Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Dagmar Ullmann-Bautz · 03. Dez 2014 · Theater

Geballte Ladung - Die Premiere von "Angry Young Men" überzeugte am Spielboden

Im Frühling waren es sechs Frauen, die Martin Gruber in seinem Stück "Pension Europa" auf eine spannende Reise entsandte. Gestern waren es sechs junge Männer, die in einem schweißtreibenden Akt die Bühne des Spielbodens eroberten. Das Aktionstheater Ensemble feierte am Spielboden Dornbirn die Premiere von "Angry Young Men", eine Geschichte über Identitätssuche, über die Wut, die in jungen Männern brodelt.

Martin Gruber zeigte zum wiederholten Mal wie man Geschichten bauen muss, wie Schauspieler zu Höchstleistungen zu führen sind, um spannendes, unterhaltsames und gehaltvolles Theater mit großer Kraft und geballter Energie auf die Bühne zu zaubern.

Banale kleine Geschichten


Gemeinsam mit den Schauspielern, dem Autor Wolfgang Mörth und dem Dramaturgen Martin Ojster hat Gruber diesen Theaterabend erarbeitet, kreiert. Wolfgang Mörth schrieb den Text aus den Inhalten, die die Schauspieler erzählten, einen Text mit unheimlich viel Witz und Esprit. Alltägliche kleine banale Geschichten, über Butter oder Margarine, über aufgespritzte Lippen und künstliche Busen, über kleine Jungs, die mit Matchboxautos spielen und die mit Super Mario aufgewachsen sind. Aber irgendwann kippt die Geschichte in eine Ernsthaftigkeit, die wie ein scharf geschossener Pfeil mitten ins Herz trifft. Textpassagen von Holger Meins (RF), Mohammed Atta (Attentäter 9/11), Joseph Goebbels und Anders Breivik verflechten sich mit den Geschichten der Schauspieler und die Aggression steigt, bis sie auch körperlich ausgetragen wird. Und wenn zum Schluss die vielleicht noch lebenden oder auch toten Männer von vier wunderschönen halbnackte Frauen - die Jungfrauen im Paradies - massiert werden, dann ist dies für die meisten weiblichen Zuschauer eine unheimliche Provokation, für viele Männer jedoch ein absolut schlüssiges Ende.

Großartige Schauspieler


Sechs einfache schwarze Aluliegen, ein Schlagzeug und zwei Gitarren - mehr braucht es auch nicht auf dieser Bühne, wenn Schauspieler und Musiker sich derart verdichtet und ungemein stark präsentieren. Diese Einfachheit ist bestechend und konzentriert so die gesamte Aufmerksamkeit auf die sechs jungen Männern, die ihre Wut austoben und rauskotzen. Der Musiker Andreas Dauböck brilliert nicht nur an Schlagzeug und Gitarre oder überzeugt mit seiner beeindruckenden Stimme, auch die von ihm geschriebene Musik ist grandios. Alexander Julian Meile und Andreas Jähnert kennt der Theaterbesucher vom Landestheater und es ist großartig die beiden mal in einer ganz anderen Produktion zu erleben. Es kocht, es gärt, es schwellt in Meile von der ersten bis zur letzten Sekunde. Er arbeitet sich ab an seinen Frauengeschichte und man hat das Gefühl, dass er endlich all das Ausspielen kann, was sich in den letzten Jahren so angestaut hat - herrlich komisch und auch tieftraurig. Andres Jähnert begeistert mit großartiger Mimik und körperlicher Gewandtheit, mit der kindlichen Freude und fieser Hintergründigkeit, wenn er seine Matchboxautos im Schraubstock kaputt macht. Wolfgang Fahrner überzeugt als Schauspieler, Sänger und als Tänzer. Sein Körper schwebt über die Bühne  und kein noch so erdrückender Text hält ihn im Zaum. Fabian Schiffkorns Wut auf Butter, die nicht streichfähig ist, ist zum Brüllen komisch, genauso wie die Schildkröte seines Freundes, die der Mutter in den Zeh gebissen hat. Sein vibrierender Körper erzählt eine ganz andere Geschichte - ein Gedicht! Und last but not least der fantastische Philipp Stix, der lange nur im Hintergrund weilt und plötzlich immer präsenter wird, das Gefühl einer tickenden Zeitbombe vermittelt.

Das Publikum ist begeistert und zeigt dies in jubelndem Applaus.

 

Aktionstheater Ensemble
"Angry Young Men"
Do, 4.12. und Fr, 5.12., jeweils 20.30 Uhr
Spielboden Dornbirn