Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Silvia Thurner · 06. Aug 2016 · Musik

Zeitklang im Museum – Dem Abend mit dem „Wiener Concert Verein“ fehlte teilweise die Würze

Auch beim zweiten Konzert des „Wiener Concert Vereins“ standen zwei Kammermusikwerke von Herbert Willi im Mittelpunkt. Den Rahmen bildeten die Uraufführung der „Short Cuts“ von Friedrich Philipp Pesendorfer – besser bekannt unter dem Pseudonym Flip Philipp - sowie das Werk „Ètemen.an.ki“ von Manuela Kerer. Das gut besuchte Konzert fand in freundschaftlicher Atmosphäre statt. Geboten wurde eine gute Unterhaltung, allerdings wirkten die Kompositionen teilweise eher oberflächlich und die Werkdeutungen mitunter zu wenig ausgereift.

Der Vibraphonist Friedrich Philipp Pesendorfer hat sich für sein Werk „Short Cuts“ mit der Winterreise von Franz Schubert beschäftigt. Wenn ein derart berühmtes Werk als Vorlage beziehungsweise Inspirationsquelle dient, drängen sich Vergleiche unweigerlich auf. Zum Ersten die „musikalische Interpretation“ von Hans Zender und zum Zweiten die aus dem Genre des Jazz herkommende Bearbeitung von Mathias Rüegg für die Sängerin Lia Pale. Pesendorfers „Short Cuts“ stellen in gewissem Sinn "Stilübungen" dar, darauf verweisen auch die Untertitel, und konnten im Vergleich mit Rüegg und Zender wenig mithalten.

Tango und Blues


Flip Philipp hat sich Franz Schubert aus dem Blickwinkel des Jazz angenähert. Aus dem Schubertzyklus entnahm er acht Stücke und bearbeitete sie als „Lieder ohne Worte“ für Vibraphon und Streichorchester. Selbstverständlich hatten die adaptierten Gesangslinien und auch die für den Orchesterpart generierten rhythmischen Formeln und motivischen Bewegungsmuster einen unmittelbaren Erkennungswert. Im Vordergrund stand der spielerische Umgang mit den Originalen. Beispielsweise wurden die „Gefrorne Tränen“ zu einem Tango oder der „Leiermann“ zu einer Passacaglia Minimalistica mit dem Titel „Hurdy Gurdy Woman“. Am besten kam das Vibraphon-Solo zur Geltung, in dem Flip Philipp den „Wirtshaus-Blues“ spielte.

Wenig Klangmischung


Ideal waren die Bedingungen für die Uraufführung im Saal des vorarlberg museums nicht, denn der Klang des Vibraphons hätte viel mehr Raum benötigt, um sich mit dem Streichorchester zu mischen. Deshalb entfalteten sich die Verbindung zwischen der „Begleitung“ und der Solostimme nur unzureichend. Den Solopart spielte Flip Philipp mit viel Bedacht auf die akustischen Gegebenheiten. Die Musikerinnen und Musiker des „Wiener Concert Vereins“ spielten unter der Leitung von Martin Kerschbaum konzentriert. Allerdings wurde schon nach wenigen Takten deutlich, dass mehr Probenzeit der Interpretation sehr gut getan hätte.

Umgebungen schaffen


Eine frühe Komposition von Herbert Willi ist das Solostück „Piece for flute“. Darin entfaltete er die Atmosphäre und das Farbenspiel des Meeres, betrachtet vom Ufer der Insel Samos aus. Erwin Klambauer spielte die Musik mit vielgestaltigen dynamischen Schattierungen, bewegt im Ausdruck und mit ausgeprägten Spieltechniken, die die schillernden Klangfarbenspiele aus der Nähe und in der Ferne schön herauskristallisierten.

„Kairos im Kronos“ von Herbert Willi interpretierten Jacqueline Roscheck (Violine), Johannes Flieder (Viola) und Erik Umenhoffer (Violoncello) in guter Korrespondenz miteinander. Im Mittelpunkt des viersätzigen Werkes stand das Mozart Fragment für Streichtrio. Die umrahmenden Abschnitte schufen ein atmosphärisches Umfeld für das zitierte Fragment. Aufbauend auf den Geburtsdaten von Mozart und Willi führten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten ablaufende Tonrepetitionen zum Mozartzitat hin. Danach formten die Musiker aufsteigende Gesten aus, die mit glissandi nach oben führten und jeweils in Generalpausen endeten, um in leicht variierter Gestalt wieder zu beginnen. Der Schlusssatz wurde von kreisenden Bewegungen bestimmt. Die immer wieder startenden, suchenden Gesten kristallisierten in Verbindung mit dem auf Obertonproportionen beruhenden ruhigen Passagen die unterschiedlichen Zeitmessungen und –wahrnehmungen gut heraus.

Bildreiche Musik


Abschließend wendete sich der „Wiener Concert Verein“ unter der Leitung von Martin Kerschbaum der Komposition „Ètemen.an.ki“ von Manuela Kerer zu. In ihrem mitteilsamen Werk spielten die Musikerinnen und Musiker viel mit Flageoletts und irisierenden Klangflächen. Ziemlich rasch ließ das Interesse für die diffusen Klänge nach. Doch dann lenkte ein „röhrendes“ Motiv in den tiefen Streichern und im Kontrabass die Aufmerksamkeit auf sich. Mit dem Wandern der Musiker durch den Raum ergaben sich noch einmal Anreize, weil der Klang mobil wurde und so unterschiedliche Nah- und Fernbeziehungen erfahrbar waren.

Auch für dieses Werk war die trockene Raumakustik im vorarlberg museum ein Handicap. Ob sich die Intentionen der Komponistin herauskristallisierten, soll dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall waren die Ausführungen von Manuela Kerer sympathisch und ihre Musik wirkte unterhaltsam.