Von der revolutionären Kraft der Musik – hundert Jahre alte, rückwärtsgewandte und zukunftsträchtige Musik
Die Werkauswahl mit Max Regers „Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin“, op. 128 und Strawinskys „Sacre“ lenkte den Blick auf zwei kompositorische Standpunkte, die zwar zeitgleich im Jahr 1913 dargelegt wurden, in der musikalischen Ausgestaltung jedoch Welten auseinander liegen. Die Interpretation von Regers Tondichtungen nach Arnold Böcklin, op. 128 erklang zwar opulent in der Klanggebung, wirkte jedoch blass in der kompositorischen Aussage. Nicht umsonst ist dieses Werk bis auf den dritten Teil „Die Toteninsel“ vergessen, da halfen auch die hingebungsvolle Musizierart und das eindringlich gespielte Violinsolo von Hans-Peter Hofmann nicht viel.
Spannungsvolle Erwartungshaltung
Der wenig anregende erste Konzertteil steigerte die Erwartungshaltung, in welcher Art das SOV unter der Leitung von Alexander Drcar eines der berühmtesten Werke der Musikgeschichte und das höchst anspruchsvolle „Le Sacre du Printemps“ interpretieren wird. Die Spannung war groß, die Konzentration auf die vertrackten Tonfloskeln und vielgestaltigen Rhythmen ebenso. Vom ersten bis zum letzen Ton zogen die MusikerInnen und der versierte Dirigent Alexander Drcar das Publikum in ihren Bann und die rituelle Handlung des „Frühlingsopfers“ sowie dessen archaische Ausstrahlungskraft kamen voll zur Geltung.
Die besondere Qualität dieser Interpretation lag darin, dass die überaus vielschichtigen rhythmischen Wechsel und Überlagerungen sowie die komplexen Motivformeln mit Stauchungen, Dehnungen, Spiegelungen und Verzahnungen wie selbstverständlich ausformuliert und modelliert erklangen. Zu einem wesentlichen Teil war dies dem souveränen Dirigenten Alexander Drcar zu verdanken. Er und die MusikerInnen waren sich ihrer Sache sicher, so fügten sich die einzelnen Teile zu einem musikalischen Ganzen mit unmittelbar wahrnehmbarer Wirkung.
Musik im Raum nicht nur hören, sondern spüren
Der Tuttiklang der gut neunzig OrchestermusikerInnen füllte den Angelika-Kauffmann-Saal voll aus. So entwickelten die Reibungen, Schwebungen und überlagerten Schwingungen der Töne im Raum auch körperlich spürbare Energien. Es war ein selten so direkt erfahrbares Ereignis, mitten drinnen in diesen Klängen zu sitzen.
Musikvermittlung
Erzähltexte von Aurelia Weiser, vorgetragen von August Zirner, gewährten dem Publikum Einblicke in die kompositorischen Denkwelten von Reger und Strawinsky und bereicherte das Hörerlebnis. Die sympathische und humorvolle Art des Schauspielers lockerten die Atmosphäre und waren ein gelungener Ansatz zur Musikvermittlung.