Neue Ausstellung im KUB ab 1. Februar 2025: Precious Okoyomon, To See the Earth before the End of the World, 2022, 59th Biennale Vendedig, 2022 (Foto: Clelia Cadamuro, © Okoyomon)
Silvia Thurner · 05. Mai 2017 · Musik

Mut zu eigenen Ideen und emotionsgeladener Musik – die Vokalistin Filippa Gojo und ihre Band begeisterten mit Kompositionen aus dem neuen Album „Seesucht“

Die Sängerin Filippa Gojo hat eine steile Karriere gestartet. Im vorarlberg museum präsentierten sie und ihre Band die neue CD „Seesucht“. Von Anfang an zog die Vokalistin mit ihrer faszinierenden Stimme die Zuhörenden in ihren Bann. Unterhaltsam und passend zum CD-Titel stellte Filippa Gojo die Sehnsucht zwischen Heim- und Fernweh in den Mittelpunkt und gewährte dabei persönliche Einblicke in ihr Denken und Leben. Die Songs und Kompositionen, die Filippa Gojo sich und den Bandmitgliedern auf den Leib schrieb, wirkten poesievoll und vielgestaltig. In den Werkdeutungen gelang eine gute Balance zwischen Emotion und einer bewundernswert virtuosen Gesangstechnik.

Die aus Bregenz stammende Sängerin Filippa Gojo lebt in Köln. Zum „Heimspiel“ ins vorarlberg museum kamen viele Musikinteressierte und Fans, denn wer Filippa Gojo einmal live erlebt hat, ist beeindruckt von ihrer sympathischen Ausstrahlung und leidenschaftlichen musikalischen Energie. An ihrer Seite musizierten der Pianist Sebastian Scobel, David Andres am Kontrabass und der Perkussionist Lukas Meile. Die Bandmitglieder unterstützten die Vokalparts musikalisch fein aufeinander abgestimmt. In ihren Soli wirkten die Musiker kreativ, detailreich gestalteten sie die Begleitungen aus und ließen gleichzeitig ihrer „Frontfrau“ viel Gestaltungsspielraum. Darüber hinaus verströmte die kommunikative Spielart der Quartettmusiker eine klangsinnliche Atmosphäre.

Reichhaltige Vokalkunst


Mit einem brasilianischen Freiheitslied eröffnete das „Filippa Gojo Quartett“ den stimmungsvollen Abend und gab damit die Denkrichtung der Lieder vor. Filippa Gojo ist eine Sängerin, die ihre Stimme auf bewundernswert vielfältige Weise einsetzt. Allen Werken verlieh sie eine sinnliche emotionale Kraft. Faszinierend wirkten jene Parts, in denen die Vokalistin ihre Stimme instrumental führte und dabei ihr Timbre mit ganz bewusst gesetzten Vokalklängen einfärbte. Die Aufmerksamkeit lenkte darüber hinaus die virtuose „Vocal Percussion“ auf sich. Filippa Gojos Stimme wirkte wandlungsfähig und gut intoniert auch in hohen Sopranlagen. Sehr genau hörte sie in den Sprachduktus der Liedtexte hinein und kristallisierte diesen transparent heraus.

Feinfühliges Geben und Nehmen


Eindrücklich waren diese Qualitäten unter anderem in der Ballade „Do Mo trinkt bloach osom Bach“ von Ulrich Gabriel zu erleben, die sie auf individuelle Art und Weise interpretierte. Zuerst öffnete Filippa Gojo einen stimmigen Raum und in diese Atmosphäre hinein goss sie mit einem schlank geführten Rezitationston die melodische Linie. Die feinen stimmlichen Nuancen nahm David Andres am Kontrabass auf, alle gemeinsam steigerten den Klangfluss zum Höhepunkt hin. Textgestaltend unterstrich auch der Pianist Sebastian Scobel die Melodielinie mit melodischen Echowirkungen und Nachklängen.

Mut zu langen Liegetönen mit wenig Bewegung, die ganz der Textdeutung dienten und oft auf unerwarteten Tonhöhen endeten, zeichneten einige Lieder aus, unter anderem „A Bomhus“ und „My Water“.

Gute Ideen


Aufhorchen, sowohl in kompositorischer als auch in interpretatorischer Hinsicht, ließ das Stück „Zit“. Hier driftete die Metrik der Vokal- und Instrumentalstimmen nach einem akzentuierten Ticken eindrucksvoll auseinander. Der musikalische Verlauf wurde beschleunigt und geriet schließlich aus den Fugen. Derartige Prozesse wirkten jedoch nie oberflächlich illustrierend, sondern verströmten eine große Sogwirkung.

Ebenso beeindruckend komponiert war das neueste Lied „Warten auf Schnee“, das Filippa Gojo an diesem Abend erstmals präsentierte. Hier zelebrierte sie rhythmisierte und gespaltete Linienführungen mit natürlicher Ausstrahlung und scheinbar mühelos. Allmählich wandelte sich der Klangcharakter in einen Blues und endete schließlich in einem weitläufigen melodischen Bogen. Spannend begleitete der Pianist die Vokalistin und trat mit ihr in einen geistreichen musikalischen Dialog.

Es gäbe noch mehr zu erzählen über das inspirierende Konzert mit dem „Filippa Gojo Quartett“. Auf die weitere Entwicklung der 28-jährigen Vokalistin und Komponistin darf man sich freuen.