Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Fritz Jurmann · 18. Mär 2024 · Musik

Programm der Kontraste: Historische Orgel und Dreigesang

Auch im 54. Bestandsjahr zeigt sich die Reihe der Bludescher Orgelkonzerte höchst lebendig.

Unter den ältesten Konzertreihen des Landes nehmen die Bludescher Orgelkonzerte einen prominenten Platz ein, rangieren nach den Festspielen und der Propstei St. Gerold in ihrer Tradition an dritter Stelle. Und da Tradition nach einem alten Sinnspruch nicht die Anbetung der Asche sein sollte, sondern die Weitergabe des Feuers, findet sich das auch hier in der stets neu auflodernden Flamme einer innovativen, weit gespannten Programmkonzeption. Dafür stehen der international tätige Höchster Organist Prof. Bruno Oberhammer als Gründer und ideenreicher Kurator bis heute, unterstützt von Obmann Mag. Karlheinz Worsch mit dem Organisationsteam.

Treues Stammpublikum

So startete man am Sonntag vor einem treuen Stammpublikum in der vollbesetzten Pfarrkirche St. Jakob d. Ä. voll Zuversicht in die 54. Saison. Im Zentrum steht wie seit Anbeginn die historische Orgel. Auch wenn es angesichts ihrer Dimensionen absurd klingt: Dieses Instrument als eines der wertvollsten Klangdenkmäler im Bodenseeraum kann man als echtes Kleinod bezeichnen, das nach wie vor ein nicht gänzlich gelöstes Geheimnis um seine Entstehung und Herkunft birgt. In über zwei Jahrhunderten sprach man in Bludesch stets von der „Bergöntzle-Orgel“, die ein Elsässer Orgelbauer, der vor den Napoleonischen Kriegen nach Vorarlberg geflohen war, hier 1803 errichtet hatte.
Erst durch längere Forschungen erkannte man allerdings, dass dieser Joseph Bergöntzle mit großer Wahrscheinlichkeit nicht der Erbauer des Instruments war, sondern nur dessen Transporteur, der es damals mühsam auf dem Karrenweg in den Vorarlberger Walgau verfrachtete und spielfähig aufbaute. Tatsächlich stammt die Orgel, deren eigentlicher Erbauer unbekannt ist, mit großer Wahrscheinlichkeit aus der berühmten Silbermann-Orgelwerkstätte in Straßburg, wofür stilistische Merkmale wie die vorhandenen Register nach französischem Vorbild sprechen. Deshalb hat man sich in Bludesch vor zwei Jahren auch zur korrekteren Bezeichnung „Silbermann-Bergöntzle-Orgel“ für das rund 250 Jahre alte, stets sorgfältig instand gehaltene Instrument entschlossen.       

Bludesch-Debüt für Trifellner-Spalt

Beim Eröffnungskonzert am Sonntag hat man den Orgelpart erstmals der aus Koblach stammenden Organistin Judith Trifellner-Spalt anvertraut, die nach ihrer Ausbildung an prominenten Plätzen heute in Salzburg lebt und vor eineinhalb Jahren, völlig unbemerkt von der Kirchenmusikszene in ihrer Heimat, zur Titularorganistin am dortigen Dom ernannt wurde. Mit ihrer reichen praktischen Konzerterfahrung kommt sie sehr überzeugend auch mit der allein technisch nicht leicht zu bewältigenden historischen Orgel von Bludesch zurande.
Gleich zu Beginn verblüfft sie in der harmonisch frechen, virtuos hoch anspruchsvollen Toccata von Georg Muffat durch ihr brillantes, sauber artikuliertes Spiel. Bei den folgenden vier Sätzen einer Messe des Franzosen Francois Couperin bringt sie mit viel Klangfantasie und Spielfreude den französisch geprägten Farbreichtum der Orgel in Stellung, gewichtet glänzend die einzelnen Register der Orgel mit- und gegeneinander. Bachs siebenteilige kostbare Partita über „O Gott, du frommer Gott“ wird zur Demonstration ihres unverschnörkelten, in Phrasierung und Registrierung klaren Umgangs mit dem Orgelwerk des Thomaskantors.

Erstmals auch Götzner Dreigesang

Dass man dieses künstlerisch hochwertige Orgelprogramm unmittelbar mit einem schlichten Dreigesang von Volksliedern in sorgfältig ausgewählten Sätzen kontrastiert, ist ein harter Gegensatz und verlangt jenen Mut, wie ihn Kurator Bruno Oberhammer bei dieser Konzertreihe immer wieder bewiesen hat. Ebenfalls zum ersten Mal hat er dazu den „Götzner Dreigesang“ eingeladen, drei gestandene Sängerpersönlichkeiten unter Anleitung des bekannten Chorgurus Oskar Egle, der dabei die Tenorpartie übernimmt. Zusammen mit Wilfried Müller, Bariton, und Bruno Fleisch, Bass, sind die Drei seit 25 Jahren ein Trio, das bevorzugt in der Weihnachtszeit aktiv wurde. Richtig intensiv gearbeitet miteinander hat man erstmals während Corona und jetzt, da alle in Pension sind. Das hat sich ausgezahlt, denn die drei Stimmen harmonieren in den meist im langsamen Dreiertakt gehaltenen Liedern nicht nur klanglich sehr gut, verschmelzen ineinander und werden auch dynamisch, im Vortrag und in der Diktion zum Ausdruck einer wunderbar gepflegten Gesangskultur. Gertrud Kaufmann-Greiner gibt den Herren an der Harfe ihre elegante, unaufdringliche Stütze.     
Aber auch hier werden nach Oberhammers Konzept Orgel und Dreigesang nicht einfach zusammenhanglos nebeneinandergestellt. Es gibt im Mittelteil einen Block mit Literatur zur Fastenzeit für dieses Konzert am Passionssonntag, in dem sich beide Elemente ineinander verschränken und so eine innige Verbindung eingehen. Fasten- und Passionslieder werden von der Orgel aufgenommen, in einer fast volksmusikartig anmutenden Stimmung improvisierend und in sanfter Registrierung weitergeführt. Mit einer gregorianischen Choralbearbeitung und fantasievoll volkstümlichen Variationen über Themen der Chiemsee-Messe von Johann Michael Haydn bleibt Judith Trifellner-Spalt zum Schluss noch im vertrauten Fahrwasser. Das Publikum ist von alledem hellauf begeistert.

Nächstes Konzert im Rahmen der Bludescher Orgelkonzerte: So, 26.5., 17 Uhr
St. Nikolauskirche, Bludesch