Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Anita Grüneis · 21. Nov 2021 · Musik

SOL-Kammermusikkonzert mit Geige, Gitarre und Klarinette: Ungewöhnlich, eigenartig und virtuos

Die Besucherinnen und Besucher des 4. und somit letzten Abo-Kammermusikkonzertes «Erlebe SOL» erlebten im Vaduzer Rathaussaal eine ungewöhnliche und temperamentvolle Matinee. Ungewöhnlich war die Zusammensetzung der Soliste:innen mit Geige, Gitarre und Klarinette, temperamentvoll waren die gewählten Stücke. Es war ein Konzert von Meisterkomponisten, interpretiert von den Meistermusiker:innen Sara Domjanic, Petrit Çeku  und Sebastian Manz.

Auf dem Programm standen Werke von Komponisten, die fast alle erst im letzten Jahrhundert gestorben sind, außer Gioachino Rossini, dessen Leben bereits 1868 geendet hatte. Das Werk «L’Histoire du Tango» von Astor Piazzolla zog sich durch das gesamte Konzert wie ein roter Faden. Aufgeteilt in seine vier Stücke «Bordel 1900», «Café 1930», «Nightclub 1960» und «Concert d’aujourd’hui» ließ es viel Raum für die Kompositionen von Benny Goodman, Kinan Azmeh, Maurice Ravel, Gioachino Rossini und John Kander. Und natürlich für die freien Interpretationen der Musiker, die sich mit Leidenschaft und Spielfreude ans Werk machten. 

Durchzogen von Tanz und Wehmut
Die Fröhlichkeit und der Tanz dominierten in dieser guten Stunde. So war schon der Auftakt mit  dem Tango «Bordel 1900»  in der Besetzung mit Sarah Domjanic an der Geige, Petrit Çeku  an der Gitarre und Sebastian Manz an seiner Bassklarinette geprägt von Heiterkeit. Das war ein Piazzolla, wie ihn die meisten noch nie gehört hatten. Vor allem die Bassklarinette – die Sebastian Manz sich so zurecht gemacht hatte, damit er im Stehen musizieren konnte und entsprechend beweglich blieb, was sich nicht nur auf sein Musizieren beschränkte – setzte markante Akzente. Auch das zweite Stück von Piazzolla, «Café 1930», wurde geprägt von der Seele des Tangos – der Melancholie, der Sehnsucht, der Einsamkeit und der Leidenschaft. Genau diese Emotionen machten alle drei Musiker.innen mehr als deutlich. Die Geige durfte schluchzen und weinen, die Gitarre jammern und die Klarinette klagen. Und dann fegten sie zu dritt durch dieses Café 1930, als wollten sie die Wehmut darin verjagen. Beim dritten Stück, dem «Nightclub 1960», wurde es laut und bunt, die Gitarre blitzt immer wieder heraus und verband sich mit der Geige zum furiosen Schluss. Das vierte Stück von Piazzolla spielten Sara Domjanic und Petrit Çeku alleine und wieder konnte jeder im Publikum nur staunen, wie mühelos alles klang, wie selbstverständlich und wie unglaublich flink die Finger von Petrit Çeku über die Saiten seiner Gitarre glitten.

Jazz und Klassik, Ost und West vereint bei Kinan Azmeh
Zu einem der Höhepunkte wurde dann Kinan Azmehs 2012 komponiertes Werk «A scattered sketchbook». Der 1976 geborene Syrer erlebte den Krieg in seinem Heimatland mit, seit 1998 lebt und arbeitet er in New York. Da der Komponist selbst ein hervorragender Klarinettist ist, war dieses Werk für Sebastian Manz eine wahre Fundgrube, um sein virtuoses Können zu zeigen – diesmal mit der Klarinette. Begleitet wurde er von Sara Domjanic an der Geige, die dem furiosen und erschütternden Spiel eher zarte und besänftigende Töne entgegensetzte. Die beiden machten deutlich, dass sich in diesem zeitgenössischen Werk vieles vereint: Jazz und Klassik, östliche und westliche Klänge. Und alles ist Musik. Das Publikum dankte begeistert.

Rossini und Kander als Schlusspunkt
Die drei Musiker setzten zwei amüsante Schlusspunkte: Die Introduktion, Thema und Variationen in B-Dur von Gioachino Rossini und John Kanders «New York, New York», das in der Bearbeitung von Sebastian Manz zu «Vaduz, Vaduz» wurde. Beim Rossini-Werk pausierte die Geige, die Gitarre spielte für das Orchester, setzte markante Riffs und die Klarinette «sang» Arien mir höchsten Spitzentönen. Anscheinend hat Sebastian Manz mehr als zwei Lungenflügel, wo nimmt er sonst die Luft zum Spielen her? Beim letzten Stück meinte er zum Publikum: «Wenn Sie wollen, können Sie mitsingen», was dann aber doch nicht geschah. Dafür gab es als Zugabe von den drei Musiker:innen noch einmal «After you’ve gone» von Benny Goodmann und Co-Komponist Sebastian Manz meinte, der Titel laute nun: «After you’ve gone, we are gone too». So war es auch. Das Publikum dankte begeistert und applaudierte noch einmal heftig.

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