Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Dagmar Ullmann-Bautz · 10. Dez 2018 · Theater

Eindrucksvoller Hochseilakt – Das aktionstheater ensemble im Dornbirner Spielboden

Was war das für ein Abend! Man wünschte sich, er möge niemals enden. Unter dem Titel „Vier Stücke gegen die Einsamkeit“ präsentierte das aktionstheater ensemble im Dornbirner Spielboden ein Quartett ihrer letzten Produktionen mit jeweils zwei Stücken an vier nach einander folgenden Abenden.

Ein Feuerwerk

Eine großartige Idee, vor ihrem Jubiläumsjahr 2019, in dem das Ensemble sein 30-jähriges Bestehen feiert, nochmals so eine geballte, ja bombastische Leistungsschau zu präsentieren und damit allen Theaterfans ein großartiges Geschenk zu machen. Zu gerne hätte ich alle vier Stücke gesehen, habe es aber leider nur zum letzten Abend geschafft, an dem sich vor einem berstend voll besetzten Zuschauerraum mit „Die wunderbare Zerstörung des Mannes“ und „Ich glaube“ zweimal 80 Minuten lang ein Feuerwerk an Schauspielkunst, Ideen, Witz und Emotionen entspann.

Noch mehr Schärfe

Regisseur Martin Gruber hat bei beiden Stücken nochmals nachgelegt. Waren schon die Premieren der Stücke beeindruckend und fesselnd, so hatten diese Wiederaufnahmen nochmals mehr Schärfe, waren noch intensiver auf den Punkt gebracht. Hatte man schon beim ersten Mal das Gefühl, wie gekonnt das Ensemble auf dem sehr schmalen Grat zu tanzen vermochte, so war es diesmal kein Grat, sondern ein Hochseil, auf dem die Akteure sich mit absoluter Sicherheit und großer Eleganz bewegten. Ich habe Tränen gelacht und auch geweint, ich war bewegt und hingerissen.

Fingerspitzengefühl

Andreas Jähnert, Sascha Jähnert, Thomas Kolle, Peter Pertusini, Fabian Schiffkorn und Benjamin Vanyek erzählen in „Die wunderbare Zerstörung des Mannes“ Geschichten von Träumen und Wünschen, sind ganz stark und auch sehr schwach, zeigen ihre Ängste und Phantasien mit allergrößter Wahrhaftigkeit und Präsenz. Sie tanzen, sie sprechen, sie singen, sie schreien, sie entblößen Körper und Seele. Mit seinem so außergewöhnlichen und absoluten Fingerspitzengefühl hat Martin Gruber den Männern die Hosen ausgezogen - ein Akt der Befreiung, der Hochachtung verdient.

Emotionale Reise mit wunderbarer Musik

Und auch in „Ich glaube“ agieren Susanne Brandt, Alev Irmak, Martin Hemmer, Benjamin Vanyek und Babett Arens, die für Claudia Kottal eingesprungen ist, einfach meisterhaft, sie spielen sich sprichwörtlich die Seele aus dem Leib und nehmen das Publikum mit auf eine emotionale Reise wie sie intensiver nicht sein könnte.
Was dem ganzen Abend noch zusätzliche Glanzlichter bescherte, waren die Musik und Arrangements von Kristian Musser, die großartigen Musiker und die Stimme der Sängerin Nadine Abado/Ph Lion.

Große Erwartungen

Das aktionstheater ensemble hat sich mit den „Vier Stücke gegen die Einsamkeit“ bei seinem Publikum bedankt, „denn ohne euch wär das ganze nur Onanie“, wie Martin Gruber hochemotional und gerührt konstatierte und damit eine Ära beendete, die spannend war, aufregend, berührend, immer wieder herrlich komisch, anregend, inspirierend, einfach großartig!
Und Gruber verspricht: „Ab nächstem Jahr wird es Neues geben!“ - Dem man mit Gewissheit voller Erwartung entgegenblicken darf.
Ich gratuliere erst mal zu 29 Jahren intensivstem Theaterleben und -erleben und bin gespannt auf das, was noch alles von Grubers funkensprühender Theaterschmiede kommen mag!