Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Anita Grüneis · 20. Jul 2019 ·

Schön ist so ein Ringelspiel – auch auf der Burg Gutenberg in Balzers

Die Balzner im Wetterglück: Das Konzert mit den Neuen Wiener Concert Schrammeln konnte im Innenhof der Burg Gutenberg durchgeführt werden - sehr zur Freude des überaus zahlreichen Publikums. Der mittelalterliche Hof wurde an diesem Abend zu einem Wiener Beisl, in dem nur der Heurigen zur weinseligen Stimmung fehlte. Die Musik der Neuen Wiener Concert Schrammeln und die „Weaner“- Lieder von Katharina Hohenberger und Robert Reinagl ließen den lauen Sommerabend zu einem humorvollen Aufenthalt in einer Buschenschenke werden.

Die für uns heute typische „Wiener Musik“ entstand übrigens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Einwanderer aus Tschechien, Ungarn, der Bukowina und der Alpen. Den Nerv dieser Zeit traf damals das Ensemble der Gebrüder Schrammel. Die Magie ihrer leicht weinerlichen, chansonartigen Musik ist nach wie vor ungebrochen, wie in Balzers gut zu hören war. 

Geigentöne schmeicheln in der Sommernacht

Obwohl das „Weanerische“ nicht für alle im Publikum verbal verständlich war, schmeichelten sich die Geigentöne von Peter Uhler und Nikolai Tunkowitsch sofort ins Ohr, Roland Sulzer setzte mit seinem Akkordeon markante Akzente und Peter Havlicek erdete den Sound mit der Kontragitarre. Die vier „Neuen Wiener Concert Schrammeln“ spielten an diesem Abend Werke der beiden Komponisten Johann und Josef Schrammel sowie des Gitarristen Anton Strohmayer. Ob Marschmusik, zu der man nicht marschieren kann, oder Walzer, zu dem man nicht tanzen kann, wichtig war immer nur eines: „glücklich ist, wer vergisst ...“ Die Fledermäuse konnten im Burghof beruhigt schlafen.

Wienerlieder mit Schmäh und Pep

Die vier Musiker bewiesen nicht nur ihre Virtuosität, sie waren auch feinfühlige Begleiter für die beiden „Star“-Gäste Katharina Hohenberger und Robert Reinagl, die den Abend mit typischen Wienerliedern aufmischten. Das „optische Glanzstück des Abends“, wie der Schauspieler Reinagl seine Kollegin Katharina Hohenberger vorstellte, charakterisierte diese Art Volkslied in einem Interview: „Ich finde es witzig, dass man zum Beispiel Makabres in etwas musikalisch Liebliches verpacken und es in einem sanften Klang ausdrücken kann. Das klingt dann vordergründig schnell ein bisschen ‚liab’. Ist es aber nicht, weil der Text ein ganz bissiger und manchmal auch gemeiner ist“. Wie sich das bei ihr anhört, ließ sie auf Schloss Gutenberg unter anderem mit dem deftigen Lied „Der Vamp von Favoriten“ hören. Aber auch ihre „verzwickten Verwandtschaftsverhältnisse“, die Erzählung über den Novotny, den sie nicht leiden kann, oder das Lied vom Tangolehrer Alois, der dann zum ‚Martin’ wurde, weil der Mann aus der ersten Reihe im Publikum so hieß, waren herzerfrischend. 

Wurstlprater und englische Schinkenfleckerln

Ihr Partner, Schauspieler Robert Reinagl, betörte vom Anfang an mit seiner sonoren und voluminösen Stimme. Er brachte die Oper in den Abend mit je einer gereimten humorvollen Inhaltsangabe von „Carmen“ und „Don Giovanni“ und wies unter anderem auf die Internationalität des Wienerlieds hin. Sein englisch gesungenes „Wenn der Herrgott net will, nutzt es gar nix“ hat nichts von seinem raunzenden Wiener Charme verloren. Robert Reinagl, seit 19 Jahren Mitglied des Wiener Burgtheaters, nahm das Publikum mit in den Wiener Wurstlprater, begeisterte mit dem Lied von den „Schinkenfleckerln“, saß im kleinen Café in Hernals, in dem ein Grammophon mit leisem Ton einen English-Waltz spielt. Gemeinsam mit Katharina interpretierte er den Ohrwurm "D’ Hausherrnsöhnln", in dem es unter anderem heißt: „unser Vater is a Hausherr und a Seidenfabrikant". Damit erinnert dieses Lied daran, dass Wien Ende des 19. Jahrhundert ein Hotspot der Natur-Seidenproduktion war. Volkslieder besingen eben immer ein Stück Zeitgeschichte und wenn der Abend mit dem Lied „Schön ist so ein Ringelspiel“ von Hermann Leopoldi endete, dann wurde auch eines klar: „Immer wieder fährt man weg und draht sich doch am selben Fleck“.