Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 20. Jun 2022 · Musik

Mutig, aufgeschlossen und erfrischend – der Orchesterverein Götzis sowie Yunus Kaya und Darius Grimmel hinterließen einen tiefen Eindruck

Der Orchesterverein Götzis gab nach zwei Jahren Zwangspause wieder die traditionelle Matinee in der Kulturbühne AmBach und stellte einmal mehr unter Beweis, welche große Bereicherung dieses Kammerorchester für die Kultur in Vorarlberg ist. Viele junge Musiker:innen finden hier eine Möglichkeit, Orchestererfahrungen zu sammeln. Darius Grimmel erhielt einen Kompositionsauftrag und dessen Werk „Black Water“ wurde mit großem Erfolg uraufgeführt. Ebenso wurde der Pianist Yunus Kaya eingeladen, zusammen mit den Orchestermusiker:innen das Klavierkonzert von Ferruccio Busoni zu interpretieren. Die Werkdeutung begeisterte und wurde stürmisch gefeiert. Am Pult stand Benjamin Lack, der das Orchester mit viel Esprit und großem Aufforderungscharakter leitete.

Der musikalische Leiter des Orchestervereins Götzis, Markus Ellensohn, geht seit Jahren auf die Suche nach Kompositionen, die nicht alle Tage zu hören sind. Dieses Mal holte er Jugendwerke vor den Vorhang und stellte ein ansprechendes Konzertprogramm zusammen.
Im Mittelpunkt stand der Pianist Yunus Kaya, der zusammen mit dem Orchesterverein das Konzert für Klavier und Streichorchester in d-Moll von Ferruccio Busoni interpretierte. Vor allem die feinsinnige Kommunikation zwischen dem Solisten und dem geistesgegenwärtig musizierenden Orchester verlieh dem Eröffnungssatz ein markantes Profil. Unter anderem das Adagio spielte Yunus Kaya mit der für ihn typischen, sensiblen Anschlagskultur, die den gesanglichen Charakter des Hauptthemas beeindruckend unterstrich. Die poesievolle Zwiesprache mit dem Konzertmeister Markus Ellensohn und dem Cellisten Thomas Dünser sowie die „Wechselgesänge“ des Pianisten mit dem Orchester ergaben ein imponierendes und klangsinnliches Hörerlebnis. Im Finalsatz phrasierte Yunus Kaya die virtuosen Tongirlanden, die aus Motivketten gebildet wurden, mit wirbelnder Leichtigkeit. Zusätzliches Profil erreichte der Pianist durch die klare Strukturierung der musikalischen Sinneinheiten.

Markante Tracks

In der Stimmgruppe der Kontrabassisten des Orchestervereins Götzis musizierte Darius Grimmel. Die Programmverantwortlichen baten ihn um eine neue Komposition. So erhielt der 26-jährige, aufstrebende Musiker und Komponist ein ideales Podium für sein impulsives und rhythmusbetontes Werk namens „Black Water“. Was es mit dem Titel auf sich hat, verriet der Komponist nicht und öffnete damit den Raum für eigene Überlegungen.
Spannend leiteten die Musiker:innen das Werk mit Perkussion und Pizzicati im Pianissimo ein. Sodann intonierten die Violinen die themenbildenden Töne mit einem fahlen Ausdruck. In kurzer Abfolge variierte Darius Grimmel diesen musikalischen Ausgangsgedanken, veränderte ihn rhythmisch sowie im Ausdrucksgehalt, sodass sich einzelne Abschnitte wie Shortcuts aneinanderreihten. In eher tiefer Lage wurde die anschauliche Musik, die auch an einen Soundtrack denken ließ, weitergeführt, bis das Hauptthema als Kantilene in den hohen Streichern wieder zu hören war. Energiegeladen baute sich zum Schluss hin eine Sogwirkung auf, die zuerst in einen Schlag der großen Trommel mündete und schließlich mit einem imposanten Crescendo von einem Tam-Tam „schlagartig“ ein Ende fand. Für sein bildhaftes und gut nachvollziehbares Werk erhielt Darius Grimmel stürmischen Applaus.
Genauso wie alle anderen Kompositionen dirigierte Benjamin Lack auch dieses Werk mit viel Einfühlungsvermögen. Dem Orchester gab er durch seine genaue Körpersprache Sicherheit, sodass der große musikalische Gestaltungswille während des gesamten Konzertes spürbar war.
Den Rahmen der erfrischenden Matinee bildeten die erste Sinfonie von Joseph Haydn und die Serenade op. 12 des irisch-amerikanischen Komponisten Victor Herbert. Voller Elan starteten die Musiker:innen mit Haydns erster Sinfonie. Die energiegeladene und quirlige Ausgestaltung des Hauptthemas konnte als Sinnbild für die Musizierhaltung des Streichorchesters gesehen werden. Während das Andante etwas unentschlossen wirkte, lebten die Ecksätze durch die freudvolle Spielart des Kammerorchesters so richtig auf. Abschließend musizierte der Orchesterverein die etwas langatmige Serenade op. 12 von Victor Herbert. In Erinnerung blieben unter anderem die markanten Phrasierungen im ersten Abschnitt, die tänzerisch modellierte Polonaise und die schwärmerisch dargebotene Liebesszene.

www.orchesterverein-goetzis.at