Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Anita Grüneis · 26. Mai 2019 · Theater

„Orient Express“ in der Buchser Lokremise – Mystery Train nach Istanbul

Schon bei der Premiere gab es stehende Ovationen und auch bei der vierten Vorstellung des Musik-Stückes „Orient Express“ in der Lokremise Buchs standen die Zuschauerinnen und Zuschauer für den Schlussapplaus von ihren Sitzen auf. Sie hatten einen unterhaltsamen Abend mit starken Stimmen, abwechslungsreicher Musik und turbulenten Choreografien erlebt.

Die Gemeinde Buchs hatte die Lokremise hinter dem Buchser Bahnhof von der SBB vor sieben Jahren gemietet. In dem kleinen Häuschen wurden früher die Dampfloks der Bahn eingestellt und gewartet. Das Gebäude wurde sanft renoviert, die Gemeinde schaffte eine komplette Bestuhlung und zwei Beleuchtungsstraßen an. Seitdem steht die Lokremise für Kulturveranstaltungen zur Verfügung. Das Musical „Orient Express“ ist bereits die zehnte Eigenproduktion der Music Productions Werdenberg, deren Präsident Peter Kuster hat denn auch die Produktionsleitung übernommen. Geschrieben wurde das Stück von Mathias Ospelt, für die musikalischen Arrangements sorgte Marco Schädler, Regie führte Nikolaus Büchel.

 Wenn Gut und Böse aufeinandertreffen

Der „Orient Express“ in Buchser Lokremise hat wenig mit dem „Mord im Orient Express“ von Patricia Highsmith oder den berühmten Verfilmungen zu tun. Hier sucht kein Hercule Poirot nach einem Mörder. Hier steigt die Musicaltruppe „Les Formidables Folies Kowalski“ in den Orient Express ein, um in Istanbul ein Gastspiel zu geben. Zu den „Formidablen“ gehören Jack Russel, der Musical-Intendant, Gina und Gianna, zwei Tänzerinnen, Angelique Kowalsky, die Besitzerin der Musical-Company sowie Bruno und Charlotte Di Abolo. Außerdem ist der Schaffner Anton Lamm dabei und der Zugführer mit Namen Teddy Theo Theodorou. Sie alle fahren von Paris über Basel, Zürich, Buchs, Feldkirch, Innsbruck, Wien nach Istanbul. Doch einen Mord soll es schon geben, so will es wenigstens Bruno Di Abolo, der sich – nomen est omen – im Laufe des Abends als echter Diabolo mit zwei Hörnern und viel Rauch entpuppt. Umgebracht werden sollen seine Gattin Charlotte und Madame Kowalsky. Bruno Di Abolo verübt denn auch drei Mordversuche auf die Schwiegermutter von Jack, der im Gegenzug Gattin Charlotte ins Jenseits befördern soll, sich aber stattdessen in sie verliebt. Um es kurz zu machen: Niemand stirbt, schließlich heißt der Zugführer Theo wie Deo wie Gott. Und der Schaffner ist das Lamm Gottes. Zum Zug als Sinnbild des Lebens wäre der Tod, in welcher Form auch immer, aber schon passend gewesen. 

Eine rasante Nummernrevue

Dass die Reise zum Spaß wird, dafür sorgen Musik und die pfiffigen Choreographien von Isabella Rapp, die das Stück zur flotten Nummernrevue werden lassen. Musiker Marco Schädler hat in seinen Arrangements vereint, was zum Thema Zug passt, zu den durchquerten Regionen und zu den Situationen. Über 20 Titel kamen so zusammen, vom amerikanischen Klassiker aus der West Side Story, über Ländler Musik, französische Chansons, deutsche Schlager, Ohrwürmer von Abba und Elvis Presley, von Conny Froboess und France Gall bis hin zum Hit „Istanbul“ von „They might be giants“. In der Band vereinten sich MusikerInnen aus Vorarlberg, der Schweiz und Liechtenstein: Norbert Dehmke (Querflöte), Rachel Wieser (Violine), Christian Hiller (Posaune), Bernhard Klas (Klarinette und Saxophon), Louis Eberle (Trompete und Flügelhorn), Rolf Büchel (E- und A-Gitarre), Stephan Reinthaler (Bass), Fabian Eberle (Drumset) und Leiter Marco Schädler (Tasteninstrumente). Sie alle waren nicht nur eine vorzügliche Unterstützung der Solisten, sondern spielten auf wie ein großes Orchester. 

Starke Stimmen, starke DarstellerInnen

Bei den Solisten bestach Raphael Köb als Bruno Di Abolo, sowohl mit seiner ausgeprägten Bühnenpräsenz als auch mit seiner kraftvollen, voluminösen und sicher geführten Stimme. Ebenso stark waren Stimme und Darstellung der Gina durch die temperamentvolle Klaudia Dodes. Ihre Tanz-Partnerin Gianna von Jasmin Reif erinnerte mit ihrem verschmitzten Spiel und ihrem Kostüm (Caroline Neven Du Mont) an Ingrid Steeger aus der Klimbim Familie und durfte tatsächlich auch als verschämtes Nummerngirl vorbeihuschen. Nur ihre Stimme war sehr viel angenehmer! Perfekt besetzt auch Annette Lubosch als Angelique Kowalsky, die aus der Zeit gefallen zu sein schien – eine höhensichere spielerisch starke Mezzosopranistin mit echten Madame-Attitüden. Ihren Schwiegersohn Jack spielte und sang Oliver Polenz als smarten jungen Mann mit weicher Stimme, Isabella Rapp war eine schauspielerisch starke Charlotte, Christoph Wettstein mit seiner sonoren Stimme ein ruhender Fels als Zugführer Theo. Dem Schaffner Anton gab David Schuler Humor, eine saubere Stimme und viel darstellerisches Talent. Als guter Tänzer erwies sich Markus Kareter und Thomas Beck brachte das Publikum nicht nur als kleiner Italiener mit seinem Abschiedsschmerz zum Lachen. Er amüsierte das Publikum auch gemeinsam mit der Clownin Lisa Suitner in drei Sketch-Spielszenen zum Thema Geld. 
F
azit: Starke Stimmen, starke Musik, starke DarstellerInnen, hervorragende Choreografien und spürbare Spiellust und -Freude bei allen Beteiligten.  

Nächste Vorstellungen:
Freitag, 31. Mai, Samstag, 1. Juni, jeweils 20 Uhr
Derniere am 22. Juni 2019
www. dasmusical.ch