Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 18. Mai 2013 · Musik

Personelle Weichenstellungen schaffen neue Perspektiven – Thomas Heißbauer ist neuer Geschäftsführer des Symphonieorchesters Vorarlberg

Nachdem sich Anfang des Jahres die Wege von Michael Löbl und dem Symphonieorchester Vorarlberg getrennt haben, wurde die Stelle des Geschäftsführers umgehend ausgeschrieben. Aus vierundvierzig Bewerbungen erhielt der Salzburger Kulturmanager und ehemaliger Profimusiker Thomas Heißbauer den Zuschlag und wurde als neuer Mann in dieser für die Musikszene des Landes bedeutenden Stelle vorgestellt. Derzeit ist der 45-Jährige beim Mozarteumorchester in Salzbug für die Orchesterdisposition und im Projektmanagement für kulturelle Bildung tätig. Ab September 2013 wird er für die Geschicke des Symphonieorchesters Vorarlberg (Mit)Verantwortung tragen. Im Interview mit Silvia Thurner erzählt Thomas Heißbauer von seinen Plänen, erinnert sich an MusikerInnen des SOVs, erwähnt die Musikvermittlung als sein Herzensanliegen und gibt Einblicke in die zukünftigen Vorhaben des Symphonieorchesters.

Was hat Sie dazu bewogen, sich als Geschäftsführer des Symphonieorchesters Vorarlberg zu bewerben?

Klassische Musik ist meine Leidenschaft und ich habe viele Eindrücke und Erfahrungen auf beiden Seiten des Orchesterbetriebes sammeln können. So war es nur zu verständlich, dass der Wunsch selbst gestalten zu können und Verantwortung für ein Orchester zu übernehmen vorhanden war. Das Symphonieorchester Vorarlberg hat viel künstlerisches Potential, mit den handelnden Personen war eine große Übereinstimmung der gemeinsamen Ziele schnell erkennbar und die spezielle Struktur des Symphonieorchesters bietet viel Spielraum in der Programmgestaltung aber auch im Beschreiten neuer Konzertformate. Darüber hinaus war für mich der Wunsch nach mehr Musikvermittlung eine Forderung, die bei mir offene Türen eingerannt hat.

Mit Gerard Korsten gemeinsam im Orchester musiziert

Kennen Sie den Chefdirigenten Gerard Korsten bereits oder werden Sie sich erst kennen lernen?

Ja, ich kenne Herrn Korsten bereits seit langer Zeit. Wir hatten ja noch gemeinsam in der Camerata Salzburg unter dem legendären Sandor Vegh gespielt. Unsere Wege haben sich aber auch später immer wieder gekreuzt, als er zum Beispiel als Dirigent Konzerte des Mozarteumorchesters Salzburg geleitet hat.

Studienkollege und Freund

Haben Sie Kontakte zu anderen Musikern in Vorarlberg, eventuell aus ihrer Tätigkeit beim Mozarteum Orchester oder von der Universität Mozarteum her?

Die Musikerwelt ist ja klein, und so kenne ich doch etliche Musiker aus Vorarlberg, mit denen ich einst zusammen musiziert hatte oder mit denen ich in meiner Funktion als Orchesterdisponent in Salzburg Kontakt habe und hatte. Darunter natürlich auch Kollegen, die heute Mitglied des Symphonieorchesters Vorarlberg sind.

An dieser Stelle möchte ich aber auch erwähnen, dass ich zu einem Vorarlberger Musiker und Mitglied des SOV eine sehr freundschaftliche Beziehung hatte, die leider durch seinen frühen Tod beendet wurde. Herwig Morscher war mein Horn-Studienkollege in Salzburg und Partner auf zahlreichen Orchestertourneen.

Aktive Musikerlaufbahn beendet

Sie sind Hornist und haben 2009 Ihre aktive Laufbahn als Orchestermusiker beendet. Spielen Sie noch Kammermusik oder anderswo, z.B. im Musikverein?

Nein, ich habe meine aktive Karriere im Jahre 2009 aufgrund von Schwierigkeiten mit der Lippenmuskulatur schweren Herzens beendet. Dennoch habe ich im Hinterkopf immer noch den Wunsch, ein Streichinstrument (Cello) zu erlernen. Momentan haben aber andere Projekte Priorität.

Projekte der Musikvermittlung

Sie sind derzeit in der „Orchesterdisposition und im Projektmanagement für kulturelle Bildung” im Mozarteumorchester Salzburg tätig. Welche Tätigkeitsbereiche beinhaltet der Bereich „kulturelle Bildung“?

Der Tätigkeitsbereich „kulturelle Bildung“ ist eine Herzensangelegenheit von mir. Er beinhaltet im Generellen das Themen Musikvermittlung, wobei mein Hauptaugenmerk auf Projekte der Musikvermittlung speziell für Erwachsene und Senioren lag. In dieser Hinsicht möchte ich auch mit dem SOV Projekte und Konzertformate verwirklichen, die dem Zuhörer und dem Noch-nich-Zuhörer neue Hörerfahrungen vermitteln.

Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen

Im Rahmen des Jugendprojektes ‚2 ORCHESTRAS’ wurden das Profiorchester und eine Jugendorchester zusammen geführt, gemeinsam wurde ein Auftragswerk realisiert. Sind derartige Projekte und Ideen für Projekte auch bei den Hearings und den Gesprächen über die Zukunft des SOV zur Sprache gekommen?

Jetzt nicht dezitiert über dieses Projekt „2 Orchestras“, aber sehr wohl ist auch über die Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen wie z.B. dem Konservatorium Feldkirch gesprochen worden. Hierzu kann ich nur sagen, dass ich jemand bin, der Kooperationen sehr offen gegenüber steht, der versucht, Synergien aus den vorhandenen Ressourcen zu nutzen.

Schulpatenschaften

Das Mozarteumorchester bietet auch Schulpatenschaften an, um junge musikbegeisterte Kinder und Jugendliche anzusprechen. Wie gehen Sie vor?

Dem Modell Schulpatenschaft kann ich schon sehr viel Positives abgewinnen. Denn die Musikvermittlung hat schon eine völlig andere Qualität, wenn sie so verstanden wird, dass Kinder und Jugendliche über eine ganze Saison lang Kontakt mit und Betreuung durch ein Orchester haben. Die Kinder bekommen einen völlig anderen Bezug zur klassischen Musik, wenn sie sich auch aktiv mit dieser Art von Musik auseinander setzen. Also die Form der Partizipation in der Musikvermittlung ist mir sehr wichtig.

Künstlerisches Potential des SOV

In welcher Form haben Sie das Symphonieorchester Vorarlberg bisher wahrgenommen. Was ist Ihnen in Erinnerung?

Ich wusste, dass das SOV in früheren Zeiten immer wieder auch in Wien gespielt hat. So kann ich mich an ein mehr oder weniger zufälliges Treffen mit vielen Musikern des SOV nach einem Konzert erinnern, als ich zur selben Zeit mit der Camerata Salzburg in Wien konzertierte. Auch dass Christoph Eberle lange Zeit der Chefdirigent des SOV war, ist und war mir bekannt, da Herr Eberle ja auch eine Zeit lang Kapellmeister im Landestheater Salzburg war. Ich habe auch das letzte Konzert des SOV am 5. Mai in Bregenz besucht und war sehr von der Qualität der Darbietung angetan. Es zeigte mir, dass viel künstlerisches Potential vorhanden ist und hat mich in meiner Absicht, nach Vorarlberg zu gehen, bestätigt.

Projektorientiertes Arbeiten

Das SOV arbeitet projektorientiert. Kennen Sie auch andere derartige „Orchestervereine“, die auf einem so hohen Niveau arbeiten?

Ich denke, dass das auch einer meiner Vorteile ist, dass ich sowohl den Betrieb eines Berufsorchesters als auch eines Projektorchesters kenne. Die Camerata Salzburg ist ja ähnlich strukturiert wie das SOV. Insofern kenne ich die Vorzüge, aber auch die Nachteile, die die jeweiligen Orchesterstrukturen mit sich bringen.

Über die Landesgrenzen hinaus wirken

Ein wichtiges Anliegen wird es in naher Zukunft wohl sein, das Orchester auch außerhalb der Landesgrenzen bekannt zu machen. Was haben Sie diesbezüglich für Vorhaben?

In der Tat ist es mir ein Anliegen, das SOV wieder vermehrt in der österreichischen Orchesterlandschaft zu positionieren. Ich möchte versuchen durch meine Kontakte, das Orchester wieder jährlich nach Wien zu bringen, auch Konzerte in Salzburg sollten angestrebt werden. Natürlich sind Reisen mit einem großen Symphonieorchester immer auch eine finanzielle Frage, aber das Ziel muss es sein, das SOV neben den Konzertzyklen in Vorarlberg auch außerhalb der Landesgrenzen zu präsentieren.

Moderne Musik

Welche Erfahrungen haben Sie mit Musik des 20. und 21. Jahrhunderts und welche Musikstile und Komponisten der Gegenwart liegen Ihnen nahe?

Da muss man grundsätzlich sagen, dass es ja nicht die Musik des 20. und die Musik des 21. Jhdts gibt. Es gibt ja so viele unterschiedliche Tendenzen und Stilrichtungen, auch bei zeitgenössischen Kompositionen.

Grundsätzlich möchte ich betonen, dass eine mit öffentlichen Geldern subventionierte Kulturinstitution auch den Auftrag hat, sich für neue Kompositionen einzusetzen und diese zu fördern, indem man diese auch auf die Spielpläne setzt. Dabei gilt es eine ausgewogene Balance auch in der Programmgestaltung zu finden, damit sich das Publikum Neuem gegenüber nicht verschließt.

Ich bin sozusagen ein musikalischer Gourmand und Gourmet. Ich höre gerne viel und gute Musik, kreuz und quer durch die verschiedenen Stilrichtungen. Und hilfreich dabei ist, dass ich neugierig bin. Neugierig auf Neues und Gutes.

Orientierung im EU-Subventionstopf

Sie haben in Kufstein den Studiengang für Sport-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement belegt und in diesem Zusammenhang an einer Publikation über EU-Kulturförderungen mitgearbeitet. Was waren die Inhalte dieser Umfrage und inwiefern profitieren Sie von diesem Wissen auch im Hinblick auf ihre neue Herausforderung beim SOV?

In der von Ihnen angesprochenen Umfrage ging es um die Erforschung, ob und welche Erfahrungen Kulturinstitutionen bei der Antragstellung für EU-Fördergelder gemacht haben. Zu diesem Zwecke wurden Fragebögen an ca. 300 Kulturinstitutionen im deutschsprachigen Raum geschickt. Der Rücklauf war relativ ernüchternd. Die befragten Verantwortlichen berichteten mehrheitlich über massive Schwierigkeiten an EU-Fördergelder zu kommen. Gerade kleinere Institutionen resignieren oft aufgrund des hohen personellen Aufwandes bereits bei der Antragstellung und verzichten auf Gelder aus den EU-Töpfen.

Durch die Auswertung der Studienergebnisse bekommt man natürlich einen Überblick über grundsätzliche Hürden bei der Antragstellung, oder um es im positiven Sinne zu sagen, wie ein Konzept gestaltet sein soll, damit sich die Chancen auf Zusage von Fördergeldern erhöhen.

Es gilt vorerst einmal abzuwarten, wie die Kriterien für das neue EU-Programm „Kreatives Europa (2014-2020)“ tatsächlich aussehen werden, aber in meinen Überlegungen und Ideen für Projekte mit dem SOV spielt auch diese Finanzierungsmöglichkeit eine Rolle.

Musik und Sport

Einem Interview habe ich auch entnommen, dass sie Marathonläufer sind. Im Bereich der Kultur und der Kulturpolitik ist es ja wohl nicht unvorteilhaft, wenn man eine gute Kondition hat. Wo sehen Sie die Verbindungslinien zwischen den beiden Interessen für Musik und Sport?

Leider Gottes bin ich in den letzten Monaten nur wenig zum Laufen gekommen, aber durch die Übersiedlung nach Vorarlberg werde ich die Teilnahme am Bodensee 3-Länder-Marathon ins Auge fassen.

Jetzt aber zu Ihrer eigentlichen Frage: Aus der Perspektive des aktiven Sportlers und Musikers habe ich in der Vergangenheit festgestellt, dass beide von der Psyche her sehr ähnlich ticken. Dass Motivation und Begeisterung für eine Sache sehr viel bewegen kann, dass aber andererseits auch mangelndes Selbstvertrauen oder Selbstzweifel einem Erfolg im Wege stehen können.

Aus der Perspektive des Publikums ist dem Sport als auch der Musik eigen, dass es sich um Unterhaltung im weitesten Sinne handelt. Und dabei spielen wiederum bei beiden Bereichen Emotionen eine große Rolle, nicht nur bei den Zuhörern resp. –schauern, sondern auch bei den handelnden Personen.

Das SOV am Musikmarkt präsentieren

In welche Richtung wollen Sie das SOV im Idealfall während den nächsten Jahren führen. Was sind vorerst Ihre Prioritäten?

Wie bereits erwähnt, möchte ich das SOV wieder verstärkt am Musikmarkt präsentiert sehen. Mehr Konzerte auch außerhalb der Landesgrenzen sollen dem SOV helfen, wieder verstärkt wahrgenommen zu werden.

Ein weiteres Anliegen meiner Geschäftsführungstätigkeit wird die Installierung nachhaltiger Musikvermittlungsaktivitäten für Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene sein, weil ich der festen Überzeugung bin, dass durch die Beschäftigung mit klassischer Musik Fantasie und Kreativität beflügelt werden können.

Sie leben derzeit mit Ihrer Familie in Salzburg. Haben Sie vor, vorerst zu pendeln oder wird ihre Familie mit an den Bodensee übersiedeln?

Nachdem zwei meiner Kinder noch eine Schule in Salzburg besuchen, wird meine Familie zunächst noch in Salzburg bleiben. Ich werde eine kleine Wohnung in Vorarlberg beziehen, da mir Präsenz vor Ort sehr wichtig ist.

Danke für das Gespräch.