"Un métier sérieux - Ein richtig guter Job" in der Kinothek Lustenau (Foto: Filmcoopi Zürich)
Silvia Thurner · 31. Aug 2012 · Musik

Romantische Verwandlungen – Werke von Mahler, Schönberg und Strauss erweiterten das musikalische Panorama der Schubertiade Schwarzenberg

Musiker, die seit Jahren mit der Schubertiade verbunden sind, fanden in Schwarzenberg zu einem Kammerensemble zusammen, das mit einem herausragenden Programm die Aufmerksamkeit erregte. Zu hören gab es Klavier- und Orchesterlieder von Gustav Mahler, Schönbergs „Verklärte Nacht“ und die „Metamorphosen“ von Richard Strauss. Renaud Capuçon und Aki Saulière (Violine), Gérard Caussé und Beatrice Muthelet (Viola), Clemens Hagen und Gautier Capuçon (Violoncello), Alois Posch (Kontrabass) sowie Michael Volle (Bariton) waren die Garanten dafür, dass ein hochkarätiges Konzertereignis zu erleben war.

Fünf Mahler-Lieder interpretierte der deutsche Bariton Michael Volle und zog mit seiner dramatischen Ausdrucksart das Publikum sogleich in seinen Bann. Gustav Mahler hat für die Lieder sowohl eine Klavier- als auch eine Orchesterfassung komponiert. Die Werkdeutungen des „Schubertiade-Ensembles“ beruhten auf einer „reduzierten" Orchesterfassung, die Rudolf Leopold eingerichtet hatte. Reizvoll waren deshalb imaginierte Vergleiche mit den viel öfters zu hörenden Liedern in der Besetzung für Sänger und Klavier.

Spieltechniken, die Perspektiven öffnen

Hervorragend aufeinander abgestimmt und mit fein differenzierten Ton- und Klangnuancen spielten die Musiker ihren Part und boten damit eine bislang selten gehörte musikalische Tiefenwirkung. So waren naturalistische Sujets, wie beispielsweise im Lied „Wo die schönen Trompeten blasen“, transparent nachvollziehbar. Die Musiker formten die Trompetensignale derart raffiniert, dass die Farben der Obertonklänge Blasinstrumente evozierten. Mitreißend entwickelten sich melodische Gewichtungen vor allem im Lied „Nicht wiedersehen!“. Michael Volle formte mit einem deklamierenden Klagegesang und Seufzermotiven die Melodielinie und versinnbildlichte damit die schwermütige Stimmung bewegend. Auch die Rückertlieder „Ich atmet’ einen linden Duft“ sowie „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ verströmten eine nachhaltige Wirkung. „Erinnerung“, ein frühes Lied, wirkte in dieser Version für Streichensemble jedoch weniger authentisch.

Enthusiastisches Erleben

Arnold Schönberg komponierte das Streichsextett, op. 4 „Verklärte Nacht“ als frisch Verliebter. Die überschwängliche Darstellung der Erlebniswelt des Komponisten sowie romantische Naturschilderungen wurden durch das zugrundegelegte gleichnamige Gedicht von Richard Dehmel verstärkt. In der Interpretation mit Renaud Capuçon als Primgeiger und Clemens Hagen am ersten Violoncello verdichteten die Musiker den Satz durch außergewöhnliche Klanggebungen. Tremoli und Vibrati sowie filigrane Flageoletts verliehen dem Werk eine unmittelbar wirkende erzählende Kraft und das musikalische Ambiente wurde fantasievoll dargestellt. Wer am Höhepunkt - quasi bei der Liebesszene - ein eher plumpes Stöhnen nicht zurückhalten konnte, war nicht auszumachen, jedenfalls störte es das Musikerlebnis empfindlich.

Zeitgeschichte

Richard Strauss’ „Metamorphosen“ wurden ursprünglich für 23 Streicher komponiert. In der hier präsentierten kammermusikalischen Fassung für sieben Streicher, ebenfalls von Rudolf Leopold, wurde der in sich gekehrte Klagegesang über die Zerstörung Münchens im Jahr 1945 im Vergleich zum Original intimer. Die kontrapunktischen Verflechtungen der einzelnen Stimmen erklangen gut nachvollziehbar. Dicht und beklemmend wirkte die Musik vor allem durch die intensive Tongebung der Musiker.

Schubert und die Nachwelt

Derart komponierte Konzertprogramme wünscht man sich öfters bei der Schubertiade. Schubert und die Nachwelt ist ein musikalisches Thema, das bis in die Gegenwart wirkt. Viele Komponisten unserer Zeit profitieren von den damals so zukunftsweisenden kompositorischen Mitteln und entwickelten diese weiter. Dass das Publikum derartigen Konzertprogrammen offen gegenüber steht, bewiesen die vielen ZuhörerInnen im restlos ausverkauften Angelika-Kauffmann-Saal.