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Thorsten Bayer · 05. Mai 2019 · Musik

Nicht ganz überzeugend – The Brew und Pristine im Spielboden Dornbirn

Am gestrigen Samstag müssten sich die beiden Bands fast wie zuhause gefühlt haben: Dem Mai-Datum zum Trotz, das einen lauen Abend erwarten oder zumindest erhoffen lässt, bildeten Temperaturen knapp über dem Nullpunkt und Dauerregen die stimmige Kulisse für einen Gig von Pristine aus Tromsø, einer norwegischen Stadt nördlich des Polarkreises. Und die Hauptband, The Brew, stammt aus Grimsby an der englischen Ostküste ...

The Brew eilt der Ruf einer mitreißenden Rock-Liveband voraus. Manch ein Spielboden-Besucher brachte auch genau solche Erinnerungen an das Konzert des Trios mit, das im Mai 2017 an gleicher Stelle stattgefunden hatte. „The Art of Persuasion“ heißt das aktuelle Album. Doch genau diese Überzeugungskunst, wie der Titel übersetzt heißt, gelingt den Briten nur phasenweise. Schnörkellos legen Sänger und Gitarrist Jason Barwick, Bassist Tim Smith und sein Sohn Kurtis an den Drums los. Für Ansprachen ans Publikum verschwenden sie keine Zeit. Sie verstehen ihr Handwerk. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen, wie ein Solo von Kurtis zeigt, bei dem er die Drumsticks zur Seite legt und zur Begeisterung der Zuschauerinnen und Zuschauer sein Instrument mit bloßen Händen spielt.

Stilsicher

Tim Smith sagte in einem Interview zum neuen Album auf neckbreaker.de: „Wir denken nicht wirklich über den Stil nach. Wir haben jetzt unseren eigenen, wir wissen, welche Art von Musik wir machen und was unsere Fans lieben. Wir starten immer von Null mit den Ideen, die jeder von uns in die Songwriting-Sessions mitbringt. Wir spielen damit und entscheiden, welche davon wir weiter ausarbeiten. Wir müssen aber ein gutes Gefühl haben und daran glauben, ansonsten hat die Nummer keine Chance. Für uns geht es immer darum, dass wir selbst in einen Song hineinfinden; wenn wir selbst schon nicht daran glauben, wer soll es dann?"
In Dornbirn finden sie in ihre – seltenen – langsameren Stücke am besten hinein. Weniger Distorsion, mehr Hall ist das Rezept für die besten Momente der Band, die zweifellos spielfreudig, super eingespielt ist und das Publikum schnell im Griff hat. 

Energiegeladener Auftritt

Wer seine Band Pristine (auf Deutsch: makellos) nennt, hat entweder einen besonders hohen Anspruch an sich selbst, die seltene Gabe zur Selbstironie – oder beides. Was Sängerin Heidi Solheim hat, ist auf jeden Fall eines: reichlich Energie, und zwar bis in die leuchtend roten Haarspitzen. Als sie pünktlich um 21 Uhr mit ihren Kollegen Espen Elverum Jakobsen (Gitarre), Gustav Eidsvik (Bass) und Schlagzeuger Ottar Tollefsen die Bühne im Großen Saal betritt, bolzen die vier auf Anhieb richtig los.
Die fetten, bluesigen Riffs stehen den Skandinaviern mit ihrem aktuellen Album „Road back to ruin“ gut. Dabei gilt auch für die Supportband: Weniger (Dampf) ist mehr. Wenn sie den Fuß vom Gaspedal nehmen, steigt die Intensität. Als nach den ersten Stücken die Sound-Abmischung besser passt und Solheims beeindruckender Stimme das Dauer-Kreischen genommen wird, können die Musiker ihre Stärken gut ausspielen. Ein sympathischer Auftritt, bei dem sie nichts falsch machen. So richtig warm wird der Autor dieses Textes dennoch nicht mit dieser Show. Aber vielleicht ist es dafür tatsächlich draußen einfach zu kalt.