Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 18. Jun 2022 · Musik

Kraftvolle Musik zwischen Utopia und „Supaman“ – Jubel für Lorenz Raab und David Helbock beim Festival Encuentro in St. Gerold

Der Pianist David Helbock und der Trompeter Lorenz Raab verstehen sich hervorragend und sind bestens aufeinander eingespielt. Dies stellten sie in der Propstei St. Gerold beim zweiten Konzert des neu ins Leben gerufenen Festivals Encuentro eindrücklich unter Beweis. Präsentiert wurden vielgestaltige Werke der beiden Musiker, die sie bereits auf den beiden als Duo publizierten Alben eingespielt haben. Miteinander führten sie inspirierte musikalische Dialoge, heizten sich gegenseitig ein, improvisierten übereinander zugeschanzte, musikalische Phrasen und hatten viel Spaß am gemeinsamen Gestalten. Die gute Laune übertrug sich sogleich auf das konzentriert zuhörende Publikum im voll besetzten Wyberhus.

Bereits das erste Stück aus David Helbocks „Realbook, vom 29.03.2009“ zeigte spektakulär auf, was die beiden Musiker verbindet und wie sie sich gegenseitig inspirieren. Lorenz Raab leitete das Werk mit einem fanfarenartigen Thema ein, David Helbock übernahm es und führte den musikalischen Gedanken in eine improvisierte Passage. Perkussive Begleitfloskeln, die der Pianist mit originellen Präparationen direkt im Korpus des Flügels fabrizierte, ließen immer wieder aufhorchen und mischten den Sound auf. Gemeinsam bündelten Lorenz Raab und David Helbock die Energien und führten den musikalischen Fluss als „Happy Sound Music“ mit eingängig geführten Terzgängen zum Ende.

Perkussive Sounds aus dem Korpus

Ebenso bemerkenswert wirkte David Helbocks „Flying to Another Space“. Darin kreierte er wieder direkt auf den Saiten des Klaviers originelle Klänge und öffnete einen weiten Klangraum. Zuerst setzte Lorenz Raab staccato seine Motive hinein. Allmählich modellierten Musiker diese zu größeren Ereigniseinheiten und zogen dabei mit ihrer Virtuosität und ansteckenden Freude am gemeinsamen musikalischen Gestalten die Zuhörenden in ihren Bann.
Aufhorchen ließen die starken Bordun Klänge in „Someday It Snows In April“ von Prince. Nach einem spannungsgeladenen Beginn steigerten sich die Musiker mächtig hinein. Auch wenn oder gerade weil sie zwischendurch den gemeinsamen Faden verloren, faszinierte der inspirierende musikalische Geist, den die beide Musiker immer wieder aufs Neue entwickelten.

Kleine Geschichten und viel Humor

Etwas ruhiger gingen es die beiden in jenen Stücken an, die anlässlich der „Tage der Utopie“ 2019 entstanden sind. Vor allem „Little Story“ von Lorenz Raab ließ durch seine innere Spannung aufhorchen. Während der Trompeter ein Schlaflied spielte, erklangen im Klavier widersprüchliche Klangballungen, die zum Weiterdenken anregten.
Lorenz Raab hat sich den „Kuppelwieser Walzer“ von Franz Schubert anverwandelt. Poesievoll spielte er die Melodie, so dass aus dem Walzer ein inniges, auf der Trompete gesungenes Lied wurde. In drei Vorarlberger Volksliedern gaben sich Blues und Boogie ein unterhaltsames Stelldichein.
„Lonely Supaman“ von David Helbock ist eine augenzwinkernde Annäherung an Ornette Colemans „Lonely Woman“. Von unten aufsteigend entwickelte eine Klavierpassage eine enorme Kraft. Lorenz Raab hielt ihr an der Trompete einiges entgegen. Daran anschließend zeigten die beiden Musiker, dass sie sich einfallsreich auch auf das Wesentliche reduzieren können, nämlich die Perkussion auf den Klaviersaiten und dem Korpus sowie dem Trompetenmundstück. Spontan wirkte der Schluss des originellen Werkes.

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