Musikalisches Vertrauen ineinander
Filippa Gojo & Band hinterließen im vorarlberg museum einen tiefen Eindruck
Die aus Bregenz stammende Jazzsängerin Filippa Gojo hat eine steile Karriere gemacht. Seit Jahren lebt sie in Deutschland, doch immer wieder ist sie in Vorarlberg zu erleben und begeistert mit ihrem virtuosen und zugleich intensiven Gesang sowie geistreichen Improvisationen das Publikum. Mit ihrer Band war Filippa Gojo im vorarlberg museum zu Gast. Die Werkauswahl schöpfte sie aus ihrer reichen kompositorischen Palette unter anderem mit Liedern nach Texten von Ernst Jandl sowie älteren Songs aus den Alben „Seesucht“ und „vertraum“.
Filippa Gojo präsentierte Lieder und Kompositionen, die teilweise bereits im vorarlberg museum sowie im Rahmen des Neujahrsfestivals am Feldkircher Saumarkt zu hören waren. Dies ermöglichte spannende Vergleiche und zeigte auch die höchst beeindruckende Entwicklung der Gesangskunst von Filippa Gojo auf. Inzwischen hat sie im mitteleuropäischen Raum Karriere gemacht, wirkt unter anderem beim Fuchsthone Orchestra sowie in David Helbocks Trio Random|Controll mit und ist Professorin an der Hochschule in Nürnberg.
Mit ihren Bandkollegen Christian Lorenzen am Klavier, dem Kontrabassisten David Andres sowie dem Perkussionisten Lukas Meile präsentierte sie vielschichtige Kompositionen. Filippa Gojo führte ihre Stimme äußerst facettenreich: einmal instrumental, mit vielerlei Registerfarben und lautmalerisch, perkussiv und mit klassisch warmem Timbre. Im Zusammenwirken entfalteten alle gemeinsam beziehungsreiche Improvisationen und offerierten dabei vielgestaltige Facetten eines kammermusikalischen Jazz und Neuer Musik.
Spannende vokale und instrumentale Spiele
„Trusting the Uncertainty“ lautete das Motto, das sowohl musikalisch als auch – im übertragenen Sinn – politisch gedeutet werden konnte. Die Ungewissheit positiv zu nutzen und im gemeinsamen Zusammenwirken das Beste zu geben, bezogen Filippa Gojo, Christian Lorenzen, David Andres und Lukas Meile unter anderem auf ihre Musizierhaltung, die von mitreißenden Dialogen und genauso von virtuosen, improvisatorischen „Alleingängen“ lebte. „Trusting the Uncertainty“ lautet auch der Titel eines Werkes von Filippa Gojo, den sie auf ihrer CD „vertraum“ eingespielt hat. Mit dem präparierten Klavier kreierte Christian Lorenzen originelle Sounds, die er direkt auf den Saiten im Korpus des Instruments fabrizierte. Diese traten in klanglich feinsinnige Beziehungen zur Kalimba von Filippa Gojo. Dazu bildeten Lukas Meile und David Andres mit treibenden Kräften ein gutes Fundament für den virtuosen Jazzgesang von Filippa Gojo. Einen weiteren Höhepunkt stellte das Lied „Mariposa“ dar, das Fillipa Gojo in Erinnerung an ihre ehemalige Lehrerin Annika Kräutler komponiert hat. Der pulsierende Liegeton der Shrutibox in Verbindung mit den obertonreichen Vokalisen von Filippa Gojo erzeugte eine große musikalische Weite, in die allmählich eine rhythmische Bewegung hineingesetzt wurde. Das stilistisch vielfältige Werk entfaltete seine höchste Wirkkraft mit Trillermotiven des Klaviers und der bewundernswerten Virtuosität des Gesangs von Filippa Gojo. Der Pianist und die Sängerinnen steigerten sich gegenseitig hinein und fanden schließlich in einem schönen Bogen wieder zur anfänglichen Ruhe. Die tontechnisch nicht optimal abgemischten Sounds wirkten vor allem zu Beginn grell und minderten das Hörerlebnis.
Filippa Gojo hat einige Gedichte von Ernst Jandl in Musik gesetzt. Ihre Fantasie und ihre vielseitige Stimm- und Lautgebung wirken prädestiniert für diese Lautgedichte. Zum Leitgedanken des Konzertes passte ganz besonders das Sprechgedicht „schtzngrmm“. Die Vokale des Wortes „Schützengraben“ erhielten in der Komposition von Filippa Gojo ein Eigenleben. Höchst eindrücklich formte sie aus spitz repetierten Tönen Maschinengewehrsalven und zeichnete zusammen mit den Bandmusikern ein klanglich wild gesteigertes Kriegsgetümmel nach. Was an der Oberfläche vielleicht einen humorvollen Touch verbreitete, verströmte nach innen eine eindrückliche Aussage. Auffallend kam in diesem Werk das feine und dicht verwobene musikalische Geflecht aller Musiker sowie der Sängerin zur Geltung.
Einen politischen Bezug stellte Filippa Gojo auch mit dem Song „Woodstock“ von Joni Mitchell her, denn mit diesem Song formulierte die kanadische Musikerin unter anderem eine Gegenkultur zur Gesellschaftsordnung der 1960er Jahre.
Spielerische Freude
Viel ließe sich noch schreiben über Filippa Gojos authentische Freude am Gestalten sowie ihre stimmliche Virtuosität und Raffinesse.
Wortspiele bildeten die Grundmaterialien des „Kinderliedes“. Ausgehend von einer eingängigen Dreitongruppe wurde ein weiter Rahmen unterschiedlicher Emotionen abgesteckt, die in den Sequenzen „Na, doch!“, „Doch nid!“, „Na doch nid!“ zum Ausdruck kamen.
Die Kompositionen von Lukas Meile brachten eine andere Farbe ein. Zuerst mit entspannten Soli. Darin entfalteten die Musiker gut nachvollziehbare melodische Linien und sodann ergaben funkige Rhythmen einen mitreißenden musikalischen Fluss. Eine Bereicherung bildete überdies das Stück des brasilianischen Perkussionisten Airto Moreira und der Jazzsängerin Flora Purim.