Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Fritz Jurmann · 09. Jän 2014 · Musik

Talk und Trillerpfeife – Vorarlbergs Blasmusiker starten gut gelaunt ins 90. Jubiläumsjahr

Während man bei der Funkenzunft Bludenz darüber diskutiert, ob der Verein wirklich schon 350 Jahre alt ist, können Vorarlbergs Blasmusiker heuer auf ihr erst 90-jähriges Bestehen als Verband verweisen – dafür durch zahlreiche Urkunden belegt. Unter diesem Aspekt ging am Mittwoch ein diesmal etwas anders konzipierter Neujahrsempfang des Vorarlberger Blasmusikverbandes mit einer launigen Talkrunde im Zentrum über die Bühne des Rankweiler Vinomnasaales. Zahlreiche, meist in Trachten gekleidete Abordnungen von Blaskapellen waren dazu aus dem ganzen Land angereist und mischten sich nach dem offiziellen Programm locker mit Prominenz aus Kultur, Wirtschaft und Politik mit LH Markus Wallner an der Spitze.

Rankweil hat 1924 auch den Anstoß zur Gründung dieser Vereinigung als „Vorarlberger Harmoniebund“ gegeben. Die dortige Bürgermusik feiert heuer als eine der ältesten Kapellen des Landes ihr bereits 200-jähriges Bestehen und umrahmte aus diesem Anlass unter ihrem Kapellmeister Markus Summer gekonnt diesen Neujahrsempfang. Bei seiner Gründung waren 32 Vereine mit 850 Mitgliedern im damaligen „Harmoniebund“ zusammengeschlossen – der heutige Vorarlberger Blasmusikverband zählt 129 Kapellen mit 5.800 aktiven Mitgliedern und einem Rekordwert von über 4.000 Jungmusikern. Die Tendenz ist steigend, in beiden Bereichen auch der weibliche Anteil an Musikern. Mit Hunderten von Ausrückungen und Konzerten pro Jahr zu vielen Anlässen mit oft sehr anspruchsvollen Programmen sind die Blasmusikkapellen längst aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken und ein Stück unserer kulturellen heimatlichen Identität.

Starker Partner für die Kapellen


Diese stolze Entwicklung lässt auch beim Lochauer Wolfram Baldauf Wonnegefühle aufkeimen, der seit 2002 als Landesobmann den Verband führt und diesen als starken Partner und Servicestelle für die Kapellen in ihrem Alltag sieht. Ihm zur Seite ist der Bürser Thomas Ludescher bereits seit 1996 als Landeskapellmeister für die musikalischen Belange zuständig. Der Verband mit einer mehrköpfigen Geschäftsleitung samt hauptamtlichem Büro in der Villa Claudia in Feldkirch ist heute straff organisiert in sechs Bezirken mit jeweils eigenen Funktionären bis hinunter zu den einzelnen Kapellen.

Eine von Baldauf und Ehrenobmann Dr. Walter Fehle gestaltete Broschüre, die auf jedem Platz lag, listete die wichtigsten Stationen dieser 90-jährigen Geschichte penibel auf. Und es war eine Königsidee, diese Fakten und die aktuelle Situation im Verband in Form einer Gesprächsrunde mit kompetenten Leuten, die die Vergangenheit miterlebt haben oder heute an der Front stehen, mit Leben zu erfüllen. Verdienstvolle ehemalige Funktionäre und aktive Obmänner, Kapellmeister, Jugendreferenten aus verschiedenen Teilen des Landes berichteten über Entwicklungen oder ihre Arbeit im Blasmusikwesen, ihre Freuden und Sorgen, und sogar der Bürgermeister von Lech, Ludwig Muxel, war dazu aufgeboten, das Verhältnis seiner Gemeinde zur dortigen Blasmusik zu artikulieren.

Ein Sprachrohr der Blasmusik im Land


Allgemein bestätigt und bekräftigt wurde dabei die rege Tätigkeit des Landesverbandes als wichtiges Sprachrohr der Blasmusik in der Öffentlichkeit, auch im Feilschen mit der Politik um die notwendigen Subventionen, wobei die Kapellen heute rund drei Viertel ihrer jährlichen Gesamtaufwendungen von 3,3 Mill. Euro für Instrumente, Trachten, Noten, Musikheime etc. in Eigenregie aufbringen müssen.

Der Obmann der Lecher Blaskapelle, Stefan Jochum, erwies sich bei dieser Talkrunde als gewandter Moderator und brachte so in rund 45 Minuten sehr viel Information in lockerer Form und mit vielen kleinen Geschichten an die Zuhörer. Etwa die Sache mit der Trillerpfeife, die Ehren-Landeskapellmeister Prof. Edwin Malin aus Satteins erzählte. Eine solche hatte der erste Landeskapellmeister des früheren „Harmoniebundes“, der Deutsche Prof. Xaver Westerop, stets in der Tasche. Wenn er im Laufe seiner Tätigkeit jede einzelne Kapelle im Land bei einer Probe besuchte, um ihren Ausbildungsstand festzustellen und gute Tipps zu geben, dann unterbrach er, sobald er einen Fehler gehört hatte, das Spiel der Kapelle mit Hilfe dieser schrillen Trillerpfeife. Diese wurde so mit der Zeit zum Markenzeichen des gestrengen Lehrmeisters.

Trillerpfeife auch im Landtag?


Und die Trillerpfeife zog sich fortan auch als eine Art thematischer „roter Faden“ durch den Abend und landete zuletzt beim Landeshauptmann, der sich in seinen Gruß- und Dankesworten an die Blasmusiker samt Überreichung einer Ehrenurkunde zum Jubiläum ein solches Requisit wünschte, um fortan bei hitzigen Diskussionen im Landtag für Ruhe sorgen zu können. Obmann Baldauf, nicht faul, schenkte danach unter dem Gelächter des Publikums dem Landeshauptmann jene Trillerpfeife, die zuvor Edwin Malin bei seinen Erzählungen als Requisit verwendet hatte …

Nicht mehr so martialisch, sondern ganz seriös fundiert geht es heute im breit gestreuten Ausbildungsprogramm des VBV und den damit verbundenen Prüfungen und Auszeichnungen zu, auf die im Anschluss mit Hilfe von Power-Point-Präsentationen ausführlich verwiesen wurde. Die Angebote reichen vom beliebten Jungmusiker-Leistungsabzeichen, kurz JMLA, in verschiedenen Leistungsstufen, bis zur Kapellmeisterausbildung am Landeskonservatorium. Auch Wertungsspiele der Kapellen, wie sie im Jubiläumsjahr am 17./18. Mai auf Landesebene im Dornbirner Kulturhaus stattfinden werden, sind ein beliebter und spannender Gradmesser für den aktuellen Stand und die Leistungsfähigkeit der Kapellen, um deren Niveau Landeskapellmeister Ludescher eifrig bemüht ist.

Neuer Marsch von Senior Ludwig Bertel


Schließlich gab es an diesem Abend durch die Bürgermusik Rankweil auch noch die Uraufführung des Marsches „Dir zum Gruß, Land Vorarlberg“. Der Senior unter Vorarlbergs Blasmusik-Kapellmeistern, der 88-jährige Ludwig Bertel aus Langenegg, international bekannt geworden mit seinen „Bregenzerwälder Dorfmusikanten“, hatte diesen zum heurigen 140-Jahr-Jubiläum seinem Musikverein „Bergesecho“ Langenegg gewidmet. Es ist ein „typischer Bertel“, klangvoll instrumentiert und mit einer eingängigen Triomelodie, die das Publikum nach kurzer Einstimmung von vorbereiteten Texten freudig mitsang.

 

90. Generalversammlung des Vorarlberger Blasmusikverbandes: Samstag, 8. November, Messehalle Dornbirn