Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 28. Jul 2021 · Musik

Optimistische Musik, Lautmalereien und hymnische Chöre – das erste Orchesterkonzert bei den Bregenzer Festspielen löste viel Jubel aus

Das 75-jährige Jubiläum der Bregenzer Festspiele feierten die Wiener Symphoniker unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada gemeinsam mit dem Bregenzer Festspielchor sowie dem KornmarktChor Bregenz und dem symbolträchtigen Werk „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn. Zusammen mit der Sopranistin Shira Patchornik, dem Tenor Patrik Reiter sowie dem Bassbariton Florian Boesch wurde die Werkdeutung zu einem umjubelten Fest. Der inspirierende Geist des Werkes sowie die von der Bühne herunter spürbare Begeisterung und das herausragende Niveau der Darbietung versetzten die Zuhörenden im großen Saal des Festspielhauses in Jubelstimmung.

Haydns Schöpfung ist ein optimistisches Werk, das Zuhörende unmittelbar mitreißt. Die Musik ist mit zahlreichen volkstümlichen Melodien, fulminant aufbauenden Chorpassagen, vielen unmittelbar verständlichen Naturschilderungen sowie humorvollen Nachahmungen von Tierlauten kurzweilig und zugänglich. Mehr als anachronistisch wirken zwar die Textinhalte im dritten Abschnitt, aber sie sind ein Zeichen der damaligen Zeit und in diesem Sinn hilft es, sich auf die  Musik zu konzentrieren.
Das allseits beliebte Oratorium passte wunderbar als Geburtstagsgeschenk für das 75-jährige Bestandsjubiläum der Bregenzer Festspiele, die bekanntlich nicht von einem prominenten Personenkomitee gegründet worden sind, sondern aus dem Bedürfnis von musik- und kulturbegeisterten Menschen nach Kunst entstanden sind. Zudem war es das erste große Chor- und Orchesterkonzert nach dem coronabedingten Stillstand. Wohl auch aus diesem Grund nahm das Publikum das erste Orchesterkonzert bei den diesjährigen Bregenzer Festspielen mit einer besonderen Empathie auf.
Das Solistentrio mit der kurzfristig engagierten Sopranistin Shira Patchornik, dem Tenor Patrik Reiter und dem Bassbariton Florian Boesch war gut, jedoch etwas unausgeglichen besetzt. Shira Patchornik und Patrik Reiter zählen zur jungen Generation aufstrebender Künstler. Florian Boesch ist im Vergleich zu den beiden ein „alter Hase“, besitzt eine herausragende Bühnenpräsenz und gestaltete seine Rolle als Raphael und Adam mit unzähligen raffinierten und humorvollen Details souverän aus. Shira Patchornik war kurzfristig eingesprungen, meisterte ihre Parts als Gabriel und Eva gut und ließ mit ihren Koloraturen immer wieder aufhorchen. Fein nuanciert führte sie ihre warme Sopranstimme. Allerdings sang sie nicht sehr textdeutlich und war im Vergleich zu ihren Partnern öfters in den Noten verhaftet. Im Zusammenwirkten mit Florian Boesch während des dritten Abschnittes wirkte die Sopranistin gelöster und gestaltete die Gesangslinie mit viel Emotion aus. Patrik Reiter fand sich rasch in die Rolle des Uriel ein, führte seinen hellen Tenor auch im Piano mit einer schön abgerundeten Tongebung und transparent.

Stimmiges gemeinsames Gestalten

Bewundernswert agierten die Chorsängerinnen und -sänger, die meisten sind Mitglieder des Bregenzer Festspielchores und des Bregenzer KornmarktChores. Sie sangen enthusiastisch, artikulierten prägnant und entfalteten die Phrasierungsbögen mit einem gut ausbalancierten Chorklang, der in allen Passagen souverän wirkte. Die Handschrift von Benjamin Lack in dieser geistreichen Choreinstudierung war im Niveau der Darbietungen hör- und spürbar.
Die Wiener Symphoniker unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada spielten musikantisch und formten die einzelnen Teile des Orchesterparts gekonnt und in einer guten Abstimmung mit den Gesangssolisten und dem Chor aus. Wenngleich mitunter die Koordination etwas undifferenziert wirkte, kam die musikalische Energie gut zur Geltung. Im Pianissimo der nebulosen Einleitung ließ sich das Orchester bewusst Zeit, zielte ganz auf den erhebenden Fortissimoklang bei der Textpassage „Es ward Licht“ ab und schaffte damit eine aufrüttelnde Wirkung.
Frenetisch, mit lang anhaltendem Jubel und herzlichem Applaus dankte das Publikum für die Darbietung.