Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Anita Grüneis · 04. Mär 2018 · Theater

Eine amüsante und rasante „Sommernacht“ im TAK mit viel guter Musik

Sie gießt den Bühnenboden mit der Gießkanne, er besprüht die Bühnenluft mit einem Raumspray. Sie mimt eine erfolgreiche Anwältin, er einen Straßenmusiker. Jeder von ihnen ist offiziell 35 Jahre alt. Sie wartet auf ihre (verheiratete) Liaison, er hat dunkle Gedanken im Kopf und ein dunkles Bier vor sich. Beide wissen: „Love will break your heart“. Und darüber singen sie auch in dieser „Sommernacht” im TAK. Und sprechen über ihre Gefühle, ihre Beziehungen und ihre Geschichten. Schon lange nicht mehr war ein Theaterabend im Schaaner TAK so kurzweilig, amüsant und temporeich.

Patricia Bernecke inszenierte das Stück mit Musik „Eine Sommernacht“ von David Greig und Gordon MacIntyre als spielfreudige, rasante Erzählung, bei der die beiden Schauspieler Monika Wiedemer und Peter Posniak zu Erzählern ihrer eigenen Liebesgeschichte werden, wobei sie sich immer wieder korrigieren und durch Zeitsprünge unterbrechen. Für diese beiden scheint eines klar zu sein: Die Zeit für Abenteuer ist vorbei. Oder etwa doch nicht?

Das Publikum schaut zu, wie sich die Scheidungsanwältin Helena und der Kleinkriminelle und Straßenmusiker Bob kennenlernen, einen One-Night-Stand (mehr oder weniger) miteinander genießen, sich im wahrsten Sinne danach auskotzen, auseinandergehen, und dann zufällig wieder aufeinandertreffen um eine erneute Nacht miteinander zu verbringen, allerdings auf ganz andere Art. Wie sie dabei zwischen Ich und Erzähl-Ich hin und her schwenken, miteinander (hervorragend) singen, sich gegenseitig anziehen oder auch abstoßen, zwischen all dem Agieren auch noch eine Metaebene hineinschieben, das ist schon sehr bemerkenswert. 

Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau

Die Helena von Monika Wiedemer ist eine gestandene Frau, die weiß, was sie will, auch wenn sie nichts will - oder vielleicht doch? Einen Mann unmissverständlich zu hemmungslosem Sex aufzufordern, ist für sie kein Problem, und doch sagt sie dann im Bett: „Danach ist sie in seinem Arm und spürte wieder diese Einsamkeit“.  Die Enttäuschung wird zu ihrer Grundhaltung, nur manchmal fühlt es sich für sie so an, als wäre doch Leben in ihr. Dann fragt sie sich, was geschehen würde, wenn sie wirklich neues Leben in sich hätte und es lieben müsste ... Ein Schwangerschaftstest macht auch diese Hoffnung (oder Angst) zunichte. 

Der Mann ist ein Romantiker

Der musikalische Halunke Bob ist bei Peter Posniak ein liebenswerter Tollpatsch, der irgendwann in einer romantischen Grundstimmung hängengeblieben ist. Nach der wilden Nacht lässt er die Puppe Elmo für sein "bestes Stück" sprechen und hört, wie sie/es sagt: „Zusammen sind wir 70. Ich hab’ es so satt. Ich wünsche mir zwei Hände, an die ich mich gewöhnen kann“. Nicht nur sein bestes Stück, auch Bob selbst sehnt sich nach Vertrautheit, sucht nach dem Kuschelfaktor und funktioniert dann doch im Sex-Modus. Selten wurde eine Sexszene so eindeutig und doch so witzig auf der Bühne gezeigt. Da war nichts Peinliches, auch nichts Kurioses, das war einfach gut.

Ist das alles? Nein! Change is possible

Bei all der Rasanz und den wechselnden Szenen wurde klar, dass sie es nicht leicht haben, die 35-Jährigen. „Ist das alles?“, fragen sie immer wieder. Wenn man mit 35 einsehen muss, dass nichts mehr aus einem wird, dann wird sogar der Spruch an einer Parkhauskasse interessant: „Change is possible“. Wenn die beiden dann am Schluss wirklich zusammen eine Reise unternehmen, dann wissen sie genau, dass sie nicht in den Sonnenuntergang fahren, aber Amsterdam kann ja auch schön sein und ist so fern von Edinburgh. Und überhaupt: einmal ausbrechen, das tun, was man sich sonst nicht traut, der Intuition folgen und einfach nur dasein. Mittendrin. Dann hat das Leben so viel zu bieten!