Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Peter Füssl · 14. Jun 2009 · Tanz

Von Hühnern und Menschen – Das tanz ist Festival ging mit einer witzig-schrägen Performance der Kompanie Ayelen Parolin zu Ende

Das von Günter Marinelli am Dornbirner Spielboden kuratierte tanz ist Festival bot vom 5. bis 13. Juni jede Menge Schräges, Außergewöhnliches und radikal Witziges. Die vom Grazer Opernballett-Direktor Darrel Toulon geleitete „alpha group“ überzeugte mit einer multimedialen Tanzperformance, die durch den großen Altersunterschied zwischen der blutjungen, wunderbar tanzenden Clemmie Sveass und dem 67-jährigen Ralf Harster einen ganz besonderen Reiz entwickelte. Julia Mach bewies im Duo mit Filip Szatarski, dass sie völlig zurecht zu den perfektesten Tänzerinnen – nicht nur im Alternativbereich – gezählt wird. Der mit Spannung erwartete Abend mit der „Grand Dame“ der zeitgenössischen finnischen Tanzszene war insofern probelmatisch, dass der „Part 1“ ihres jüngsten Stückes „Onni-Bonheur-Happiness“ praktisch ein reines Sprechstück ist und die tänzerische Umsetzung des Ganzen in „Part 2“ aus Zeitgründen nicht gezeigt wurde. Eine Fehldisposition, die mit dem abschließenden „SMS and LOVE“ der gleichermaßen witzigen wie radikalen Kompanie Ayelen Parolin aus Brüssel wieder vergessen gemacht wurde.

Hühner werden zu Menschen ...

Eine knapp bekleidete Frau sitzt am Küchentisch und lässt ein rohes Hühnchen die verschiedenartigsten Tanz- und Flugbewegungen ausführen, während sie es mit einer Küchenschere zurecht schnipselt. Dabei nimmt das tote Geflügel – lässt man es auf zwei Beinen tanzen – verblüffenderweise durchaus eine gewisse Menschenähnlichkeit an. Dies war aber erst das Vorspiel zu einer völlig schrägen Performance, in der sich die Dinge neuerlich, diesmal absurd auf die Spitze getrieben, verkehrten.

... und Menschen zu Hühnern

Denn nun stolzierten Ayelen Parolin, Viviana Moin und Leslie Mannès splitternackt als Hühner auf die Bühne und imitierten umwerfend komisch die Gepflogenheiten des Federviehs, die sie wohl wochenlang auf einschlägigen Bauernhöfen mit glücklichen Hühnern studiert haben müssen. Dazwischen kippte das Ganze immer wieder auf die ernstere Seite mit kleinen Studien zu Macht und Manipulation und zur medial entfachten, hemmungslosen Sensationsgier. So hatte denn auch Francois Declerq trotz „Frauen“-Überschuss als Gockel wenig Grund zur Freude.

Selbstentblößung à la „Big Brother“

Schließlich steigerte sich „SMS and LOVE“ zu einer wuchtigen Parodie auf die Selbstentblößungsshows, die global weit bedrohlicher wüten als die Vogelgrippe. Jede/r manipuliert und wird manipuliert, und schließlich werden die aufgeregten Hühner zu Kannibalinnen und streiten sich um ein gebratenes Hühnchen, das sie buchstäblich in der Luft zerreißen. Rückschlüsse auf das menschliche Dasein drängen sich auf, wenngleich die skurrile Performance der Kompanie Ayelen Parolin weit frecher und witziger war, als das von manchen Medien täglich in die gute Stube gelieferte Schwachsinns-Menü. Dort bleibt einem dann manchmal wirklich das Lachen im Halse stecken.