Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Thorsten Bayer · 05. Sep 2012 · Theater

„Ménage à trois“ im Garten Eden – ein innovatives Stück am Premierentag des Luaga & Losna-Festivals

Eine „gradualistische Annäherung an eine Ehe“, so der wörtliche Titel, bot die junge Dänin Astrid Kjær Jensen im Theater am Saumarkt. Mit drei Handtellerpuppen interpretierte sie kunstvoll eine persische Legende, die den auch im Westen bestens vertrauten Protagonisten Adam und Eva eine dritte Figur hinzufügt: Lilith, das verführerische Vollweib. Unterstützt von Annemie Twardawa, ihrer Kollegin aus Schauspielstudium und der Puppenspielkompanie „Handmaids Berlin“, deutete die sympathische Künstlerin in dem ungewöhnlichen Solostück ihr großes Potential an.

Ein rüpelnder Adam, der Eva gegenüber partout auf der Missionarsstellung beharrt und ihr, als diese sich weigert, im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf verdreht – mit klassischen Bibelgeschichten hatte die gestrige Aufführung im Theater am Saumarkt wenig gemeinsam. In ihrem Zentrum stand Lilith, die einer persischen Legende zufolge die erste Frau Adams war. Der Clou: Während Eva aus Adams Rippe geschaffen wurde, entstand Lilith zur selben Zeit und aus demselben Material wie er. Und schon beginnen die Probleme: Lilith, auch als Handpuppe deutlich als Vamp zu erkennen, der die Männer bzw. in diesem Fall mangels Masse nur den einen Mann in den Wahnsinn treibt. Auf einmal ist sie weg. Ermordet von einem tobenden Adam? „Das ist eine mögliche Interpretation“, sagt Astrid Kjær Jensen im Publikumsgespräch im Anschluss an das rund 40-minütige Stück.

Symbolik und Spontaneität

Generell lässt das Stück viele Fragen offen – ein bewusstes Vorgehen der 29 Jahre alten Künstlerin. Manche Szenen des Stückes, das komplett ohne Dialoge auskommt, bleiben etwas rätselhaft. Und manches Mal ist auch gar keine Symbolik, wo sie der Kritiker vermutet: Warum hat sie beispielsweise statt des klassischen Apfels eine Zitrone als Objekt der Verführung gewählt? „Ach“, erzählt sie mit einem Lächeln. „ das hat keine tiefere Bedeutung. Ich habe diese Plastikfrüchte als erstes in einem Laden entdeckt und zugegriffen.“

Anderthalb Monate hat sie an diesem Stück gearbeitet, das zunächst mit Marionetten geplant war und übrigens 2010 beim Homunculus-Festival in Hohenems mit dem Rudolf-von-Ems-Preis ausgezeichnet wurde. Ein sehr bemerkenswerter Einstand für ein Stück, das sie als Zwischenprüfung nach zwei Jahren an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin vorlegte.

Fein nuanciertes Spiel

Wichtig war ihr außerdem bei der Konzeption, auf einer Leiter sitzen zu können. Als Inspiration dienten ihr Pariser Straßenkünstler, die auf Stelzen unterwegs sind. Das hat sie umgesetzt. Die Bühne, die den Garten Eden zeigt, ist zwischen ihren Beinen gebaut. Beeindruckend ist Jensens Fingerfertigkeit, die jedem der sehr unterschiedlichen Charaktere sein unverwechselbares Profil verleiht. Nach dem Vollweib Lilith kommt Eva deutlich spröder, biederer daher. Sie spürt, dass sie Adam nicht genügt und fleht Lilith in einem bewegenden Song an, ihr nicht den Mann wegzunehmen. Eine der stärksten Szenen des Abends: Eva schlägt dazu die Saiten einer knallroten Ukulele an, Lilith greift die passenden Akkorde. Der einzige Moment, in dem an diesem Abend direkte verbale Kommunikation eine Rolle spielt. Warum diese Ausnahme? „Ich wollte einfach unbedingt diesen Song einbauen“, sagt Astrid Kjær Jensen mit einem kokett schuldbewussten Blick. Das Publikum nahm jedenfalls diese Szene wie alle anderen sehr positiv auf und spendete begeisterten Applaus.

Das Festival geht weiter

Das Luaga & Losna-Festival dauert noch bis zum Samstag, 8. September und wird am heutigen Mittwoch fortgesetzt mit der Premiere des Tanztheaterstücks „Klein Anders“ des Nenzinger Theaters Minimus Maximus (Leonie Humitsch, Natalie Fendt, Aleksandra Vohl, Matthias Bitschnau und Johannes Rausch). Das Stück für Menschen ab 4 Jahren beginnt um 17 Uhr im Pförtnerhaus Feldkirch.

 

Weitere Termine und Informationen zum Festival
www.luagalosna.at


Die Legende von Adam und Lilith (englisch)
www.unicorngarden.com/bkshe4.htm


Details zur Berliner Puppenspielkompanie von Astrid Kjær Jensen
www.handmaids-berlin.de