Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Dagmar Ullmann-Bautz · 27. Feb 2010 · Theater

Wehe, wenn sie losgelassen – "Unser Häuptling" gut gespielt, aber wenig Substanz

Wenn’s um Schuhe geht, kennt frau kein Pardon, und wenn es um den eigenen Mann geht, erst recht nicht. Dann gerät die Wahl der Mittel zur Nebensache – Schuhe mutieren zu Wurfgeschossen, mit Händen und Füßen wird geschlagen und nachgetreten, an Haaren und Körperteilen gezerrt und gezogen und zu aufpeitschenden Trommelrhythmen gekreischt und getönt.

Was sich seit Freitagabend auf der Bühne des Landestheaters abspielt, setzt viele Fragezeichen. Wie geht frau mit sich selber um, auf welche Torheiten lässt sie sich ein? Was macht sie nicht alles, wozu, ja wozu nur ist sie bereit - und um Gottes Willen, warum?  
Opulent hat die erste Spielsaison des neuen Intendanten Alexander Kubelka in Bregenz begonnen. In den letzten Monaten wurde dem Publikum appetitanregende Theaterkunst serviert. Jetzt hat der aktuelle Spielplan seinen Zenit überschritten, ist in die Zielgrade eingebogen und passgenau zur Fastenzeit serviert der Maître de Cuisine, Alexander Kubelka, dem Zeitgeist entsprechend seinen versammelten Theater-Gästen nicht „saure Klöße“ sondern leichte Kost, einen kleinen Theatersnack, ein Appetithäppchen sozusagen!

Hervorragende Schauspielerinnen und verpuffte Energie

Tatsächlich entpuppt sich „Unser Häuptling“ der jungen Autorin Catherine Aigner als ein allzu leichtes, kleines Gericht, das man schnell mal im vorübergehen genießt. Und erst am Schluss der Inszenierung, wenn eine der drei Protagonistinnen durch eigene Hand verstirbt, wird klar, dass möglicherweise mehr Tiefgang angedacht und beabsichtigt war. Doch der hat sich bis dorthin nirgends bemerkbar gemacht, blieb verborgen hinter Plattitüden und Allgemeinplätzen.
Es tut weh, zu beobachten, wie die Energie der drei hervorragenden Schauspielerinnen Marie Therese Futterknecht, Julia Cencig, Cornelia Köndgen und auch die Bemühungen von Regisseurin  Bernadette Sonnenbichler an diesem Imbiss verpuffen.

Bewundernswerter Körpereinsatz

Die Idee von Bühnenbildner Paul Lerchbaumer, eine überdimensionierte Turnhallen-Sprossenwand in eine schräge Lage zu bringen und sie somit gleichermaßen als Schuhregal und Spielfläche zu nutzen ist per se höchst spannend und verspricht ungesehene darstellerische Opportunitäten. In der Praxis jedoch entpuppt sie sich immer wieder als leidige Bremse für das temporeiche Spiel der Protagonistinnen, die mit bewundernswertem Körpereinsatz und akrobatischem Geschick das Objekt  zu meistern und zu bespielen versuchen.
Das Stück feierte im Oktober in Bozen seine Uraufführung, ist jetzt in Bregenz zu sehen und ab Herbst in Villach. Es ist das erste gemeinsame Stück der drei Koproduktionspartner Vereinigte Bühnen Bozen, neuebühnenvillach, Landestheater Vorarlberg und hat sich laut Intendant Kubleka in finanzieller und arbeitstechnischer Hinsicht auf jeden Fall gelohnt. Auch wenn dieser Abend nicht wirklich der ganz große Wurf war, ist die Idee mit anderen Theatern zusammen zu arbeiten, eine begrüßenswerte und sollte auch weiter verfolgt werden.