Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Dagmar Ullmann-Bautz · 20. Nov 2010 · Theater

Masturbation und Geschlechtsverkehr! - Das Theater Kosmos gewährt Einblicke in die sexuellen Fantasien älterer Herren

Sehr geehrte Leserin, lieber Leser! An dieser Stelle berichten wir normalerweise von Premieren, heute jedoch von der Generalprobe des Stückes „Grado“ vor der Bregenzer Premiere, die letzten Freitag gefeiert wurde. Das Wiener Theater m.b.H. hat Ernst Gustavs Text „Grado“ im September und Anfang November sehr erfolgreich im Wiener Theater Drachengasse gespielt. Augustin Jagg übernahm die Regie und hat die Produktion als viertes Stück der Saison ins Bregenzer Theater Kosmos geholt.

„Grado“ ist der Monolog eines älteren Herrn. Dieser trifft sich in einem kleinen italienischen Hafenrestaurant mit einer Urlaubsbekanntschaft zum Essen. Das hört sich doch erst einmal höchst romantisch an – Sommerhitze, guter Wein, feinstes italienisches Essen, Meeresrauschen. Falsch gedacht. - Gustav Ernst hat aus einem romantischen Abendessen eine männlich triebgesteuerte, aufgeblasene Suada gemacht.

Typisch männlich

Über eine Stunde lang erläutert dieser Herr in schmuddeliger Kaki-Kluft seinem weiblichen Gast präzise und ausführlichst, dass er keinen Geschlechtsverkehr mit ihr möchte - er gebraucht und benutzt sie lediglich als Wichsvorlage, als Anregung seiner Fantasie. Lang und breit seziert er die Grausligkeiten und die Mühsal einer intimen Begegnung, die er sich selbstverständlich so nicht mehr antun mag. Ist ja kein Problem – er könnte es einfach lassen. Wen interessieren seine Befürchtung, die dritten Zähne könnten beim Schmusen herausfallen oder all die anderen körperlichen Unzulänglichkeiten. Das ist doch mal wieder typisch - Mann muss wirklich mit allem prahlen! Als knackiger Jungsporn preist er seine Virilität und Potenz, scharwenzelt um die Frau und erfindet die immer dreisteren Sprüche. Kommt er dann ins Alter und könnte sein Gebaren nun doch etwas lächerlich wirken, dreht er den Spieß einfach um. Wirklich amüsant fand ich den Text nicht. Dass dieser Macho von einer Frau – Johanna Tomek -  gespielt  wurde, hat ihn, sowohl Text wie Mann, erträglicher gemacht.

Tomek und Winter begeistern

Großartig ist die Leistung von Johanna Tomek, die mit atemberaubender Präsenz und darstellerischer Kraft diesen alten Herrn verkörpert. Paul Winter präsentiert nicht nur die passende musikalische Unterstützung, er begeistert als weiblicher Gegenpart. Immer wieder taucht er für Sekunden auf – im kleinen Schwarzen, mit seinem riesigen Akkordeon, und einem Blick, der Bände spricht.
Das Theater Kosmos und die Theater m.b.H. bieten mit „Grado“ einen Theaterabend, den viele äußerst witzig, amüsant und unterhaltend finden werden, aber eben nicht alle. Humor ist nun mal subjektiv!