Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 04. Jun 2021 ·

Rosas Hochzeit

Tragikomödie, Feelgood-Movie, Emanzipations- und Selbstverwirklichungsgeschichte: "Rosas Hochzeit" ist eine augenzwinkernde, temporeiche Komödie über eine Frau, die für Familie und Freunde alles macht, weil sie nicht anders kann. Wer sehen will, wie sie das letztlich doch ändert, kann sie dabei begleiten.

Der Albtraum zu Beginn des Films ist fies: Rosa (Candela Peña) strampelt sich bei einem Wettlauf ab, sie läuft und läuft, während ihr ganzes Umfeld sie frenetisch anfeuert. Bis sie irgendwo abzweigt und auf einem Strand in den Sand plumpst. Doch als Rosa aus dem Traum aufwacht, geht es in ihrem Leben ganz genauso weiter. So etwas kennt man doch eigentlich nur aus Horrorfilmen. „Rosas Hochzeit“ ist allerdings eine so genannte Feelgood-Komödie, in der trotz widriger Umstände ein fröhlicher Tonfall das Publikum beruhigt sowie auch die Gewissheit, dass der Heldin nichts Ernsthaftes zustoßen wird – sondern dass sie sich von ihrem strapaziösen Umfeld emanzipieren wird und damit allen Hoffnung gibt, die sich auch gerne selbst aus einem üblen Sumpf herausziehen würden. Bis dorthin muss man aber erst den besagten Dauerlauf an Rosas Seite absolvieren. Die spanische Regisseurin Iciar Bollain („El Olivo“) schickt dafür ein umfangreiches Ensemble von Familie, Freunden und Umfeld aus, um der Protagonistin Prügel in den Weg zu werfen: Rosas Tochter (Paula Usero) mit den nervigen Zwillingen, ihren verwitweten Vater (Ramon Barea), der sich selbst bei ihr einquartiert und gleich mal zu schnarchen beginnt, dass sich die Bäume biegen, während Rosa sich leise aus ihrer Wohnung stiehlt und in das nächtliche Studio schleicht, wo sie für Filmproduktionen als Kostümbildnerin tätig ist. Dort türmt sich die Arbeit und selbst dort kreuzt noch die Nachbarin Rosas auf, um ihr die Katze zur Aufsicht zu überlassen. Zu ihrem Pech hat Rosa auch noch einen geschiedenen Bruder (Sergi Lopez als Sprachschul-Chef Armando) und eine Schwester namens Violeta (Nathalie Posa), eine Übersetzerin, die gerne Aufgaben delegiert. In farbenfrohen Bildern und der launigen Hektik, wie das in den Koproduktionen romanisch-sprachiger Länder viele Jahre lang Tradition war, arbeitet man sich also durch groteske Verwirrungen und familiäre Troubles durch, bis die Protagonistin ihren Überraschungsplan durchgebracht hat. Sie heiratet, und zwar sich selbst.

 Mehr Rückzug als Revolution

„Rosas Hochzeit“ zeichnet das Bild einer Frau, das einem bekannt vorkommt. Sie steckt eigene Bedürfnisse zurück, hat keine Doppel- sondern eine Mehrfachbelastung und ist dennoch gerne für andere da. Umarmungen und Lächeln wechseln da mit zunehmenden Sorgenfalten, und Regisseurin Bollain hält den Druck wie in einem Dampfkessel hoch. Eine Revolution darf man allerdings nicht erwarten, Befreiung nimmt sich hier eher wie ein Rückzug (auf sich selbst) aus: Rosa entdeckt das verwaiste Konfektionsgeschäft ihrer Mutter in einer Kleinstadt neu und zieht sich dort vorerst in einem nostalgisch gefärbten Kokon zurück. Davor ist sie samt ihrer Latzhose ins Meer gesprungen, um vielleicht mal was ganz Verrücktes zu machen, oder sich mit 45 Jahren wie bei einer Erwachsenentaufe neu zu erfinden. Dass das nicht wirklich gelingt, kann man dem Drehbuch anrechnen. Der Versuch einer neuen Souveränität ist von weiteren Sorgen begleitet, die spanische Schauspielerin Candela Peña verleiht ihrer Figur dafür eine gewisse Reserviertheit, in der sich Tragik und Komödie auf nette Weise treffen. Am Ende ist nicht nur sie selbst geläutert, sondern (fast) auch ihr Umfeld, zumindest könnte man das glauben.