Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Anita Grüneis · 19. Dez 2021 · Musik

Blues-Gigant Philipp Fankhauser und seine Band rockten den Schaaner SAL

Gleich viermal musste ein geplantes Konzert mit Philipp Fankhauser verschoben werden – das letzte Jahr vom März in den Juni und dieses Jahr vom März in den Dezember. Am Samstagabend aber war es dann aber wirklich soweit – Philipp Fankhauser und sein «Lieblingsquintett» standen live auf der Bühne im Schaaner SAL. Das Publikum schien genauso erfreut wie die Musiker, besetzte den Saal fast bis auf den letzten Platz und feierte die Band mit Standing Ovations.

Dabei sah es zu Beginn gar nicht nach großer Fete aus. Philipp Fankhauser kam auf die Bühne, begrüßte die Anwesenden kurz mit einem «Guten Abend Schaan» und schon legten die Musiker mit den ersten Stücken los. Auf dem Programm standen Werke des neuen Albums mit dem Titel «Let life flow». Die ersten zwanzig Minuten spielten sie, als wollten sie gar nicht glauben, dass sie nun tatsächlich in Schaan vor Publikum auftraten. Und das Publikum reagierte ähnlich – ganz so, als wäre es überrascht, live Musik zu hören und dann noch in dieser Top-Qualität. Als der Hit aus dem Jahr 1995 «Members Only» gespielt wurde, war dies fast wie eine Zusammenfassung des Konzert-Einstiegs, denn darin heißt es «Members only, it's a private party ... Bring your broken heart». Es muss das «broken heart» gewesen sein, das die Stimmung auf der Bühne und im Publikum löste. Philipp Fankhauser begann Anekdoten zu erzählen, wies darauf hin, dass es beim Eingang Kassetten mit seiner Musik zu kaufen gebe, was natürlich für grosses Gelächter sorgte. Kassetten! Wer hat denn noch das Gerät dazu? Aber anscheinend sind sie wieder mega-hip und junge Leute kaufen Kassettenrecorder wegen der Fankhauser Musik! Eine schöne Geschichte.

Der bluesige Jazz oder der jazzige Blues leidenschaftlicher Musiker

Aber Philipp Fankhauser hatte vor allem schöne musikalische Geschichten mitgebracht. Davon erzählte er mit seiner leicht kratzigen Blues-Stimme, seinem exzellenten Gitarrenspiel und seinen leidenschaftlichen Musikern. Marco Jencarelli trieb seine Gitarre immer wieder durch alle Höhen und Tiefen und erinnerte an beste Woodstock-Gitarristen, Hendrix Ackle ließ sein Hammond B3-Piano jaulen und jauchzen, es vibrierte, blubberte und war auch mal sehr schrill. Altmeister Jimmy Smith hätte seine Freude gehabt. Der jüngste Zugang der Band, Andy Tolman, zeigte sich als umsichtiger Bassist, der die anderen erdete, alles zusammenhielt und für die tragfähige Basis sorgte. Da konnte Schlagzeuger Richard Spooner abheben und seine Drums voller Passion erzittern lassen, alle anderen antreiben und immer den perfekten Schlusspunkt setzen.
Gemeinsam rockten sie den SAL, streuten die Blues- und Jazzklänge tief in den Zuschauerraum hinein, bis das maskierte Publikum angebissen hatte. Philipp Fankhauser holten sich das Klatschen, dirigierte es und nahm es in seinen Song hinein. Die pure Leidenschaft der Musizierende sprang über, der groove breitete sich überall aus, der Saal bebte. Da blieb kaum jemand ruhig sitzen, dazu war der Jazz zu bluesig und der Blues zu jazzig. Und auch ein Weihnachts-Song von Charles Brown hatte genau die richtige Stimmung und Philipp Fankhauser die richtige Stimme und so tönte es: “Please, come home for Christmas, If not for Christmas, by New Year's night».

Rock of love for the flow of life

Viele der neuen Songs von Philipp Fankhauser trafen mit ihrem Bluesfeeling die Herzen der Zuhörenden, der Song “the rock of your love” ebenso wie «Wave you goodbye». Der Künstler wurde vor drei Jahren von einer Krankheits-Diagnose erschüttert – neben dem Morbus Bechterew, den er seit seiner Kindheit hat und der ihn immer weniger mobil macht. Fast ein Jahr lang glaubte er, er müsse sterben und war geplagt von Selbstmitleid – auch darüber sang er an diesem Abend. Der Blues half ihm aus der Krise und «Let life flow» wurde zum Leitmotiv. Nach knapp zwei Stunden verabschiedete sich die Band und das Publikum holte sich mit seinem begeisterten Applaus zwei Zugaben. Philipp Fankhauser zeigte eine neue Seite – er sang berndeutsch «chasch mers gloube» und zu Ehren von Lucio Dalla den italienischen song «Milano».
Das sollte der Schluss sein, doch das Publikum feierte die Band weiter mit Standing Ovations und so kamen die fünf wieder auf die Bühne mit einem satten Blues-Soul-Song, der den Saal noch einmal erbeben ließ. Er müsse haushalten mit seiner Energie, meinte Philipp Fankhauser in einem Interview. Davon war an diesem Abend nichts zu spüren. Das war Soul-Blues-Rock-Power pur.

Philipp Frankhauser: Let Live Flow Tour
Samstag, 15.1. 22, 20.30
Kammgarn Kulturwerkstatt, Hard 

https://www.philippfankhauser.com/