Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 11. Dez 2018 · CD-Tipp

Laura Gibson: Goners

You can pull me aside, hold me like a wounded bird, but I am not a prize, I am not harmless”, ließ Laura Gibson auf ihrem exzellenten 2016-er Album „Empire Builder” drohend und selbstbewusst verlauten – diesen Faden spinnt sie nun auf dem aktuellen Video zur ersten Single-Auskopplung „Domestication” des neuen Albums „Goners“ weiter. Eine sittsam zurückhaltende und unterwürfige Gruppe von Frauen – sie scheinen allesamt Grant Woods Gemälde „American Gothic“ entstiegen zu sein – lässt sich bei Tisch von einem arroganten und machtbewussten Patriarchen herumdirigieren, ehe sie schlagartig alle Unterwerfungsgesten fahren lassen und mit ihrer zurückgewonnenen Wildheit dem Macho buchstäblich das Maul stopfen.

Liebe, Trennung, Verlust, Enttäuschung, schicksalshafte Begegnungen und schmerzhafte Abschiede – all die Facetten zwischenmenschlicher Beziehungen bis hin zur unvergänglichen Trauer um ihren Vater, den sie im Teenageralter verloren hat, fasst die 39-jährige Singersongwriterin in auf mehreren Ebenen lesbarer Lyrik, oft auch mit einem Zug ins irgendwie Verschrobene, Traum- und Zauberhafte. Ihr Masterstudium in „Fiction Writing“ war ihr da wohl von Nutzen, vor allem was die dramatischen Entfaltungsmöglichkeiten der Songs betrifft. Die Düsternis der Themen – mit „goners“ bezeichnet man ja Sterbende – steht nämlich in einem reizvollen Kontrast zur grundlegenden Wärme der musikalischen Ausgestaltung. So setzt die in Oregon aufgewachsene und in New York lebende Laura Gibson auf feinsinnige, elaborierte Arrangements, die sich von reduzierten Gitarren- oder Pianopassagen bis hin zu farbenreichen, kunstvoll mit Streichern, Bläsern und interessanten perkussiven Elementen angereicherten Kammer-Folk-Kleinoden erstrecken. Mit ihrer ausdrucksstarken, berührenden, vom Klang her manchmal etwas an Joanna Newsom erinnernden Stimme schafft sie mühelos den Spagat zwischen intimer Emotion und cooler Distanziertheit und verpasst so jedem der zehn neuen Songs die perfekt passende Atmosphäre. Zum Sterben schön!

(City Slang/Universal)