Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Mirjam Steinbock · 14. Jän 2017 · Theater

Wut ist gut – Das ANARTtheater feiert mit „Teuflische Göttinnen“ Premiere im Spannrahmen in Hard

Viel Mut beweist Dagmar Ullmann-Bautz, Regisseurin des ANARTtheater, mit der Wahl eines Musicals für die erste Präsenz des Amateurtheaters im großen Saal des Spannrahmens in Hard. Ein ambitioniertes Vorhaben, denn Gesang, Schauspiel und Tanz sollten die Darstellenden beherrschen, um leichtfüßig und unterhaltsam durch die Handlung zu führen. Dies gelang am Premierenabend nicht allen Ensemblemitgliedern. Dennoch gab es tolle Highlights im ausverkauften Haus.

Der Saal mit seinem feierlichen Ambiente gibt einiges vor und verlangt, ausgefüllt zu werden. Im Stück schafften das vor allem die Rachegöttinnen, dargestellt von Denise Partsch, Ulli Filler und Elke Gander. Es machte große Freude, ihnen zuzusehen, wie sie sich behände und zischend auf die Bühne schlängelten und boshaft Rachepläne für die betrogene Virginia ausheckten. Tatsächlich dauerte es aber eine Weile, bis die drei von Zeus (Reinhard Hämmerle) entsandten Göttinnen auf der Bühne erschienen.
Vorab wurde man in das emotionale Dilemma rund um Virginia (Angela Bereuter-Gangl) eingeweiht, die ihrem Mann Larry (Walter Gmeiner) trotz der Trennung noch treu ist und auf eine Wiederbelebung der Ehe hofft. Dieser, der es mit der Treue nie so ernst nahm, hat jedoch inzwischen in der jungen und hübschen Sally (Kerstin Waibel) eine neue Liebe gefunden und verkündet dies öffentlich vor allen Gästen seiner Dinnerparty, zu der auch Virginia eingeladen ist. Ein Affront.
Die drei Rachegöttinnen raten Virginia daraufhin, es Larry mit gleicher Münze heimzuzahlen. Sie geht auf den Rat ein und mit Unterstützung ihrer Tochter Alexandra (Magdalena Nesensohn) und deren Freundinnen setzt sie den von den Göttinnen geschmiedeten Plan um und zerstört das Liebesglück ihres Mannes. Virginia erhält nebenbei eine neue Liebschaft und auch das Gebaren der Göttinnen findet schließlich Gnade vor einem strengen Zeus, der ihnen schon mit Versetzung zu den Musen drohte. Schließlich sind jedoch alle Benachteiligten zufrieden, der egoistische Ehemann liegt am Boden, seine Geliebte zieht von dannen und Virginia hat endlich einen Mann gefunden, der sie liebt.

Überzeugende Nebenrollen

Ein Verwirrspiel mit vielen Rollen. Tatsächlich kam die Haupthandlung mit der devoten und im Liebeskummer schwelgenden Virginia, dem Frauenheld Larry und der naiven Sally aber nicht recht in Gang, es waren vor allem die Nebenschauplätze, die dem Musical seine Atmosphäre gaben. Virginias Tochter Alexandra war geradezu entspannend selbstbewusst und bewegte sich sicher in allen Stimmlagen und Choreografien. Der Schönheitschirurg Dr. Frank von Stein (Bartle Fink) mit seinen Assistentinnen, alle in einer Person dargestellt von einer herrlich komischen Maria Keckeisen, brachten mit überzeugender Körperhaltung, witzigen Kostümen und auch ein paar kritischen Gedanken zum ausufernden Schönheitswahn Schwung auf die Bühne.
Fink und Keckeisen traten nochmals in ebenso amüsanten Rollen als Kommissarin und Assistent auf. Auch die feine Grande Dame Gwendolyn Ginsberg schenkte dem Reigen eine vornehme und adelige Note, man nahm Verena Steurer ihre Rolle sofort ab.

Klischeebeladene Figuren

Es war etwas schwierig einzusteigen und mitzufühlen bei diesem Musical, und vielleicht lag das auch am Libretto von Claus Martin. Text und Figuren kamen zum Teil klischeebeladen daher und die Sprache war bisweilen vulgär. Hier blieben die Hauptfiguren Virginia, Larry und Sally jedenfalls in ihren stereotypen Charakteren stecken und das wirkte oft etwas langatmig. Virginia wandelte sich nicht wie im Libretto vorgesehen von der verklemmten zur selbstsicheren Frau sondern zupfte auch am Ende des Stücks noch fahrig an ihrem Kleid. Auch beim Gesang mochte man nicht recht mitfühlen mit der liebesbedürftigen Frau. Sah man Larry letztlich am Boden liegen, entstand kein Gefühl der gerechten Vergeltung. Auf eine Weise hatte der Betrüger doch noch etwas Erfrischendes - vor allem während seines akrobatischen Luftgitarrensolos. Und auch Sally, obwohl Kerstin Waibel sie mit vollem Einsatz spielte, wirkte eher kindisch als naiv. Die wahren Heldinnen des Stücks waren Alexandra und die Rachegöttinnen. Sie spielten hinreißend und vermochten es, den Szenen eine Atmosphäre zu verleihen.

Tolle Musik und perfektes Bühnenbild

Der Anspruch an den Gesang ist auch hier einem Musical entsprechend, einigen Mitglieder des Ensembles und des begleitenden Chors AMARé gelang es aber nicht, die hohen Töne zu treffen, die Stimmung der Szenen zu vermitteln und sich gegen die Live-Band durchzusetzen. Die Pianistin Danaila Deleva, die Gitarristen Yannick Krampl und Thomas Greif und Niklas Mayr an den Drums hielten das musikalische Zepter professionell in den Händen und gaben den Ton für gesangliche Einlagen genau so an, wie den der rhythmischen Untermalungen und melodischen Hintergrundklänge.

Dagmar Ullmann-Bautz legte die Latte mit einem Musical dieser Art sehr hoch. Perfekt inszenierte sie unterschiedliche Räume des Stücks wie Virginias Wohnung, die Dinnerparty, die Auktion und die Bar mit nur einem Bühnenbild, umgesetzt von Petra Rohner-Menia. Ein nach vorne geneigtes und in Rottönen gehaltenes Podest diente als Bett und als Olymp und gab den Szenen damit räumlich mehrere Ebenen. Choreografische Einfälle wie das Abwenden der Dinnergäste bei Larrys Liebesbekenntnis verliehen dem Inhalt mehr Tiefe. Kostümbildnerin Sigrun Berkmann vervollständigte die Bilder mit witzigen Details, wie beispielsweise den Busen- und Po-Attrappen der schönheitschirurgischen Assistentin, dem angenähten Hund Gwendolyns oder dem langen Schal, der die drei Göttinnen miteinander verband und raffiniert ausgespielt wurde.

Ein paar Tanzeinlagen mehr hätten dem Stück sicher gut getan und auch stimmlich darf das Ensemble noch zulegen und an Präsenz gewinnen. Es gibt noch einige Möglichkeiten, dies auszuschöpfen, die teuflischen Göttinnen haben noch weitere Einsätze im Spannrahmen. „Wut ist gut!“, heißt es in einer der letzten Szenen. Aber Mut ist es auch und den beweist das ANARTtheater mit diesem Musical.

 

Weitere Aufführungen: 14. Jänner, 20 Uhr / 15. Jänner, 18 Uhr / 20. und 21. Jänner, 20 Uhr im Spannrahmen Hard.

Kartenreservierung unter 0677 62290605 oder dagmar@lva-theaterservice.at