Die Chorakademie Vorarlberg unter der Leitung von Markus Landerer mit Orchester und Solist:innen in der Kulturbühne AMBACH in Götzis
Walter Gasperi · 06. Mär 2025 · Film

Aktuell in den Filmclubs (7.3. – 13.3.2025)

Am Spielboden Dornbirn geht das 9th Human Vision film festival mit dem jordanischen Spielfilm „Inshallah a Boy“ zu Ende. Im Alten Kino Rankweil zeigt dagegen das schwedische Feelgood-Movie „Immer wieder Dienstag“, dass es nie zu spät für einen Neubeginn ist.

Inshallah a Boy: Da eine junge Jordanierin nur eine Tochter hat, soll nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes dessen Familie die Hälfte des Erbes erhalten. Doch die Witwe setzt sich zunehmend entschlossener gegen die patriarchale Ungerechtigkeit zur Wehr.
Amjad Al Rasheed, der durch ein Erlebnis einer Verwandten zu diesem starken Sozialdrama inspiriert wurde, erzählt konsequent aus der Perspektive seiner Protagonistin. Feinfühlig und differenziert leuchtet er die Situation der von Mouna Hawa großartig gespielten Witwe aus. In jeder Szene ist diese Kämpferin präsent, intensiv vermittelt Hawa sowohl ihre Wut über die Ungerechtigkeiten als auch ihren wachsenden Widerstandswillen. 
Ein stringent aufgebautes Drehbuch lässt sie packend in eine scheinbar unaufhaltsame Abwärtsspirale gleiten, die Beklemmung auslöst, gleichzeitig weitet sich mit ihren Erfahrungen aber auch sukzessive das Bild des frauenfeindlichen patriarchalen Systems. 
Vielschichtiger wird das Bild aber auch durch Nawals Arbeit als Pflegerin einer bettlägerigen Frau in einem vornehmen Haus am anderen Ende Ammans. Hier wird nicht nur eine gesellschaftliche Kluft sichtbar, sondern mit der Nichte (Yumna Marwan) der Patientin zeigt Al Rasheed zudem, dass auch Frauen der Oberschicht in einem patriarchalen Gefängnis leben. Wie der Widerstandswillen der beiden Frauen durch den sich steigernden Druck und die zunehmend schwierige Situation wächst, bewegt und beeindruckt und Al Rasheed findet für deren Selbstbehauptung und Selbstbefreiung ein ebenso starkes wie einprägsames Schlussbild, mit dem er ein hoffnungsvolles Zeichen nicht nur für die Tochter Noura, sondern für alle unterdrückten jordanischen Frauen setzt.
Spielboden Dornbirn im Rahmen des Human Vision film festivals: Sa 8.3., 19.30 Uhr

Immer wieder Dienstag: Als Karin (Marie Richardson) am 40. Hochzeitstag entdeckt, dass ihr Mann Sten (Björn Kjellman) eine Affäre hat, ist sie geschockt. Trennung scheint für sie kein Thema, doch frostig ist nun ihr Verhalten gegenüber Sten. Neuen Schwung erhält ihr Leben, als sie eine Schulfreundin anregt, einen Kochkurs zu besuchen. Schwer zu ertragen ist zunächst zwar der missmutige Koch Henrik (Peter Stormare), dem sowohl die Leidenschaft fürs Kochen als auch jede Empathie für Menschen abhanden gekommen zu sein scheint, doch Karin bringt diese harte Schale mit ihrer Offen- und Direktheit langsam zum Platzen und eine Liebe entwickelt sich. Doch soll sie für diese Beziehung ihre 40-jährige Ehe mit Sten aufgeben oder doch in den Alltagstrott zurückkehren? 
So geht es einerseits um einst verpasste Chancen, um das Altern und vor allem um weibliche Selbstbehauptung, andererseits gibt es aber auch noch Tochter Fredrika, die vor dem 40. Geburtstag steht und in einer veritablen Midlife-Crisis steckt. Wird sich auch für sie eine neue Perspektive für die Zukunft öffnen?
Wirklich Neues bietet Annika Appelin kaum, unterhält aber mit flotter Erzählweise, einem blendend aufgelegten Ensemble, aus dem Marie Richardson als Karin, Carina Johanssons vor ansteckendem Enthusiasmus sprühende Monika und Peter Stormare als Koch mit liebevollem Kern unter rauer Schale hervorstechen.
Dazu kommen die kulinarischen Köstlichkeiten, die Appelin mit dem Kochkurs ins Spiel bringen kann. Keine schwedische Kost, sondern farbenprächtige asiatische Köstlichkeiten werden dabei zubereitet und anschließend freilich auch genossen. Die Erschütterung, die die Affäre Stens auslöst, wird so ebenso rasch vom Tisch gefegt wie mit einer Party die Midlife-Crisis Fredrikas. Nicht bohrend und quälend realistisch will „Immer wieder Dienstag“ sein, sondern vor allem Wohlgefühl will Appelin verbreiten und Mut machen, einen Neubeginn auch mit 60 zu wagen, anstatt im eingefahrenen Trott das Leben vorüberziehen zu lassen.
Altes Kino Rankweil: Mo 10.3., 15 Uhr

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