Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 29. Mai 2022 · Musik

Songs von Grönemeyer traten in Beziehung zu Schubertliedern – das Simon Kräutler Quartett ermöglichte im Feldkircher Saumarkt eine spannende Begegnung

Der Sänger und Produzent Simon Kräutler hatte mit seinen Musikerfreunden, dem Tenor Wilfried Rogl, dem Gitarristen Stefan Wolf und dem Pianisten Ewald Brandstätter eine ausgezeichnete Idee. Im Quartett stellten sie Lieder von Franz Schubert und Songs von Herbert Grönemeyer musikalisch zueinander in Beziehung. Während einige Schubertlieder im Gewand von Chansons und als Jazzsongs mit E-Gitarre erklangen, wurden die Grönemeyersongs im „klassischen Stil“ mit Tenorstimme und Klavierpart dargeboten. Die meisten musikalischen Klangerlebnisse überraschten und überzeugten, jedoch ließen sich ein paar Schubertlieder nicht gerne gegen den Strich bürsten.

Simon Kräutler ist in Vorarlberg als kreativer Kopf des crossculture-Teams bei den Bregenzer Festspielen bekannt, auch das alljährlich stattfindende „Fest des Kindes“ wird von ihm organisiert. Seinen Lebensmittelpunkt hat der Künstler seit Jahren in Tirol. Als klassisch ausgebildeter Sänger wandte er sich dem Musical und dem Jazz zu. Seine große Liebe zu den Liedern von Franz Schubert blieb ihm über die Jahre hinweg erhalten. Wilfried Rogl ist als Tenor im Genre der Sakralmusik und des Liedgesangs tätig. Die beiden Sänger ergänzten sich beim Konzert im Feldkircher Saumarkttheater im Hinblick auf die Vokalgestaltungen der Gesangsparts hervorragend. Während Simon Kräutler die Melodien der Schubertlieder meistens als Ausgangspunkte für individuell ausgestaltete Songs verwendete, interpretierte Wilfried Rogl mit seinem feinen Timbre die Balladen von Grönemeyer im klassischen Stil. Ganz in die Dienste der Sänger stellten sich Stefan Wolf an der Gitarre und Ewald Brandstätter am Klavier.
Alle kennen den für Herbert Grönemeyer so typischen Gesangsstil, der eher rezitierend als gesungen wirkt. Genau dies gibt seinen Songs ihren ganz eigenen künstlerischen Ausdruck. Spannend war die Frage, wie sich der musikalische Gehalt der Grönemeyer-Lieder ändert, wenn sie von einem klassisch ausgebildeten Sänger mit Klavierbegleitung interpretiert werden. Die Wirkung war verblüffend, denn die Textinhalte und insbesondere die vielgestaltigen Klavierparts der Balladen traten eindrücklich in den Vordergrund. In den ersten beiden Nummern „Chaos“ und „Bist Du da“ wirkte das Klavier im Hinblick auf die Lautstärke zu dominant, doch danach pendelte sich die Balance zwischen dem Tenor und dem Pianisten ein. Die Ballade „Der Weg“ bildete zusammen mit dem Grönemeyer-Klassiker „Ich hab dich lieb“ den Höhepunkt des Abends. Mit seiner ausdrucksstarken Stimme gestaltete Wilfried Rogl die Melodien textdeutlich aus. Gleichzeitig kamen die klangfarbenreichen Modulationen der Klavierbegleitung schön zum Ausdruck. Auch in „Flugzeuge im Bauch“ formten Wilfried Rogl und Ewald Brandstätter die musikalischen Linien feinsinnig und ganz aus der Sprache heraus.

Romantische und zeitgenössische Balladen

Simon Kräutler und Stefan Wolf wendeten sich Liedern von Franz Schubert zu. In „Gute Nacht“ führten sie den melodischen Fluss in ein sinnliches Nachspiel, in dem Simon Kräutler feinsinnig über den Text „an dich hab‘ ich gedacht“ paraphrasierte. „Die Krähe“ verwendete der Sänger, indem er die Grundmelodie herauskristallisierte und diese als Chanson weiterführte. Ebenso polsterten Simon Kräuter und Stefan Wolf das Lied „Der Leiermann“ musikalisch auf. Diese Vorgangsweise wirkte zwar klangsinnlich, nahm aber im Vergleich zum Original dem textlich-musikalischen Ausdrucksgehalt die Tiefe.
Simon Kräutler führte locker durch den Abend und lud das gut mitgehende Publikum in „Das Wandern ist des Müllers Lust“ sowie in „Kinder an die Macht“ zum Mitsingen ein.
Im Quartett ergänzten sich die beiden Sänger, der Gitarrist und der Pianist gut. Aufhorchen ließ unter anderem Schuberts „Der Wegweiser“, in dem die harmonische Wendung von der Moll- zur Dur-Tonart wirkungsvoll hervorgehoben wurde. Gut zur Geltung kamen die beiden unterschiedlichen Stimmcharaktere von Simon Kräutler und Wilfried Rogl in Grönemeyers „Männer“. Die parallel geführten Stimmen ergänzten sich zudem in „Des Baches Wiegenlied“ sowie in „Alkohol“ hervorragend. Das Publikum reagierte begeistert auf die außergewöhnliche Fusion von Schubert und Grönemeyer.