bereits darauf, womit sich die 1981 geborene Lustenauer Künstlerin aktuell beschäftigt: mit dem Sammeln von Headlines aus unterschiedlichsten Medien. Schubert ordnet und systematisiert Schlagzeilen und transformiert diese „Sprachfragmente“ in neue Sinnzusammenhänge und Geschichten.

Die Absolventin der Kunstuniversität Linz, die seit 2009 an der Akademie der bildenden Künste in Wien einen Lehrauftrag zum Thema „Moden & Styles“ inne hat, hat in den letzten Jahren aus Printmedien wie Die Zeit, Profil, Der Standard, Tages-Anzeiger und vielen anderen Hunderte, ja Tausende von markanten Überschriften ausgeschnitten und gesammelt. Für diese Headlines hat sie immer wieder neue Ordnungssysteme geschaffen. Für die Ausstellung in Dornbirn nun hat sie Sätze herausgepickt, die sprachliche Analogien aufweisen. So entsteht etwa ein Blatt, auf denen sie ausgeschnittene Schlagzeilen übereinanderreiht, die sich mit dem Reden beschäftigen: Wortgruppen wie „Da muss man reden, reden, reden“, „Einmal über alles reden“ oder „Wie gesagt...“ sind da zu entziffern.

Metasprache weckt irritierende Assoziationen

In anderen Satzbildern geht es um das Sammeln, um persönliche Wünsche, um Worte oder um emotionale Zustände. Herausgelöst aus dem ursprünglichen Kontext werden die Textfragmente selbst zum Inhaltsträger. Es entsteht eine Art Metasprache. Die phrasenhaften Sätze führen nicht mehr zu nachfolgenden konkreten Inhalten hin, sondern werden selbst zum Gegenstand der Sprachkonstruktion. Mit der Folge, dass für den Leser und die Leserin ganz neue, teils skurrile und irritierende Assoziationen erwachsen.

Sammlerin und Archivarin

Die Künstlerin erläutert ihr Vorgehen: „Als Sammlerin und Archivarin liebe ich es, mich in die Materialfülle zu stürzen. Ich sehe mich nicht als Erzählerin konkreter Geschichten, ich möchte alles so offen wie möglich halten. Gerade das Platte und Oberflächliche reizt mich an den Phrasen und Floskeln, denn sie sind nur die Träger der Emotionalität.“ Auch der Titel der Ausstellung – „Erst einmal zurück ins Funkhaus“ – entstammt aus dem Sprachfundus von Schubert. Die Künstlerin entnahm diesen so ideal zu ihrer Werkschau passenden Slogan der Zeit-Ausgabe vom 23. März 2006.

Kein Medium ist vor dem Schnitt der Künstlerin sicher

Schubert speist ihr Reservoir an Floskeln und Phrasen aber nicht nur aus Printmedien. Auch andere Medien sind vor dem Blick und dem Schnitt der Künstlerin nicht sicher. So hat sie für ihre Dornbirner Ausstellung Tausende Minuten der ORF-Sendung „Vorarlberg heute“ analysiert und seziert. Wobei sie sich hier auf die Überleitungen zu anderen Themen konzentriert hat, etwa zum Wetterbericht, zu einem Unglücksfall oder einer kriminellen Handlung. Und wenn offenkundig wird, wie ähnlich die ORF-Mannen und –Frauen beispielsweise sprachlich auf verschiedene Ereignisse hinweisen, bricht auch etwas Sprachkritik durch. Die sich ständig wiederholenden Phrasen wirken wie redundante Sprachfetzen, wie Sprachtrailer, die sich im Endlos-Loop selbst ad absurdum führen.

 

Veronika Schubert: „Erst einmal zurück ins Funkhaus"
ORF-Funkhaus Dornbirn
Bis 27. März 2012