Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 20. Dez 2018 · Musik

Spielfreude und ein kommunikatives Miteinander – Jubel für fünf herausragende Kammermusiker in der Vorarlberger Landesbibliothek

Nachdem bekannt geworden war, dass die international aufstrebenden Musiker Emmanuel Tjeknavorian, Romaine Bolinger, Timothy Ridout, Payam Taghadossi und Kian Soltani in der Landesbliothek ein Konzert geben werden, war der Andrang über alle Maße groß und die Karten waren sofort ausgebucht. Unter anderem stand Schuberts berühmtes Streichquintett in C-Dur (D 956) auf dem Programm. Die Erwartungen an diesen außergewöhnlichen Kammermusikabend waren sehr hoch gesteckt und sie wurden erfüllt, denn die Musikerin und ihre fünf Kollegen spielten mit einer wunderbar geistreichen, kammermusikalischen Kommunikation.

Das Programm war klug und zielgerichtet aufgebaut, denn zuerst wendeten sich die Geigerin Romaine Bolinger sowie Emmanuel Tjeknavorian (Violine), Timothy Ridout (Viola), Payam Taghadossi und Kian Soltani (Violoncello) Mozarts Divertimento in F-Dur (KV 138) zu. Der voll besetzte Kuppelsaal bot beste Voraussetzungen für dieses musikalische Vergnügen, denn die Akustik trug gut und so entwickelte sich ein Drive, der ganz unmittelbar auf die Zuhörenden übertragen wurde. Die fünf Musiker, die allesamt herausragende Karrieren gestartet haben, formten die Musik schwungvoll und durchaus auch mit Mut zum Risiko, wie sich vor allem im energiegeladenen Presto zeigte.

Sich gegenseitig Ansporn geben

In Staunen versetzten Payam Taghadossi und Kian Soltani das Publikum mit ihrer Darbietung der Sonate für zwei Violoncelli in G-Dur des französischen Komponisten Jean-Baptiste Barrière. Dass die Beiden über eine atemberaubende Virtuosität verfügen, ist bekannt. Aufhorchen ließ darüber hinaus, in welcher Weise die Cellisten die Barocksonate klanglich ausgestalteten. So entfalteten sie die Musik mit einer spezifischen Tongebung, die abschnittsweise sogar an eine Viola da Gamba denken ließ. Feinsinnig und detailreich erklangen die ornamental verzierten melodischen Linien. Kian Soltani und Payam Taghadossi spornten sich gegenseitig an, keiner schenkte dem anderen etwas und so wurde besonders aus dem Allegro prestissimo eine vergnügliche Deutung, die auch durch die hervorragende Koordination der parallel geführten Stimmen beeindruckte.

Schwebende Ruhe und kantige Abgründe

Spannend war die Frage, in welcher Art die Musikerin und die vier Musiker das viel gespielte Streichquintett in C-Dur (D 956) von Franz Schubert interpretieren werden. Besonders der langsame Satz stellt hohe Ansprüche im Hinblick auf den Stimmenausgleich und die Ruhe, die von innen heraus die Klangflächen tragen soll. Gleich am Beginn zog der transparente Gesamtklang des Streichquintetts die Zuhörenden in seinen Bann. Rasch kristallisierte sich das starke Bassfundament von Payam Taghadossi und Kian Soltani heraus, dem Romaine Bolinger und Emmanuel Tjeknavorian an den Violinen geistesgegenwärtig entgegen hielten. Flexibel und gestalterisch agierte Timothy Ridout an der Bratsche. Im prägnanten Wechselspiel der fünf Stimmen kamen auch die schroffen musikalischen Kontraste eindringlich zur Geltung. Das Herzstück des Werkes und des ganzen Abends bildete das Adagio, in dem es den Musikern mit einer bewundernswerten Bedachtsamkeit gelang, den Klang schweben zu lassen und so Schuberts viel gerühmte „gedehnte Zeit“ sehr schön zelebriert wurde. Eine enorme Schubkraft, wieder von den tiefen Streichern ausgehend, durchzog das Scherzo. Den klanglich großen Gegensatz zum Trio kosteten die Musiker voll aus. Der sprühende Elan kam auch im tänzerischen Finale zur Geltung. In einem ständigen Geben und Nehmen sowie in einem gegenseitigen Getragensein entwickelte sich die Musik in einem atmenden Duktus.

Mit dem Choral „Abendlied“ von Joseph Gabriel Rheinberger bedankten sich die Musiker für den jubelnden Applaus.