Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Raffaela Rudigier · 07. Mai 2021 · Theater

Vorarlberger Landestheater: Kürzere Spielrhythmen und Einschränkungen im künstlerischen Bereich

Stillstand durch Corona und dann auch noch Kürzungen der Landes-Förderungen – das Vorarlberger Landestheater durchlebt gerade sehr schwierige Zeiten. Das hat auch direkte Auswirkungen auf das neue Programm der kommenden Spielzeit.

Es musste beispielsweise der Spielrhythmus gekürzt werden, sagt Landestheater Intendantin Stephanie Gräve: „Bisher haben wir im großen Haus eine Art Semirepertoire gespielt, heißt: es wurden 2-3 Produktionen abwechselnd gespielt. Die Stücke waren 6-8 Wochen im Programm. Seit März haben wir auf Ensuitebetrieb umgestellt, mit pandemiebedingten Ausnahmen. Das werden wir weiterführen. Die Mehrzahl der Stücke wird ab kommender Spielzeit nur in einem Zeitraum von circa 14 Tagen zu sehen sein, um finanzielle und personelle Ressourcen zu schonen.“

Darüber hinaus gibt es Einschränkungen im künstlerischen Bereich: „Eine Ensemblestelle und mehrere Gastpositionen wurden gestrichen, die (ohnehin niedrigen) Ausstattungsbudgets gekürzt, bei der Theaterpädagogik wurde der Stundenumfang reduziert, Programmhefte werden nicht mehr gedruckt, sondern sind nur als pdf verfügbar - um einige Beispiele zu nennen."

Coronabedingt dürfen derzeit nur 100 statt 500 Plätze im Landestheater besetzt werden – ein klares Minusgeschäft. Stephanie Gräve: „Die Ausfallförderungen des Bundes (Umsatzersatz) sind nicht so bedeutend, vom Land gab es eben eine Kürzung statt eines Ausfallersatzes - was uns gerettet hat, ist das Kurzarbeitsgeld, das wir während des Lockdowns in Anspruch nehmen konnten.“

Ambitioniertes Programm trotz schwieriger Lage

Trotz der schwierigen Ausgangslage stehen vier vielversprechende Uraufführungen und zahlreiche Premieren auf dem neuen Spielplan des Vorarlberger Landestheaters. Das Motto der Spielsaison lautet „Reden über die Kunst“. Ein Thema das wohl vielen Menschen aus dem Kulturbetrieb nach dem vergangenen Jahr unter den Nägeln brennt. Das Landestheater setzt sich damit in einigen neuen Produktionen explizit auseinander. Zum Beispiel im Stück „All you can be! Eurydike und Orpheus“, einer Koproduktion mit dem TOBS Theater Orchester Biel Solothurn, wo mittels „Physical Theatre“ und Puppenspiel der griechische Mythos auf neue Weise erzählt wird. Stephanie Gräve: „Das Stück enthält die Fragestellung: was vermag Kunst, kann die Kunst (der Gesang des Orpheus) sogar den Tod besiegen?“

Über Kunst wird auch in anderen gezeigten Stücken geredet, beispielsweise im Stück über den deutschen Maler und Fotografen Sigmar Polke, in der musikalischen Produktion „To all tomorrow‘s parties“ über Nico, Andy Warhol und seine Factory, sowie im Projekt über Werner Schwab, welches ihn als Dramatiker und als bildenden Künstler präsentiert. „Aber auch in kleineren Produktionen wie 'Lenz', ein Text, mit dem Büchner eine ganz heutig erscheinende Debatte über Fragen wie Sampling aufwarf (darf ein Werk Versatzstücke benutzen?) oder im Monolog über Frida Kahlo“ gehe es um das „Reden über Kunst“ führt Gräve aus.

Zusammenarbeit mit freier Szene

 Am neuen Spielplan fallen außerdem zahlreiche Kooperationen mit der freien Szene Vorarlbergs auf. Bekannte Namen aus der hiesigen Szene stehen im Programm, beispielsweise Danielle Fend-Strahm vom Theater Café Fuerte, das aktionstheater ensemble, Tänzerin Silvia Salzmann, aber auch Kooperationen mit Institutionen wie Literatur Vorarlberg oder der Feldkircher Saumarkt sind geboten. Stephanie Gräve dazu: „Kooperationen sind für uns wichtig, um trotz des knappen Budgets das Angebot möglichst vielfältig zu gestalten; die Genannten sind einfach allesamt spannende Künstler*innen, die zu unserem Profil passen und es bereichern. Die Zusammenarbeit mit Martin Gruber und dem aktionstheater ensemble z.B. ist ein lang gehegter Wunsch von beiden Seiten, weil es für das Landestheater reizvoll ist, eine so eigenständige, über Jahrzehnte in Vorarlberg/Wien entwickelte künstlerische Position zu präsentieren. Für das aktionstheater ensemble wiederum ist es reizvoll, das Spannungsfeld zwischen ihrer Erzählweise und der bürgerlich konnotierten Guckkastenbühne auszuloten. Grundsätzlich ist es natürlich unsere Hauptaufgabe, dem Vorarlberger Publikum neue Perspektiven und Handschriften zu präsentieren. Ein Landestheater ist kein Produktionshaus für die regionale freie Szene (was meines Erachtens in Vorarlberg fehlt: ein kuratiertes Produktionshaus für performative Kunst, wie die Kaserne Basel, Kampnagel Hamburg etc., das sowohl der hiesigen Szene zur Verfügung steht als auch österreichische und internationale Produktionen zeigt). Die Zusammenarbeit mit kleineren Akteuren wie Literatur Vorarlberg hat einen dreifachen Aspekt: es geht um Vernetzung und gegenseitige Befruchtung, aber als größte Kulturinstitution im Land sehen wir auch eine gewisse Verpflichtung zur Unterstützung.“

Das neue Programm der Spielzeit 2021/22 des Vorarlberger Landestheaters finden Sie zum Download rechts anbei.