"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Walter Gasperi · 17. Mai 2009 · Theater

Hans Weingartners junge Revoluzzer auf der Bühne

Als letztes Stück der Ära Harald Petermichl hat Hanspeter Horner die Bühnenversion von Hans Weingartners Film „Die fetten Jahre sind vorbei“ am Vorarlberger Landestheater inszeniert. – Leidlich unterhaltsam sind die eineinhalb Stunden, aber im Grunde doch nur ein schwacher Abklatsch des Films.

Die Bühne (Ursula N. Müller) ist abstrahiert, reduziert auf den leeren schwarzen Bühnenraum, in dem sich aus einem von Neonröhren gebildeten Kubus mal ein Bett oder ein Zimmer, das renoviert werden soll, als Spielraum herauskristallisiert, mal mit einem Swimmingpool die Villa des reichen Hardenberg oder mit einer gezackten Lichterkette eine Bergszenerie angedeutet wird.
Angedeutet werden auch nur die Aktionen der revoltierenden Jugendlichen, wenn sie am Beginn mit Taschenlampen durch den dunklen Zuschauerraum auf die Bühne stürmen. Mehr verbal vermittelt als sichtbar werden ihre Einbrüche in Villen, aus denen sie nichts stehlen, sondern in denen sie nur Möbel umstellen und die Besitzer in Schrecken versetzen und zum Umdenken bewegen wolllen, indem sie Nachrichten wie „Die fetten Jahre sind vorbei“ oder „Sie haben zuviel Geld“ zurücklassen.

Digest des Films

An Handlung ist alles da, was es in Weingartners Film an Handlung gibt: die Aktivitäten von Jan und Peter (wenn auch weitgehend nur verbal erwähnt), die Annäherung von Jan und Jule beim Renovieren von Jules Wohnung, der Einbruch beim Manager Hardenberg und der Aufenthalt mit dem entführten Hardenberg auf einer Berghütte. - Und doch wirkt die Bühnenfassung wie ein Digest des Films, ein Stück, dem das Fleisch des Films und damit auch sein Leben fehlt.
Man kann eben nicht Eins zu Eins einen Film auf die Bühne übertragen, zu verschieden sind die beiden Kunstformen, in jeder muss in einer eigenen ihr genuinen Form erzählt werden. Weil hier aber keine eigene Bühnensprache gefunden wird, bleibt dort, wo im Film die Unruhe und Nähe der mit der Hand geführten Digitalkamera Unmittelbarkeit und Vitalität erzeugt und den Zuschauer ins Geschehen und den lustvollen Aktionismus der jungen Rebellen hineinzieht, auf der Bühne nur die gut gemeinte und durchaus aktuelle, aber unglaublich plakative und naive gesellschaftskritische Phrasendrescherei des Trios.
Da mögen Stefan Pohl als Jan, Michael Schiemer als Peter und vor allem Sara Livia Krierer als Jule noch so lustvoll spielen, sie bleiben einfach im Gegensatz zu dem im Film von Daniel Brühl, Stipe Erceg und Julia Jentsch gespielten Trio ebenso bloße Funktionsträger wie der von Kurt Sternik gespielte Manager. - Holzschnittartig bleibt die eigentliche Handlung angesichts des erdrückenden Gewichts der platten gesellschaftspolitischen Diskussionen, die Dreiecksbeziehung, die sich entwickelt, bleibt bloße Behauptung, nie kann man sich in die Figuren einfühlen.

DVD statt Theaterbesuch

Ganz nett ist ja die mehrfache Einbeziehung des Publikums ins Spiel, das dabei aufgefordert wird, sich Gedanken über seine gesellschaftliche Position zu machen, ein Seitenhieb auf die "VN", die Anspielung auf den Pfänderhang als Wohngegend der Reichen (im Film ist es Berlin Zehlendorf), aber das bleiben Marginalien, über die man lachen kann, die aber nie aufrütteln. Und auch kaum mehr als ein netter Scherz ist der kurze Auftritt des scheidenden Intendanten Harald Petermichl als Polizeidirektor
Dass Hanspeter Horner in seiner Inszenierung die komödiantischen Momente forciert und dass es ihm um Spaß geht, kann man ihm nicht verübeln und trägt immerhin zum Unterhaltungswert eines Abends bei, der insgesamt sehr harmlos und ohne jede Nachwirkung bleibt. – Harmlos ist sicher auch Weingartners Film, mehr ironisches Spiel mit der Hinfälligkeit von revolutionärem jugendlichem Elan als scharfe Gesellschaftskritik, aber immerhin konnte und kann dieser Film – nicht zuletzt natürlich dank seiner idealen Besetzung – eine ganz andere Portion Lust verbreiten, sodass der Griff zur DVD dem Theaterbesuch ganz sicher vorzuziehen ist.

 

Weitere Vorstellungen: Mi 20. (ausverkauft), Fr 22., Do 28. und Fr 29. Mai,
Sa 06. und So 07. Juni, jeweils 20 Uhr.