Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Dagmar Ullmann-Bautz · 28. Jul 2022 · Theater

Herrlich komisches Horrorstück! Frankensteins Monster auf den Trümmern der Welt beim Festival Poligonale in Hohenems

Zum zweiten Mal findet in Hohenems vom 27. Juli bis 14. August das Open-Air-Festival „Poligonale – The mixed reality festival“ statt. Zur Eröffnung feierte die Eigenproduktion des Festivals seine Premiere im Hof der Volksschule Markt. Das Hybrid-Theater-Drama „Frankenstein“ vereint konventionelles Theater mit Motion Capture und VR-Technik und wird live vertont.

Zwei Schauspielerinnen, ein Musiker und eine Assistentin bestreiten diesen Abend, der größtenteils zu begeistern weiß, sich aber in manchen Szenen leider unnötig in die Länge zieht. Autor und Regisseur Thomas Welte und Co-Regisseurin Pan Selle haben sich mit der Geschichte um Mary Shelleys Frankenstein und den Fragen „Wer ist Monster und wer ist Mensch?“ und „Was genau macht uns zu Menschen?“ auseinandergesetzt. In einer Zeit, in der Robotik und künstliche Intelligenz immer größere Bereiche unseres Lebens erobern, in einer Zeit, in der der Mensch immer mehr seine Umwelt zerstört, haben die Regisseure ein äußerst aktuelles und brisantes Thema gefunden und auf ganz eigene Art auf die Bühne gebracht. Eine Geschichte, ein Thema, das auch zu anschließenden Diskussionen einladen würde, wenn der Theaterabend nur nicht so lange dauern würde - weniger wäre hier mehr gewesen. Nach spannenden und lustigen 90 Minuten haben nämlich sowohl Akteure als auch Publikum noch Energie und Lust sich zu unterhalten, zu diskutieren. Nach 150 Minuten jedoch gehen die meisten lieber nach Hause, was sehr schade ist, insbesondere für das kreative künstlerische Team und das umwerfende Ensemble.

Zum Abbrechen komisch

Welte und Selle nennen ihr Stück eine Sci-Fi Horror Comedy, was Dank einer großartigen Ensembleleistung keiner Worte, keines Textes bedarf, ist es doch gespickt mit unglaublichen Ideen, mit Slapsticks, die zum Abbrechen komisch sind und Momenten, die wahrhaft berühren. Die Bühne von Paul Bianchini und die Kostüme von Kerstin Köck Resch zaubern dazu ein wunderbar einfaches und multifunktionales Fundament.

Perfektion und Kreativität

Ganz im Stile der alten Stummfilme vertont Musiker Bernd Satzinger den über zwei Stunden dauernden Theaterabend live mit E-Gitarre, Synthesizer und Stimme, und dies mit unbeschreiblicher Perfektion und Kreativität. Unterstützt wird er dabei von Christiane Beinl, die, so das Tracking denn funktionierte, den Eisbär steppen ließ. Leider hat am Premierenabend die Technik nicht immer mitgespielt, die Schauspielerinnen haben dies aber grandios überspielt und glattgebügelt.

Beeindruckende Leistung

Großartig die beiden Protagonistinnen - Guylaine Hemmer als Frankenstein und Katrin Jaehne als Frankensteins Monster. Beide schlüpfen mühelos auch noch in weitere Rollen und begeistern mit einem Feuerwerk an Slapstick-Einlagen. Guylaine Hemmer wechselt Gesichter und Körperhaltung wie andere ihre Hemden, sie spielt perfekt die Klaviatur von Mimik und Gestik.
Die Geschichte von Frankensteins Monster als Stummfilm-Slapstick-Comedy beeindruckte das Premierenpublikum, das sich mit langanhaltendem Applaus bedankte. Wir wünschen dem Team weiterhin Glück mit dem Wetter und ganz besonders mit der Technik.

Weitere Termine:
29.07., 31.07., 03.08., 05.08., 07.08., 10.08., 12.08., 13.08., 14.08. jeweils um 20.30 Uhr im Hof der Volkschule Markt, Hohenems
https://poligonale.com/ticket/frankenstein/