Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Anita Grüneis · 22. Dez 2021 · Musik

Residenzkonzert in Vaduz: Hinein in die Zukunft mit Brahms, Prokofiev und Debussy

Eine Woche lang haben der Geiger Marc Bouchkov und der Pianist Filippo Gorini mit ihren Studierenden im Rahmen einer «Music & Experience Week» intensiv gearbeitet. Für das Konzert im Vaduzer Rathaussaal spannten sie diese in einem kammermusikalischen Abend zusammen. Ihre hochbegabten jungen Musiker:innen sind zwischen 16 und 23 Jahre alt, kommen aus Deutschland, Russland und Italien.

Aus Italien ist Klavier-Lehrer Filippo Gorini, ein vielgebuchter Solist und gleichzeitiger Stipendiat an der Liechtensteiner Musikakademie. Der Geiger Marc Bouchkov, Belgier mit russischen Wurzeln, ist Professor in Belgien und Dozent an der hiesigen Internationalen Musikakademie. Auf dem Programm des Abschlusskonzertes ihrer Intensiv-Woche standen kammermusikalische Werke für Klavier und Violine von Johannes Brahms, Sergei Prokofiev und Claude Debussy. Es war ein Konzert von außergewöhnlicher Qualität, das wegen der angespannten Corona-Situation leider nur wenige Zuhörer:innen wahrnahmen. Per Livestream kamen die Daheimgebliebenen trotzdem in den Genuss dieses besonderen Konzerts.

Brahms mit seiner Thuner Sonate 

Zum Start spielten Sofia Manvati und Giorgio Lazzari, beide 21 Jahre alt, die ersten zwei Sätze aus Sonate Nr. 2 für Klavier und Violine in A-Dur von Johannes Brahms. Diese Liebes- und Liedersonate, auch «Thuner Sonate» genannt, war ein guter Einstieg in diesen Abend, in dem die inmitten der Schweizer Berge komponierte Musik im Mittelpunkt stand. Die Ruhe und Ausgeglichenheit, die der Komponist bei seinem Urlaubsaufenthalt in Thun empfunden haben mag, wurde auch vom Duo Manvati/Lazzari thematisiert. Lieblich und klar wirkte das Spiel der beiden, voller Heiterkeit und Spaß. Den zweiten Satz begannen sie zunächst eher reduziert, ganz so, als seien die Töne fragil, die Violine durfte hin und wieder vor sich hin träumen, während das Piano darauf achtete, dass sie sich nicht zu weit entfernte. Abwechselnd drehten und wendeten sie die musikalischen Motive und waren dabei gleichberechtige Partner.

Der Meister der leisen hohen Töne

Der Pianist Giorgio Lazzari spielte danach mit dem gleichaltrigen Alexey Stychkin die «Fünf Melodien op. 35a für Violine und Klavier » von Sergei Prokofiev. Der Komponist hatte das Werk einer russischen Sängerin gewidmet. Es schien, als hätte er es vorausahnend auch dem jungen Geiger Stychkin gewidmet. Denn er erwies sich bei diesem Werk als Meister der leisen hohen Töne. In allen fünf Sätze behielt er eine zärtliche Grundstimmung und Pianist Lazzari schien manchmal die Luft anzuhalten, um dieses Gespinst von weichen, lieblichen Tönen nicht zu stören. Alexey Stychkin konnte mit seiner Geige aber auch unglaublich charmant parlieren, mit den Piano-Tönen flirten und tanzen. Ein wunderbares Werk und eine ebensolche Interpretation, die mit viel Applaus bedacht wurde.

Mit Brahms und Debussy zum leidenschaftlichen Schluss

Es war nicht einfach für den 16jährigen Geiger Julian Kainrath, der gemeinsam mit der 18jährigen Isa Trotta danach die ersten beiden Sätze aus der «Sonate Nr. 3 in d-Moll» von Johannes Brahms spielte. Aber der junge Nachwuchskünstler ist bereits ein erprobter Konzertgeiger – so wurde er im letzten Jahr vom Konzerthaus Wien eingeladen und spielte dort zusammen mit dem renommierten Pianisten Till Fellner in einer Online-Konzertreihe eine Beethoven-Violinsonate. Bei dieser Brahms-Sonate zeigte er seine technische Brillanz, der die Pianistin Isa Trotta in nichts nachstand. Die beiden schufen im ersten Satz weite Bögen mit dem Hauptthema und ließen beim Adagio Wehmut, Sehnsucht aber auch Träumerei und Schmerz durchklingen. Ein durchwegs schöne Interpretation.
Laura Katherina Handler und Mira Iaiza, beide 23 Jahre alt, sorgten für einen temperamentvollen Schluss dieses Abends mit Claude Debussys «Sonate in g-moll». Seltsamerweise erinnerte Debussys Musik dabei an die bereits gehörten Werke von Johannes Brahms. Die beiden Musikerinnen müssen Kammermusik lieben, denn sie kommunizierten anhand ihrer Instrumente mit unglaublich differenzierten Klängen. Die Münchnerin Laura Handler erzählte mit ihrer Geige Geschichten, war dabei so virtuos, als wollte sie mit ihrer Geige Arien singen. Ihr ebenbürtig war Mira Iaiza am Piano, auch sie mit einer immensen Virtuosität, mit der sie jede Stimmung aufnahm und auch mal das eigene Temperament zügelte um mit der Geige im Gespräch zu bleiben.
Diesen Nachwuchs-Musiker:innen ist viel mehr Publikum zu gönnen. Bleibt zu hoffen, dass sie bald volle Zuschauerräume erleben können. Noch mussten sie mit Maske auf die Bühne marschieren, manche spielten sogar mit ihr. Da blieb es unverständlich, dass manche Zuhörer keine Maske anzogen oder ihre Masken während des Konzert auf halbmast setzten.

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