Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Dagmar Ullmann-Bautz · 28. Sep 2014 · Theater

Geballte Frauenpower! - Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" am Vorarlberger Landestheater

Seit Beginn seiner Intendanz vor fünf Jahren, und damit schon aus guter Tradition, eröffnete Direktor Alexander Kubelka mit einer Eigeninszenierung die neue Spielzeit am Vorarlberger Landestheater. Mit der Premiere von William Shakespeares "Ein Sommernachtstraum", für den er auch das Bühnenbild entwarf, startete er am Samstagabend in seine sechste Saison.

"Der Sommernachtstraum", eine märchenhafte Komödie, die Shakespeare anlässlich einer Hochzeit geschrieben hat, beinhaltet mehrere Ebenen, spielt in der Realität und in einer Fantasiewelt, erzählt von Männern und Frauen, die sich lieben und hassen bis zur Raserei, von Männern die sich einfach nehmen, was sie wollen und von Frauen, die sich fügen. An dieser Stelle hat Regisseur Kubelka das Stück entstaubt. Seine Shakespeare-Frauen wehren und widersetzen sich, sind stark und stolz, behaupten sich und lassen sich nicht in das für sie bestimmte Korsett zwängen.

Verschiedene Welten


Das Bühnenbild ist mächtig und erzählt von verschiedenen Welten, von der Stadt Athen mit grauen, schon von Schimmel befallenen hohen Mauern, vom Zauberwald, so wolkig-duftig leicht und doch weiß und kühl, von dunklen Nächten und hellen Tagen. Die Ecke des Musikers birgt den einzig bunten Fleck. Wasser dominiert, tropfend als Videoprojektion am Anfang und in einem großen Becken mitten auf der Bühne, das als Spiel-, Tummel- und Kampfplatz für die Liebenden dient. Lichtgestalter Jürgen Nase beleuchtet präzise die Szenerie, spielt aber nicht mit den Möglichkeiten und unterstreicht so das bewusst nüchtern gehaltene Ambiente. Die Kostüme von Andrea Hölzl sind einfach nur schön, assistieren den Figuren, ehren und stärken sie und fügen sich stilgenau in das Bühnenbild ein.
Die Musik von Boris Fiala und Viz Michael Kremietz entführt in überirdische Klangwelten, die sich nie in der Vordergrund spielen, aber immer präsent sind. Fialas Soundkompositionen kommen vom Band, während Kremietz live, mit nicht oft zu sehenden Natur-, Streich- und Schlaginstrumenten, Töne zaubert.

Verschiedene Facetten


Der Theaterabend hat verschiedene Facetten, er startet etwas holprig, spielt sich aber großartig warm und entwickelt Esprit, Witz und Charme, franst jedoch gegen Ende leider etwas aus. Man merkt, dass der Regisseur viel Aufwand in der Arbeit mit den Liebenden betrieben hat, jede Geste, jeder Blick sind genauestens ausgetüftelt und einstudiert und das macht das Zuschauen äußerst spannend und kurzweilig. Leider blieb dadurch anderes ein wenig auf der Strecke, wie z.B. die Handwerkerszenen, die so auch nicht die notwendige Aufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen konnten. Adelheid Bräu darf als Schnauz nicht ihr gesamtes Repertoire zeigen, während ihr erster Elf eine ganz wunderbare Figur abgibt. Der Squenz, sauber gespielt von Emanuel Fellmer, hätte noch Potential, ebenso die von Sascha Werginz tadellos dargestellte doch eher nüchterne Figur des Flaut. Gleiches gilt für Wolfgang Pevestorf  als Schnock und Willi Kiesenhofer als Schlucker. Einzig Zettel, der aus der Rahmenhandlung heraus- und in die Elfenwelt eintritt, sticht da heraus – ganz großartig Stephan Bieker als herrlich komischer, überaus erbarmungswürdiger Handwerker, Esel und liebeskranker Pyramos.
Und auch die Kids des Jugendklubs sorgen als Elfenschar für Charming Moments.

Die Idee, Puck als Putzfrau in Mantelschürze und mit Staubsauger auftreten zu lassen, irritiert anfangs zwar, erschließt sich aber großartig im Laufe der Geschichte. Michael Stange spielt diese Figur, wie auch seinen Philostrat, mit großer Nonchalance und ebensolcher Wirkung. Auch Martin Brachvogel überzeugt als Theseus und ganz besonders als Heulsuse Oberon – einfach nur köstlich. Sehr stark Laura Mitzkus. Ihre Hippolyta und Titania bannen den Blick, ihre Ausstrahlung hält gefangen. Hermia, die so geprüfte und genarrte junge Frau, wird von Alexandra Maria Nutz sehr beeindruckend, mit weit ins Publikum reichender Strahlkraft, dargestellt. Steffi Staltmeier stattet ihre Figur der Helena mit Facettenreichtum aus und verleiht ihr immense Stärke.
Bei der geballten Frauenpower haben es die Männer nicht eben leicht, doch sie bestehen tapfer - Sébastien Jacobi toll als Unsympath Demetrius und Nico Ehrenteit als herrlich luftiger Lysander.

Ein Theaterabend, der durchwegs großartige Momente bot, es aber am Premierenabend noch nicht ganz schaffte, die Spannung der dreistündigen Aufführung bis zur allerallerletzten Sekunde auf einem zugegebenermaßen hohen Niveau zu halten.