Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 21. Apr 2021 · Musik

Zuerst eine hervorragende Wettbewerbsidee und am Ende ein erfrischendes Preisträgerkonzert

„Musik Plus“ nannten die Rotary-Clubs Feldkirch und Bludenz und die Initiatoren Anselm Hartmann und Thomas Ludescher einen spartenübergreifenden Wettbewerb, um Künstlerinnen und Künstlern in der derzeitigen Situation Wertschätzung, finanzielle Unterstützung und ein Podium zu bieten. Die beiden ersten Preise ergingen an das Ensemble „Caminos nuevos“ mit der Tänzerin Silvia Salzmann und David Helbocks „Random|Controll“ zusammen mit der Sprachkünstlerin Yasmin Hafedh. Renate Bauer und ihr Ensemble wurden für ihr Projekt „Du musst dein Leben ändern“ mit dem dritten Platz ausgezeichnet. Sonderpreise erhielten Hannah Eberle für ihr Konzept „Momentaufnahme“ sowie die Flötistin Consuelo Sara García Moreno. Im Feldkircher Pförtnerhaus stellten die Preisträgerinnen die prämierten Projekte in Kurzperformances vor. Sie begeisterten, inspirierten und versetzten die Zuhörenden in Staunen.

Bei ihren Eröffnungsreden zeigten sich Konstanze Manhart und Georg Comploj beeindruckt, dass so viele Künstlerinnen und Künstler auf den im vergangenen Jahr ausgeschriebenen Wettbewerb reagiert und interdisziplinäre Konzertideen entwickelt haben. Aus vierundzwanzig Einreichungen mit mehr als hundert Mitwirkenden ermittelte eine Jury die Gewinnerinnen und Gewinner. Nun wurden die Preise im Rahmen eines Festkonzertes im Feldkircher Pförtnerhaus übergeben und die prämierten Projekte in Kurzperformances präsentiert.

Musik und Zeichnung gleichzeitig entstehen lassen

Einleitend beeindruckte die Cellistin Hannah Eberle mit ihrem musikalisch-zeichnerischen Konzept „Momentaufnahme“. Im Celloquartett mit Baran Beigi, Juan Camilo Gómez und Mar Gimferrer erklang die Serenade op. 119 von Georg Goltermann und live dazu zeichnete Xenia Rubin. Via Beamer wurde der Entstehungsprozess auf die Leinwand übertragen. Dabei trat die romantisch, fließende Musikdarbietung in eine Korrespondenz mit der immer düsterer werdenden Zeichnung, bis sich allmählich ein großes Spannungsverhältnis zwischen der entfalteten Musik und der projizierten Zeichnung entwickelte, die zum Nachdenken anregte.

Mit der Kraft der Texte von Rainer Maria Rilke

Von der Performance der Schauspielerin und Rezitatorin Renate Bauer mit Rosario Bonaccorso (Kontrabass), Olivia Trummer (Klavier) und Herbert Walser-Breuss (Trompete) ging ein großer Aufforderungscharakter aus. Unter dem Leitgedanken „Du musst dein Leben ändern“ rezitierte Renate Bauer mit großer Bühnenpräsenz Gedichte von Rainer Maria Rilke. In Beziehung zu Kompositionen von Rosario Bonaccorso und Olivia Trummer wurde unter anderem Rilkes „Wolle die Wandlung“ gesetzt. Dabei überhöhten die Energie geladenen Sprech-, Sing- und Instrumentalstimmen mitsamt der feinfühlig „mitsingenden“ Trompete die Aussagekraft der Texte besonders.

Gesellschaftskritische Texte und groovige Musik

Einen humorvollen, ironischen Zugang wählte die Sprachkünstlerin und Rapperin Yasmin Hafedh für ihren Auftritt mit „Random|Controll“. In Anspielung auf veraltete Frauenbilder räumte sie mit klischeehaften Antworten auf und regte mit dem prominent positionierten Satz „Immer wenn man etwas sagt, sagt man auch etwas nicht“ zum Weiterdenken an. Sprachwitz zeichnete unter anderem David Helbocks Werk „Song for my Parents“ aus. Souverän spielte der Komponist am Klavier und spektakulär agierte der Multiinstrumentalist Johannes Bär mit seinem Sousaphon, Percussion sowie Electronics für sein Beatboxing. Als Sänger positionierte sich Andreas Broger, der zugleich die „Holzbläsersektion“ mit Flöte, Sax und Klarinette bespielte.

Die sinnliche Kraft des Tangos, des Tanzes und des Lichts

Mit einem ausgeklügelten Konzept aus Tangokompositionen, Lichtregie und Tanz faszinierten das Ensemble „Caminos nuevos“ und die Tänzerin Silvia Salzmann. Das Programm von Juan Carlos Diaz Bueno (Flöte), Monica Tarscay (Violine), Raphael Brunner (Akkordeon), Stefan Greußing (Perkussion) sowie der Tänzerin Silvia Salzmann wurden ebenfalls mit einem ersten Preis ausgezeichnet. Die in Weiß gekleideten Musiker und deren Schattenbilder wurden mit einem wandernden Lichtkegel in Szene gesetzt. Gleichzeitig unterstrichen die wanderden Lichtpunkte den musikalischen Bewegungsfluss und ergaben ein sinnliches Gesamterlebnis. Im ruhigeren Mittelteil erklang das Werk „Se le tiene“ von Juan Carlos Bueno, gleichzeitig wurden Papierschnipsel mit Worten wie „er“, „nachts“, „unschuldig“ „kichern“ usw. auf die Leinwand projiziert, die unaufdringlich, aber doch präsent wirkten und (Denk)Impulse gaben.

Bei den Proben hatte sich Silvia Salzmann den Fuß gebrochen. Doch dies ließ sie nicht davon abhalten, die Tangokompositionen mit ihrer ausdrucksvollen Körpersprache, abseits radierter Muster neu zu interpretieren. Die Inputs und Silvia Salzmanns engagierter Einsatz versetzten die Anwesenden in Staunen. Das Publikum dankte mit jubelndem Applaus.

Der Wettbewerb „Musik Plus“ war im besten Sinn ein „Dienst an der Gemeinschaft“ und für alle ein voller Erfolg.