Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Silvia Thurner · 30. Apr 2022 · Musik

Vom Leiden bis zum Triumphieren in vielfältigen Farbschattierungen – das Concerto Stella Matutina mit Thomas Platzgummer am Pult und die Pianistin Petra Somlai am Hammerklavier zelebrierten Beethoven

Unter dem Motto „So pocht das Schicksal an die Pforte“ stellte das Concerto Stella Matutina unter der Leitung von Thomas Platzgummer die Tonart c-Moll in den Mittelpunkt und interpretierte Beethovens Coriolan-Ouvertüre, das dritte Klavierkonzert sowie die fünfte Symphonie. Ein besonderes Hörerlebnis bot die Pianistin Petra Somlai. Sie präsentierte das Klavierkonzert auf einem Bertsche-Hammerklavier, also genau in jener Klanggestalt, in der Beethoven seine Musik erdacht hat. Der transparente, gelenkige und zugleich obertonreiche Orchesterklang sowie die straffen Phrasierungsbögen bescherten spannende Werkdeutungen. Doch als Ganzes betrachtet litt der Gesamtklang des Orchesters in einigen Passagen unter der eher schwach besetzten Cellogruppe.

Das dritte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven musizierte Petra Somlai auf einem klangschönen Bertsche-Flügel aus der Werkstatt von Robert Brown, nachgebaut nach einem Original von 1815. Selbstverständlich ist der Klang des Instruments nicht mit jenem vergleichbar, den wir Zuhörenden von den modernen Flügeln im Ohr haben. Umso mehr beeindruckte die besondere Hörerfahrung. Das Hammerklavier wirkte obertonreich und leicht, weniger die tiefen Register traten als Fundament in den Klangvordergrund, sondern der farbenreiche Obertonklang. Das veränderte die Hörperspektive wesentlich. Verbunden mit dem Orchester, das mit einem federnden Duktus auch den perkussiven Ausdruck der Musik unterstrich, entfaltete sich ein reizvollvolles musikalisches Ganzes.
Petra Somlai spielte mit viel Esprit und perlendem Anschlag, sie setzte die Pedalmöglichkeiten und Registerzüge des Flügels wirkungsvoll ein und zog das Publikum mit ihrer natürlichen Spielart in ihren Bann. Das Concerto Stella Matutina unter der Leitung von Thomas Platzgummer war nach einem anfänglichen Lautstärkenmissverhältnis sehr darum bemüht, der Solistin den notwenigen dynamischen Bewegungsfreiraum zu gewähren. Feinsinnige Begleitungen boten eine gute Grundlage und in Korrespondenz mit der Solistin wirkte das Orchester sehr präsent. Überdies erklangen spannende kammermusikalische Passagen in Zwiesprache mit den Holzbläsern. Die Kadenz im Eröffnungssatz bildete einen Höhepunkt und faszinierte durch die virtuose Spielart der Solistin. In einem sehr langsamen Tempo gestalteten die Musiker:innen das Largo. Vergnüglich unterstrich die Pianistin darin den an die Volksmusik angelehnten Duktus. Im Rondo betonten Petra Somlai und das Orchester im Zusammenspiel insbesondere die wirkungsvollen Kontraste zwischen Soli und Tutti.

Beeinträchtigte Klangbalance

Mit der Coriolan-Ouvertüre schuf Beethoven ein dramatisches Werk. Die ganze Tragik des Geschehens legten Thomas Platzgummer und das CSM dar, indem sie die wuchtigen Akkordblöcke harmonisch vielgestaltig gewichteten. Transparent und klar reizten die Musiker:innen die musikalisch geschilderten Ereignisse des Protagonisten Coriolan aus und ließen die konträren Themen aufeinanderprallen, bis hin zu den sich auflösenden Motiven am Ende des Werkes.
Die Klangbalance in der Besetzung mit sechs ersten sowie fünf zweiten Geigen, vier Bratschen, lediglich drei Celli und zwei Kontrabässen war nicht ideal, denn insbesondere die Stimmgruppe der Violoncelli wirkte unterrepräsentiert. Dies war bereits bei Coriolan und auch im Klavierkonzert spürbar. Beeinträchtigend wirkte sich dies jedoch vor allem in der Werkdeutung der fünften Symphonie von Ludwig van Beethoven aus. Besonders im zweiten Satz sowie im fugierten Abschnitt des dritten Satzes konnten die Celli klanglich nicht mit den anderen Stimmgruppen mithalten.
Der transparente Orchesterklang ermöglichte zahlreiche reizvolle neue Hörperspektiven. Etwas verhaspelt wirkte die Einleitung der Symphonie, weil die akzentuierende Rhythmisierung der Motiv- und Themengestalten eher wenig ausgeprägt wirkte. Aufhorchen ließen die Soli des Oboisten im Eröffnungssatz sowie jene des Holzbläserquartetts der Klarinette, dem Fagott, der Flöte und der Oboe. Einen feinsinnigen Schwebezustand entfaltete das Orchester vor dem Finale, wo mit vollem Blechbläsersatz die erhebende musikalische Wirkung gut zur Geltung kam. Die ständig aufstrebende Tendenz der Themengesten und die ausformulierte Dynamik des Leitgedankens „Vom Dunkel zum Licht“ zelebrierten das Concerto Stella Matutina und der mit sehr viel Körpereinsatz dirigierende Thomas Platzgummer mitreißend. Jubelnd dankten die Zuhörenden.

www.stellamatutina.at