Neu in den Kinos: „Teaches of Peaches" Musikdoku des gebürtigen Vorarlbergers Philipp Fussenegger (Foto: Avanti Media Fiction)
Dagmar Ullmann-Bautz · 11. Nov 2018 · Theater

Miss Sara Sampson – spannender Klassiker am Vorarlberger Landestheater

Virtuose Sprache und unbändige Emotionen, das erlebte vergangenen Freitag ein höchst begeistertes Premierenpublikum am Vorarlberger Landestheater. Mit der dritten Premiere der Saison präsentierte das neue Team um Intendantin Stephanie Gräve den Klassiker „Miss Sara Sampson“ von Gotthold Ephraim Lessing, in der Regie von Tobias Wellemeyer.

Erstes bürgerliches Trauerspiel

1755, im Alter von 26 Jahren, schrieb Lessing das Stück „Miss Sara Sampson“ innert weniger Wochen, inspiriert von französischen und britischen Dramatikern, und schuf damit das erste deutschsprachige bürgerliche Trauerspiel, ein Stück also, indem nicht die Geschichte Adeliger erzählt, sondern erstmals das Privatleben von Bürgern ernsthaft verhandelt wird.

Große Emotionen …

„Miss Sara Sampson“ ist die Tragödie einer jungen, sehr mutigen Frau, die aus der Enge der väterlichen Fürsorge ausbricht und sich für ein neues Leben mit ihrem Geliebten Mellefont entscheidet. Die Figur der tugendhaften und zutiefst religiösen Sara wird ganz wunderbar dargestellt von Rahel Jankowski. Mit großer Natürlichkeit und Authentizität verkörpert sie Leiden, Lieben, Glück und Unglück dieser jungen Frau und schafft es mühelos, die Figur vom 18. Jahrhundert ins Heute zu bringen. Grégoire Gros legt den Lebemann Mellefont höchst aufgewühlt und zerrissen an, man verfolgt sein Tun mit wechselnden Gefühlen und weiß bis kurz vor Schluss nicht, ob er es wirklich ernst mit seiner Sara meint. Großartig, wie er dergestalt die Spannung und Aufmerksamkeit des Publikums auf höchster Flamme hält.

Tolles Ensemble …

Die Liebenden werden verfolgt von Lady Marwood, der ehemaligen Geliebten Mellefonts, die ihn unbedingt für sich zurückgewinnen will. Nanette Waidmann zeichnet gekonnt eine erotische, selbstsichere Frau, die mit allen Mitteln kämpft. Auch Saras Vater Sir William und seiner Diener Waitwell sind dem Liebespaar nachgereist, denn auch Sir William wünscht sich nichts sehnlicher als seine Tochter zurück. Sein Leid, seine Tragödie, stellt Fridjof Stolzenwald mit großer Intensität dar, seinen treuen Diener Waitwell spielt verschmitzt und wohltuend positiv Christoph Hohmann.

Geniale Bühne …

Regisseur Tobias Wellemeyer hat den Klassiker ganz unaufgeregt ins Heute geholt, hat moderne Menschen auf die Bühne gestellt, die Lessings Sprache und Text mit großer Selbstverständlichkeit transportieren, die mit Tempo und Rhythmus ihr Spiel vorwärtstreiben. Man spürt die Begeisterung und die Liebe zu den Figuren, indem Wellemeyer jeder einzelnen höchsten Respekt zollt. Iris Krafts Bühne erschreckt zu Beginn, erweist sich jedoch im Laufe des Stückes als absolut genial bespielbar, sehr einfallsreich und somit auch spannend. Der heruntergekommene, abgetakelte Raum mit seinen Kanten und Ecken, seinen Durchbrüchen und -gängen entwickelt auch Dank der Akzente setzenden Beleuchtung von Arndt Rösler enorme Kraft und Ausstrahlung.

Und einnehmende Musik!

Jan Kersjes schuf dazu eine Musik, welche die Emotionen und Stimmungen des Bühnengeschehens aufnimmt und, genauso wie gute Filmmusik, immens intensiviert.
Zwei Stunden ohne Pause, vergangen wie im Flug, ein klassischer Theaterabend also, der nachhaltig wirkt, wurde vom begeisterten Publikum mit lang anhaltendem Applaus belohnt.

Weitere Vorstellungen:
13.11., 7./30.12., 12.1., 28.2., 13.3.2019
jeweils 19.30 Uhr