Schönberg und Jazz im Rittersaal
Jubel für das David Helbock Trio im historischen Ambiente
Viele Jazzbegeisterte folgten der Einladung zu den Schattenburgkonzerten, wo der Pianist David Helbock mit einem speziellen Trio aufwartete. Er musizierte mit der herausragenden, vielfach ausgezeichneten Jazz-Schlagzeugerin Eva Klesse. Und anstatt des Kontrabasses, der üblicherweise ein Klaviertrio ergänzt, spielte Johannes Bär am Sousaphon. Diese Besetzung allein war schon eine Klasse für sich. Doch auch bei der Werkzusammenstellung hat sich David Helbock etwas Besonderes einfallen lassen. Anlässlich des 150. Geburtstages von Arnold Schönberg im Jahr 2024 konzipierte er ein Programm, das von dessen „Sechs kleine Klavierstücke“, op. 19 bis zu einer „Schönberg-Suite“ von David Helbock führte. Aus Schönbergs Kompositionen schöpften die Musiker:in die motivischen Ausgangsgedanken und führten sie geistreich und mit bewundernswerter Energie in ihre eigene improvisatorische Welt. Die kraftvolle, virtuose und klangsinnliche Musik begeisterte die Zuhörenden restlos.
Der Pianist David Helbock hat immer originelle Ideen, wenn es darum geht, Komposition und Improvisation oder Klassik mit Jazz zu verbinden. Instrumentationstechnisch gelang ihm mit der Triobesetzung Klavier, Drums und Sousaphon ein besonderer Clou. Johannes Bär spielt das Sousaphon so vielseitig und virtuos, singt darauf, entlockt ihm animalische Laute sowie Geräusche und bietet dem Pianisten und der Perkussionistin mit einer sagenhaften Technik oftmals ein starkes, perkussiv-rhythmisierendes Fundament. In mehreren Passagen schien es, das Sousaphon, das weit über den Kopf des Spielers hinausreichte, entwickle ein Eigenleben.
Melodie betonende Schlagzeugerin
Am Schlagzeug begeisterte die deutsche Jazz-Schlagzeugerin Eva Klesse mit ihrer hellwachen und flexiblen Spielart. Rhythmisch prägnant und kreativ ließ sie immer wieder aufhorchen. Am meisten beeindruckten ihre vielfältigen Mittel, mit denen sie die Becken bespielte und aus ihnen die unterschiedlichsten Sounds herausholte. Flächig und mit ausgeprägten melodiösen Qualitäten bereicherte sie den Klang der Triobesetzung.
David Helbock am Klavier bot bei allen Stücken die ausschlaggebenden Impulse. Faszinierend entwickelte sich im ersten Set die Musik.
Waghalsige und spannungsgeladene Beziehungen
Ausgangspunkt bildeten Schönbergs „Sechs kleine Klavierstücke“, op. 19. Darin schuf er aus dem Moment heraus kleine Miniaturen, die reduziert auf wenige Ideen ein enormes Potenzial zur Weiterentwicklung beinhalteten. David Helbock, Johannes Bär und Eva Klesse nahmen die Impulse freudvoll auf und führten sie weiter. Die Klavierstücke boten viele Anreize, diese Jazz-musikalisch weiterzudenken. Mit gegenläufigen Bewegungen, harmonisch spannenden Fortspinnungen sowie mit vielerlei Dialogen nahmen die Triomusiker:in Motive auf. Sie verdichteten sie mitreißend und lösten sie wieder auf, stets sehr flexibel aufeinander reagierend. Kurzweilig und intensiv wirkten die drei zusammen und verströmten dabei eine kraftvolle Energie.
Nach einer kleinen Ruheinsel mit einem Werk von Thelonious Monk sowie David Helbocks Komposition „Dancing to Another Space“, das mit einer eindrücklichen suchenden Geste, ohne Fundament eingeleitet wurde und sich allmählich Raum verschaffte, spielte das Trio die „Schönberg-Suite“. Darin hat David Helbock unter anderem Zitate aus Schönbergs Klavierkonzert, op. 42 sowie aus dem Sextett „Verklärte Nacht“ eingebaut und formte die spezielle Atmosphäre nach. Die zuerst harmonisch spannungsgeladene, eher düstere Stimmung, sodann die lyrischen Themen und die Naturklänge breitete die Musiker:in mit viel Kontakt zueinander aus. Sie entwickelten fantasievolle Improvisationen, die sie mit kräftigen Verdichtungsprozessen sowie Auf- und Abschwünge ausgestalteten. Fast überraschend wirkte der sich aufhellende Schluss, in dem auch die 12-Ton-Kompositionsweise von Arnold Schönberg angestimmt wurde.
David Helbock, Johannes Bär und Eva Klesse gaben alles im überhitzten Rittersaal der Feldkircher Schattenburg. Wohl selten hat dieser Raum ein derart kraftvolles Jazzkonzert erlebt.