Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 30. Nov 2014 · Theater

Zauberhafter „Zauberer von Oz“ – Umjubelte Premiere des Weihnachtsmärchens am Vorarlberger Landestheater

Auf Modernismen verzichtet Guillermo Amaya in seiner Inszenierung von Lyman Frank Baums Musical „Der Zauberer von Oz“ völlig, setzt weniger auf Handlungsentwicklung als vielmehr auf verspielte Details und Einzelszenen, in denen ein starkes Ensemble schauspielerisch und stimmlich brilliert. – Das Publikum reagierte mit Szenen- und begeistertem Schlussapplaus.

Dass der Spanier Guillermo Amaya weder Interesse an Modernisierungen noch an überflüssigen Schnörkeln hat, lässt schon die Auftaktszene erahnen. Wie in der 1900 erschienen Vorlage spielt das Stück in Kansas, das Bühnenbild (Hannes Neumaier) ist auf einen gelben Hintergrund mit knorrigem Baum und Windmühle, eine leuchtend rote Scheune und ein grün-gelbes Maisfeld reduziert. Sehr einfach gehalten ist das, aber gerade dadurch sehr klar und plastisch und erfreut mit Details, wie dem anschwellenden Pfeifen des Windes und dem sich immer schneller drehenden Windrad, das den sich nähernden Sturm ankündigt.

Kindgerechte Einfachheit

Vorgestellt werden in dieser Szene auf der Farm auch die acht Figuren, mit denen Amaya auskommt und denen die junge Dorothy (Lisa-Maria Sexl) in der Märchenwelt, in die sie durch den Sturm oder im Traum versetzt wird, in verwandelter Gestalt wieder begegnen wird.
Eindrucksvoll und für kleinere Kinder wohl auch etwas beängstigend, lässt Amaya den Tornado über ein schwarzweißes Video über die Farm hereinbrechen, bezieht mit Lichtspielen auch den Zuschauerraum in das dramatische Ereignis ein. Überrascht findet sich Dorothy nach dem Sturm in einem Märchenland wieder, in dem sie auf eine Vogelscheuche (Sascha Werginz) trifft, die gerne Verstand hätte, einen Blechmann (Alexander Linhardt), der sich nach einem Herz sehnt, und einen Löwen (Lukas Kientzler), der keinen Mut hat. Mit diesem in seinen Schwächen allzu menschlichen Trio bricht Dorothy auf dem „Yellow Brick Road“ zum Zauberer von Oz (Wolfgang Pevestorf) auf, der ihre Wünsche erfüllen soll, muss aber auch gegen eine böse Hexe kämpfen.

Farbenpracht und starker Gesang

Amaya folgt weitgehend Victor Flemings legendärem Musicalfilm „The Wizard of Oz“, der heuer seinen 75. Geburtstag feiert, arbeitet wie dieser Technicolorfilm mit starken Farbakzenten und übernimmt auch mit neuen deutschen, für das Vorarlberger Landestheater geschriebenen Liedtexten dessen Melodien von „Over the Rainbow“ über „We´re Off to See the Wizard“ bis zu den drei Solos von Dorothys Gefährten.
Szenenapplaus riefen hier nicht nur der aus dem Off von den Musikern Ivo Bonev, Stefan Halbeisen, Sdravko Kulow und Norbet Dehmke musikalisch unterstützte Gesang hervor, sondern auch wie Sascha Werginz die Vogelscheuche mit Gummibeinen oder Alexander Linhardt den einegerosteten Blechmann, der erst langsam durch Öl an Beweglichkeit gewinnt, spielen.

Liebevolle und verspielte Details

Es sind neben der auf jeder Position perfekten Besetzung, aus der Werginz, Linhardt und Steffi Staltmeier als ganz in Schwarz gekleidete böse Hexe herausragen, solche liebevollen und verspielten Details, von denen diese Inszenierung lebt. Da blitzen auf einem Baum im Märchenland Augen in unterschiedlichen Farben auf, und mehrfach treten Dorothy und ihre Gefährten vor die Bühne, sodass hinter ihnen auf einer Leinwand mehrfach der „Yellow Brick Road“, aber auch in Art eines Brettspiels der weite Weg zum Zauberer oder ein leuchtend rotes Mohnfeld, auf das plötzlich Schneekristalle niederrieseln, eingespielt werden können.
Lustvoll wird von der Vogelscheuche mit Worten gespielt und beiläufig sorgt Dorothys Hund Toto (Maximilian Berlinger) immer wieder für Witz. – Ein großes Vergnügen für Jung und Alt, das ganz ohne erhobenen Zeigefinger nicht nur vom Wert der Freundschaft erzählt, sondern auch Mut macht und Selbstbewusstsein stärkt, indem man zusehen kann, wie Schwächen und Mängel überwunden werden.