Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Peter Füssl · 11. Jul 2023 · CD-Tipp

Tingvall Trio: „Birds“

Leicht ins Ohr gehende Melodien, wohltuende Harmonien, dezent fesselnde Rhythmen, sich geschickt entfaltende dynamische Entwicklungen, Meditatives, nahezu Hypnotisches und lässig Groovendes in perfekter Abwechslung, kreative Spannungsmomente, die nicht verstören und Virtuoses, das sich nicht allzu sehr in den Vordergrund schiebt – das neunte Album des Tingvall Trios bietet wieder in Perfektion alle musikalischen Ingredienzien, die hinter der unglaublichen Erfolgsgeschichte dieser ihr 20 Jahre-Jubiläum feiernden Band stehen.

Ein bisschen wird man an den berühmten Zawinul-Spruch erinnert, dass Musik kompliziert zu spielen, aber einfach zu hören sein muss, wenn der schwedische Pianist Martin Tingvall seine zauberhafte Tastenkunst entfaltet, der kubanische Kontrabassist Omar Rodriguez Calvo seinen Bass singen lässt oder kunstvoll mit dem Bogen bearbeitet, und der aus Bremen stammende, äußerst versierte und stets sensibel und geschmackvoll agierende Schlagzeuger Jürgen Spiegel das rhythmische Geschehen wirkungsvoll vorantreibt. Gleich der Opener „Woodpecker“ entpuppt sich als mit eigenartiger Spannung geladener Ohrwurm, das tänzelnde „Africa“ erfreut mit entspanntem Highlife-Feeling, „SOS“ hingegen will als dramatischer Hilferuf angesichts drohender Umweltzerstörung verstanden werden. Darauf folgen das impressionistische Stimmungsbild „The Day After“ und das funkige „Air Guitar“. Das soulig-zupackende Titelstück „Birds“ ist ein wahres Groove-Monster, die „Birds of Paradise“ entfalten cool swingend ihre Pracht, und auch der Kleiber („Nuthatch“) und der Kolibri („Hummingbird“) werden mit Tingvall Trio-typischer Notenkunst zum Leben erweckt. „Nighttime“ fängt die wohligen und prickelnden Aspekte der dunklen Tageszeit ein und wurde wie alle Titel von Martin Tingvall komponiert und dann im Trio gemeinsam arrangiert und verfeinert. Das abschließende, in nachdenklicher Schönheit glänzende „A Call For Peace“ absolviert der Schwede dann solo – würdiger Abschluss eines zum Träumen einladenden Albums.

(Skip Records)

Dieser Artikel ist in der Print-Ausgabe der KULTUR Juli/August 2023 erschienen.